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Montoya: "Ich bin derselbe Mensch wie früher"
Juan-Pablo Montoya im Interview über sein neues Selbstvertrauen, sein neues Team, neue Ideen für die Formel 1 und weitere Neuigkeiten
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Juan-Pablo, du lebst in Nordamerika und giltst als Autoliebhaber. Hast du dort einen Allradwagen?"
Juan-Pablo Montoya: "Also das Haus meiner Eltern ist in Bogota, ungefähr eine halbe Stunde außerhalb der Stadt. In Miami habe ich keinen Allradwagen, sondern ich liebe diese Lieferwägen. Ich habe einen Dodge, den mit dem Viper-Motor. Es macht Spaß, damit zu fahren!"

© xpb.cc
Gerader Bursche: Bei Juan-Pablo Montoya gibt es immer nur Klartext...
Frage: "Kommen wir gleich zur Formel 1. Wirst du zum Meeting der Fahrer in Cannes fliegen?"
Montoya: "Nein."#w1#
Montoya wettert gegen das Meeting mit Mosley am 1. August
Frage: "Warum nicht?"
Montoya: "Weil ich nicht kommen werde. Ich habe Urlaub, die dreiwöchige Sommerpause. Die werde ich in Kolumbien verbringen. Wir haben sowieso schon nicht viel Urlaub, daher finde ich es verrückt, das Meeting in die Sommerpause zu legen."
Frage: "Bist du eigentlich Mitglied der Fahrergewerkschaft?"
Montoya: "Nein. Ich unterstütze sie, bin aber nicht Mitglied. Das Meeting mit Max (Mosley; Anm. d. Red.) hätte eigentlich in Silverstone stattfinden sollen. Ich verstehe nicht, warum man es verschoben hat, denn dort wären alle Fahrer anwesend gewesen. Alle Fahrer haben gesagt, dass man diese Diskussion an einem Rennwochenende führen sollte. Ich habe keine Ahnung, wer dann mit dieser unsinnigen Idee gekommen ist, das Meeting in den Urlaub zu verlegen. Jetzt werden wahrscheinlich nicht allzu viele Fahrer kommen, nehme ich an."
Frage: "Du bist wahrscheinlich nicht der Einzige, der nicht kommen wird, nicht wahr?"
Montoya: "Es würde mich überraschen, wenn viele Fahrer kommen würden."
Frage: "Unterstützt du prinzipiell das Konzept der Fahrergewerkschaft?"
Montoya: "Ja, ich unterstütze dieses Konzept voll und ganz. Es ist eine gute Sache, dass die Fahrer einmal aufstehen und sich auf die Barrikaden stellen, dass wir sagen: 'Das ist dumm!' Was in Indy passiert ist, war leider unvermeidlich. Das muss jetzt einmal eingesehen werden. Es gibt in diesem Zusammenhang aber viel zu bereden. Auch bei den Testfahrten müssen wir uns über die Sicherheit unterhalten. Es ist wichtig, sich um diese Dinge zu kümmern. Ich finde, dass die Leute mehr auf uns Fahrer hören müssen, denn wir sind diejenigen, die ihren Arsch in den Autos haben."
Von einem Streik hat Montoya noch nichts gehört
Frage: "Was sagst du zu David Coulthards Streikandrohung?"
Montoya: "Wie bitte? Das ist mir neu..."
Frage: "Er hat in seiner Kolumne geschrieben, dass die Fahrer streiken könnten, wenn die Sicherheit nicht verbessert wird. Was sagst du dazu?"
Montoya: "Hm. Ich denke, man ist Teil eines Teams und muss sich auch entsprechend verhalten. Da sehe ich nicht, wie ich in einen Streik treten könnte. Ich finde auch, dass wir die Unterstützung der Teams brauchen, um unsere Anliegen durchzusetzen."
Frage: "Was hältst du von der Idee, zu einer manuellen Schaltung zurückzukehren?"
