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  • 02.06.2008 17:39

Montréal: Technik im Fokus

Der Circuit Gilles Villeneuve gilt als Stop-&-Go-Strecke und bringt daher einige besondere Herausforderungen mit sich

(Motorsport-Total.com) - Der Circuit Gilles Villeneuve, eine nicht permanente Rennstrecke, vereint zwei gegensätzliche Eigenschaften in sich. Auf der einen Seite verfügt der auf einer Insel im Sankt-Lorenz-Strom gelegene Kurs über einige lange Geraden, an deren Ende harte Bremsmanöver anstehen. Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche langsame Kurven, die nach viel Traktion und hohem Drehmoment der Motoren verlangen, um optimal aus ihnen herausbeschleunigen zu können.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Die erste Low-Downforce-Strecke der Saison: Circuit Gilles Villeneuve

Die Strecke erfordert ein Auto, das dem Fahrer Vertrauen zum Spätbremsen vermittelt. Gleichzeitig gilt es die Hinterreifen im Auge zu behalten, denn die Teams fahren in Montréal mit den beiden weichsten Laufflächenmischungen von Bridgestone.#w1#

Aerodynamik:

In Montréal werden alle Teams Low-Downforce-Aerodynamikpakete einsetzen. Der Kurs verfügt praktisch über keine Hochgeschwindigkeitskurve. Kurve fünf ist eher eine Gerade, die im fünften oder sechsten Gang unter Volllast durchfahren wird. Das Hauptaugenmerk der Aerodynamikexperten liegt darauf, den Luftwiderstand zu minimieren, um auf den langen Geraden hohe Geschwindigkeiten bis über 320 km/h zu ermöglichen. Gleichzeitig sollte ausreichend Abtrieb beim Bremsen und in den langsamen Schikanen für große Fahrzeugstabilität sorgen. Die niedrigen Abtriebsniveaus sorgen allerdings dafür, dass sich der Wagen leicht anfühlt und auf der Bremse nervöse Tendenzen an den Tag legt. Die Fahrer müssen beim Lenken, Bremsen und Gasgeben daher besonders gefühlvoll agieren.

Aufhängung:

Die Autos müssen schnell und direkt auf Richtungswechsel in den Schikanen reagieren, sich gleichzeitig auf der Bremse und beim Beschleunigen aus den langsamen Kurven stabil verhalten. Auch die Gefahr von blockierenden Reifen beim Bremsen muss berücksichtigt werden. Übermäßiges Stillstehen der Räder an der Vorder- und Hinterachse kostet wertvolle Zeit.

Bremsen:

Neben Monza ist Montréal der für die Bremsen anstrengendste Kurs im Kalender. Dabei geht es nicht um die Gefahr des Überhitzens, denn die Bremskühlung stellt wegen der langen Geraden kein Problem dar. Großes Augenmerk gilt stattdessen dem Verschleiß der Bremsscheiben und -beläge, da sie erhebliche Energiemengen abbauen müssen. Vier Mal wird aus über 300 km/h abgebremst, zwei weitere Male aus über 250 km/h. Der Bremsverschleiß wird in Echtzeit gemessen und überwacht. Je nach Ergebnissen dieses Monitorings empfehlen die Ingenieure den Fahrern, die Bremsbalance im Rennen weiter nach vorne oder hinten zu verstellen. Während der Freien Trainings wird zudem der Bremsenverschleiß unter den im Rennen gefahrenen Treibstoffladungen ermittelt.

Reifen:

Wie für eine nicht permanente Rennstrecke üblich, präsentiert sich der Kurs in Montréal zu Beginn des Wochenendes noch sehr "grün". Das Gripniveau verbessert sich aber mit jeder gefahrenen Runde - vergleichbar mit den Grands Prix in Melbourne und Monte Carlo. Die Fahrbahnoberfläche in Montréal ist nicht besonders verschleißfördernd. Auch das Fehlen von Hochgeschwindigkeitskurven trägt dazu bei, dass die Belastungen für die Reifen mit die niedrigsten in der gesamten Saison sind. Die Teams werden daher die beiden weichsten Reifenmischungen von Bridgestone nutzen.

Strategie:

Der Grand Prix von Kanada in Montréal zählt zu den Rennen, in denen Strategien mit einem, zwei oder gar drei Boxenstopps möglich sind. Am kommenden Wochenende wird eine Zweistopplösung die wohl erfolgversprechendste sein. Das Fehlen von Hochgeschwindigkeitskurven bedeutet, dass der Zeitverlust pro Liter Kraftstoff an Bord auf diesem Kurs recht gering ist. Auch liegt der Kraftstoffverbrauch auf einem recht niedrigen Niveau. Es bedeutet daher keinen großen Nachteil, mit viel Treibstoff an Bord ins Qualifying zu gehen. Auch die Möglichkeit von Safety-Car-Phasen muss in Montréal immer berücksichtigt werden. Eine flexible Rennstrategie könnte daher am Sonntag zum Erfolg führen.

Motorleistung:

Das immer wiederkehrende Wechselspiel von hartem Bremsen und kräftigem Beschleunigen ist ein signifikantes Merkmal des Circuit Gilles Villeneuve. Die Motoren müssen pro Runde sechs längere Volllastetappen - unterbrochen von den Schikanen - über sich ergehen lassen. Daraus ergibt sich ein Rundenanteil von fast 60 Prozent bei voll geöffneten Drosselklappen. Das ist insgesamt betrachtet nicht sonderlich viel, aber die längste Volllastdauer beträgt 14 Sekunden - ein überdurchschnittlich hoher Wert. Montréal zählt damit zu den anspruchvollsten Strecken für die Motoren. Die Kühlung stellt normalerweise kein Problem dar. Allerdings können auf die Strecke gewehtes Gras und Blätter die Kühlung ernsthaft beeinträchtigen. Das Team beobachtet die Motortemperatur ständig und reinigt die Kühler in den Seitenkästen bei jedem Boxenstopp.

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