Neale: Einsatz von McLaren-Update im Rennen fraglich

McLaren-Geschäftsführer Jonathan Neale verrät, wie der Straight-Line-Test mit dem neuen Aero-Paket lief und warum der Einsatz im Rennen derzeit fraglich ist

(Motorsport-Total.com) - McLaren steht beim Grand Prix von Großbritannien vor der Nagelprobe: eine Strecke, die der Konkurrenz von Red Bull auf den Leib geschneidert ist, ein beinahe ungetestetes, aber umfangreiches Aerodynamik-Update am eigenen Auto. Das Heimrennen könnte somit zum großen Triumph werden, doch auch ein bitterer Rückfall ist derzeit nicht auszuschließen. Dementsprechend nervös ist man im Lager der Truppe aus Woking, zumal man in Valencia als Topfavorit gegen Red Bull den Kürzeren zog. Noch kann niemand wirklich sagen, ob der "angeblasene Diffusor" - das Herzstück des Aerodynamikpaketes - funktionieren wird. Dennoch tappt man nicht völlig im Dunkeln, da man damit bereits einen Straight-Line-Test am vergangenen Wochenende in Spanien absolviert hat, wie Mclaren-Geschäftsführer Jonathan Neale in einer Telefonkonferenz verrät.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton, Sebastian Vettel

Kann McLaren mit dem neuen Aero-Paket in Silverstone Red Bull überholen?

Wie es gelaufen ist? "Wie jeder Test hatte auch dieser seine guten und seine schlechten Seiten. Einige Elemente liefen sehr gut, andere haben uns überrascht." Dennoch relativiert Neale die bisherigen Erkenntnisse: "Es war eben ein Straight-Line-Test, das ist etwas anderes als ein konventioneller Test. Da Zeit und Distanz limitiert waren, konnten wir das alte Auto nicht mit dem neuen vergleichen. Wir sammelten einfach so viele Daten wie möglich, machten einen Funktions-Check für das Rennen - es ging also hauptsächlich um die Zuverlässigkeit."#w1#

Hamilton und Button entscheiden über Einsatz des Aero-Pakets

Das erste Fazit von Neale fällt vorsichtig positiv aus: "Ich bin zuversichtlich, dass wir einen vernünftigen Schritt nach vorne gemacht haben. Glaube ich, dass wir alles erreicht haben, was wir uns erhofften? Das ist im Moment schwer zu sagen, ich warte noch darauf, was die Rennfahrer denken. Der Freitag wird also ein Testtag für uns." Erst dann wird man wirklich wissen, ob die Änderungen am McLaren-Boliden wirklich greifen.

Neales vorsichtiger Optimismus ist unüberhörbar, dennoch schließt auch er es nach wie vor nicht aus, dass die Updates über Nacht von Freitag auf Samstag wieder ausgebaut werden: "Ja, das ist möglich, doch das ist etwas, das bei allen Teams vermehrt vorkommt. Wir haben schon einige Teams mit komplizierten Projekten wie dem angeblasenen Diffusor oder dem F-Schacht gesehen - das sind keine simplen Papierübungen, da ist viel Montagearbeit notwendig, die man zusätzlich vollbringen muss. Dazu benötigt man Zeit auf der Strecke. Einer meiner Kollegen in einem anderen Team bezeichnete den F-Schacht als F-ing Schacht, weil es Zeit braucht, diese Dinge zum Laufen zu bringen."

"Einer meiner Kollegen in einem anderen Team bezeichnete den F-Schacht als F-ing Schacht, weil es Zeit braucht, diese Dinge zum Laufen zu bringen." Jonathan Neale

Das letzte Wort, ob das Aerodynamikpaket zur Gänze eingesetzt wird, haben Lewis Hamilton und Jenson Button, wie der McLaren-Geschäftsführer erklärt: "Wenn sie es gut finden, dann bleibt es drauf. Wenn nicht, dann werden wir es weiterentwickeln." Doch kann man sich einen Fehlschlag nach Sebastian Vettel Sieg in Valencia, wo man angesichts der Streckencharakteristik eher McLaren als dominante Kraft erwartet hätte, überhaupt leisten? "Es geht nicht um alles oder nichts", relativiert Neale. "Schon nach dem zweiten oder dritten Rennen wussten wir, dass dies eine sehr enge Meisterschaft werden wird, in der es neben der Zuverlässigkeit vor allem auf die Entwicklungsarbeit ankommen wird, die von den Organisationen hinter den Fahrern betrieben wird."

Ist der "angeblasene Diffusor" überbewertet?

Doch eine besondere Bedeutung will er dem britischen Grand Prix in Hinblick auf die Weltmeisterschaft nicht beimessen: "Natürlich ist es für uns wichtig, da wir uns hier beim Heimrennen gut schlagen wollen. Doch ich interessiere mich genauso für die Upgrade-Pakete für Deutschland und Japan, die gerade in der Konzeptphase sind und auch eine vernünftige Größe haben werden."

"Neben der Zuverlässigkeit kommt es dieses Jahr vor allem auf die Entwicklungsarbeit an." Jonathan Neale

Zuletzt dämpfte auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner die Erwartungen der McLaren-Piloten, die ab Silverstone erstmals in den Genuss eines "angeblasenen Diffusors" kommen werden. Neale gibt seinem Landsmann recht, dass der Effekt dieser Red-Bull-Entwicklung überbewertet wird: "Ich glaube ernsthaft, dass Christian recht haben könnte. In der Formel 1 gibt es selten ein Patentrezept, das ein nicht konkurrenzfähiges Auto plötzlich konkurrenzfähig macht. Das haben wir im Vorjahr mehr als alle andere herausgefunden. Das war nur ehrliche, harte Arbeit und viel Mühe. Der Diffusor ist ein Teil des Pakets, an dem wir gerade arbeiten."