Montoya: "Ich halte das für verrückt, um ehrlich zu sein. In der Formel 1 geht es um Technologie. Die muss besser sein als in jeder anderen Rennserie. Alle Teams zerbrechen sich laufend den Kopf darüber, wie man sich weiterentwickeln könnte - und dann kommt plötzlich einer mit der Idee des manuellen Schaltens daher! 2008, wenn diese Regel eingeführt werden soll, haben wahrscheinlich sogar schon alle PKWs ein sequentielles Getriebe. Wo hört das dann auf, wenn wir einmal damit anfangen? Ich wäre aber überrascht, wenn es wirklich soweit kommen sollte."
"Irgendjemand glaubt, dass man mit weniger Grip überholen kann"
Frage: "Und wie stehst du zur Idee, Energie aus den Bremsen zu speichern, die dann der Fahrer über einen 'Boost-Button' zum Überholen freisetzen kann?"
Montoya: "Die FIA hat das doch schon verboten. Jetzt haben sie die Idee wieder ausgegraben. Ich glaube nicht, dass es irgendetwas bringen würde. Die einzige Möglichkeit, wie man die Show besser machen könnte, ist über mehr Grip, nicht weniger. Die ChampCar-Serie ist viel aufregender, aber dort haben sie mehr Downforce. Die Formel 1 hat dieses Jahr weniger Downforce, aber es gibt auch weniger Überholmanöver als letztes Jahr. Silverstone im letzten Jahr war zum Beispiel spannend, oder? Irgendjemand glaubt wohl, dass man mit weniger Grip besser überholen kann, aber ich glaube, genau das Gegenteil ist der Fall."
Frage: "Glaubst du nicht, dass dieser 'Boost-Button' etwas bringen würde?"
Montoya: "Nein, denn das würde dann ja jeder machen. Dann ist es wieder ausgeglichen."
Frage: "Was hältst du von den Strecken, vor allem von den neueren?"
Montoya: "Die Strecken sind nicht das Problem. Das Problem sind die Autos."
Frage: "Glaubst du, dass du hier in Hockenheim deinen zweiten Sieg feiern kannst?"
Montoya: "Ja, ich denke schon. Ich liebe diese Strecke, habe hier auch schon gewonnen und war auch schon mal auf Pole. Ich mochte die alte Strecke lieber als die neue, aber okay, so ist das eben. Ich habe hier schon ein paar Rennen verloren, aber ich war immer schnell. Hockenheim ist eine meiner besseren Strecken. Wir haben das McLaren-Heimrennen gewonnen, hoffentlich gewinnen wir jetzt auch das Heimrennen von Mercedes."
Frage: "Wie sind die letzten Tests gelaufen?"
Montoya: "Sehr gut. Wir waren vor allem sehr schnell. Es sieht gut aus, denke ich. Am ersten Tag hatten wir ein paar Schwierigkeiten, aber dann haben wir einige neue Dinge ausprobiert, die alle sehr gut funktioniert haben."
"Am ehesten Renault" kann McLaren-Mercedes aufhalten
Frage: "Wer oder was kann McLaren-Mercedes in Hockenheim aufhalten?"
Montoya: "Wenn uns jemand aufhalten kann, dann am ehesten Renault, aber ich glaube, dass wir eigentlich gewinnen müssten, wenn wir es bis ins Ziel schaffen. Ein weiterer Sieg wäre schon klasse, aber ich wäre auch mit einem Podium zufrieden. Es ist wichtig, den Ball in Bewegung zu halten."
Frage: "Dein Teamkollege hatte zuletzt viel Pech, einige Pannen. Kann das auch dir passieren?"
Montoya: "Wenn man Pech hat, dann schon. Es ist aber auch bei mir einiges schief gegangen, nicht nur bei Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.). Seit ich nach meiner Verletzung zurückgekommen bin, hätte ich bei jedem Rennen auf dem Podium stehen können. Bei Kimi gab es nie Probleme mit der Tankanlage, er wurde nie bestraft oder disqualifiziert und trotz der Motorschäden kam er zweimal auf das Podium. Das kann man nicht wirklich Pech nennen, oder?"
Frage: "Wie wichtig ist dieses Rennen für dich und dein Team?"
Montoya: "Es wäre nett, wenn wir ein gutes Resultat einfahren können. Nur: Shit happens! Man weiß es nicht. Natürlich wäre es toll, hier zu gewinnen, denn es ist das Heimrennen von Mercedes, aber wir geben ja jedes Rennwochenende unser Bestes."
Frage: "Wie kommst du mit den deutschen Fans klar?"
Montoya: "Die sind cool, wirklich nett! Im Motodrom ist die Kulisse beeindruckend. Die Fans sind verrückt! Ich mag sie."
Von den Fans bekommen die Fahrer nur wenig mit
Frage: "Bekommt man als Fahrer auch etwas von der Stimmung mit?"
Montoya: "Nein. Wenn man im Auto sitzt, muss man sich auf andere Dinge konzentrieren."
Frage: "Hier in Hockenheim wird viel für die Fans getan. Was hältst du davon?"
Montoya: "Das ist richtig, denn die Leute kommen teilweise von weit her, um das Rennen zu sehen. Dann sollen sie auch mehr mitbekommen als im Fernsehen. Mich freut es, wenn wir den Fans etwas bieten können."
Frage: "Auf der Mercedes-Tribüne ist ja immer am meisten los, nicht wahr?"
Montoya: "Ja, das stimmt. Sie haben auch immer diese Choreografien, wo man 'Kimi' oder 'David' in riesigen Buchstaben lesen konnte. Als Fahrer von BMW war es immer ein mulmiges Gefühl, dort vorbeizufahren, aber das ist jetzt ja zum Glück anders..."
Frage: "Glaubst du, dass dein Sieg in Silverstone den Knoten gelöst haben könnte?"
Montoya: "Es ist nicht so, dass das ein Aha-Erlebnis gewesen wäre. Es war aber schon eine Erleichterung, denn wenn man für ein britisches Team fährt, dann möchte man in Silverstone natürlich unbedingt gewinnen. Das Auto ist jetzt einfach besser, ich fühle mich wohler darin. Das macht einen großen Unterschied."
Der "Silberpfeil" ist schnell, aber unberechenbar
Frage: "Inwiefern ist das Auto schwierig zu fahren?"
Montoya: "Es ist unberechenbar. Als ich für das BMW WilliamsF1 Team gefahren bin, hatten wir ein gutes Auto, das man wirklich pushen konnte. Den McLaren kann man nicht so pushen. Das Auto des BMW WilliamsF1 Teams war nicht schnell, aber leicht einzuschätzen. Schaut euch Coulthard an: Er sagt, dass der Red Bull so einfach zu fahren ist, aber er ist viel langsamer als letzte Saison. Unser Auto ist eben sehr schnell, aber nicht berechenbar, aber wir haben jetzt einen Kompromiss gefunden, der für uns zu funktionieren scheint. Im Qualifying müssen wir uns noch ein wenig steigern, aber es wird mit jedem Rennen besser. Beim letzten Test haben wir am letzten Tag auch etwas gefunden, was das Fahrverhalten verbessert, aber wenn man sich die Zeiten anschaut, war ich trotzdem noch sehr, sehr schnell. Das ist doch ein gutes Zeichen."
Frage: "Hat das etwas damit zu tun, dass es einfach dauert, bis man sich an ein neues Auto gewöhnt hat?"
Montoya: "Die Leute wollen doch immer uns Fahrer in denselben Autos gegeneinander antreten sehen. Wenn das Auto aber nicht zu deinem Fahrstil passt, dann wirst du wie ein Schwachkopf aussehen, und wenn es zu dir passt, dann wirst du ein Held sein! Das ist ganz einfach. Wenn du richtig schnell sein willst, muss das Auto deinen Vorlieben angepasst werden. Du darfst nicht deinen Fahrstil auf das Auto umstellen."
Frage: "Es heißt, dass du kein guter Entwickler bist..."
Montoya: "Fragt doch die Jungs von McLaren, fragt doch Ron (Dennis; Anm. d. Red.)! Die Antwort wird euch überraschen."
Frage: "Wie lange hat es gedauert, bis du richtig ins Team integriert warst?"
Montoya: "Das war nicht das Problem. Das Problem war das Fahren. Das Auto war ganz anders als das, woran ich gewöhnt war, und das Team weiß das auch. Kimis Fahrstil, der sehr weich ist, kommt dem eher entgegen. Wenn 'DC' (Coulthard; Anm. d. Red.) letztes Jahr seine Leistung nicht gebracht hat, dann deswegen, weil das Auto nicht gut genug war. Sobald wir das Auto halbwegs im Griff hatten, begann Kimi zu gewinnen - und auch bei mir kamen die Leistungen zum Vorschein. Das Auto war aber nicht einfach zu fahren."
Frage: "Ist es für dich schwierig, dich an die Mentalität von McLaren-Mercedes anzupassen?"
Montoya: "Nein. Man arbeitet mit seinem Ingenieur und den Mechanikern, man versucht, das Auto schneller zu machen. Ganz einfach."
"Die wollen mich nicht in etwas verwandeln, was ich nicht bin"
Frage: "Aber was ist mit David Coulthard, der jetzt ein ganz anderer Mensch ist als bei McLaren-Mercedes?"
Montoya: "Wenn er behauptet, er war damals schon so, wie er jetzt ist, warum verhält er sich dann nicht wie früher? Es ist noch niemand zu mir gekommen und hat mir gesagt, dass ich dies und jenes nicht tun darf und nett und brav sein muss. Ich bin noch genauso wie beim BMW WilliamsF1 Team. Ich bin glücklich hier und das Team ist glücklich mit mir. Das ist das Wichtigste. Warum sollte ich mich anders verhalten müssen, um bei diesem Team fahren zu dürfen? Ich mache meine Arbeit mit den Sponsoren, ich mache einen guten Job im Auto und ich mache einen guten Job bei den Tests. Ich stecke viel Arbeit hinein. Darauf kommt es doch an. Ich bin derselbe Mensch wie früher. Ron mag mich und hat mich für das verpflichtet, was ich bin. Die wollen mich nicht in etwas verwandeln, was ich nicht bin."
Frage: "Macht dir deine Schulterverletzung eigentlich noch zu schaffen?"
Montoya: "Eigentlich nicht. Ich verspüre keine Schmerzen mehr, aber manchmal fehlt mir noch ein bisschen die Kraft. Beim Testen hatten wir am ersten Tag ein Feuer im Cockpit, wo ich aus dem Auto springen musste. Da war es okay, also schätze ich nicht, dass ich damit noch Schwierigkeiten habe."
Frage: "Diese Saison ist mit 19 Rennen und vielen davon an aufeinander folgenden Wochenenden sehr anstrengend..."
Montoya: "Mir ist es ehrlich gesagt lieber, jede Woche ein Rennen zu haben, wenn wir dafür nicht testen. Wir testen so viel, aber die Fans haben mehr davon, wenn wir stattdessen Rennen fahren."
Frage: "Ist die Weltmeisterschaft für dich eigentlich noch ein Thema?"
Montoya: "Man kann das nicht ausschließen. Die Chancen stehen schlecht, aber man muss von Rennen zu Rennen schauen und abwarten, was sich ergibt. Und wenn ich nicht mehr Weltmeister werden kann, werde ich Kimi unterstützen, ohne dass mir das jemand sagen muss."

