• 14.05.2002 10:46

  • von Fabian Hust

Montezemolo: Rationale statt emotionale Entscheidung

Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo spricht ausführlich über die Stallorder von Österreich

(Motorsport-Total.com) - Wie üblich analysierte man am Montag in Maranello das vergangene Rennen, das für Ferrari mit einem umstrittenen Doppelsieg endete. Was die Technik angeht, so waren sowohl der F2002 als auch seine Fahrer das ganze Wochenende über konkurrenzfähig. Und natürlich richten die Roten ihr Lob auch in Richtung Bridgestone, wo man einmal mehr einen Reifen lieferte, der zumindest im Rennen der Konkurrenz deutlich überlegen war.

Titel-Bild zur News: Luca di Montezemolo

Luca di Montezemolo versteht die Entscheidung seines Teams nur zu gut

In einer Pressemitteilung verteidigen die Italiener erneut die Stallregie mit der Begründung, dass Michael Schumacher eindeutig bessere Chancen auf den WM-Titel habe als Rubens Barrichello. Außerdem habe es schon in der Vergangenheit solche Entscheidungen gegeben, zum Beispiel in den 50er-Jahren, als Peter Collins 1956 beim Großen Preis von Italien das Auto Juan Manuel Fangio übergeben musste, so dass der Argentinier ins Ziel fahren konnte und sich damit den Titel sichern konnte. Zwei Jahre später lag Phil Hill in Monaco auf dem zweiten Platz und machte langsamer, um Mike Hawthorn überholen zu lassen. Auch der Titelgewinn 1964 von John Surtees gelang dank einer Teamorder, als das Team Lorenzo Bandini beim Mexiko-Grand-Prix bat, seinen Teamkollegen vorbei zu lassen.

In einem Treffen mit den Medien hat Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo die Teamorder als rationale und nicht emotionale Entscheidung verteidigt: "Mir tut es für Barrichello Leid, der ein großartiges Wochenende hatte und den Sieg verdient hätte. Manchmal jedoch muss man den Kopf und nicht das Herz entscheiden lassen. Bis vor ein paar Runden vor Schluss war ich instinktiv glücklich für Rubens, dass er gewinnen kann, zehn Sekunden nach dem Fallen der karierten Flagge sagte ich zu mir selbst: 'Ja, das war die richtige Entscheidung'. Ich möchte klarstellen, dass dies eine Entscheidung ist, der ich 100-prozentig zustimme."

Montezemolo weiter: "Als ich selbst 1975 Sportdirektor war, habe ich unseren Fahrern eine Teamorder auferlegt. In Monaco bat ich Regazzoni Lauda passieren zu lassen und er war schneller und konnte das Rennen gewinnen. In den folgenden Jahren fragten wir öfters unsere Fahrer dem Team zu Liebe zu handeln. Ich denke da an Hockenheim und Sepang 1999, als Irvine zwei Siege geschenkt bekamt, die ihm dank der Kooperation mit Mika Salo und dann mit Michael Schumacher die WM-Chance aufrechterhielten. Zusätzlich scheint es mir nicht so, als dass sich andere Teams in der Vergangenheit anders verhalten haben. Man muss sich nur an den Australien-Grand-Prix von 1998 erinnern, als Coulthard Häkkinen passieren ließ. Ich möchte gar nicht an Jerez 1997 denken, als es ein Abkommen zwischen den zwei Teams Williams und McLaren gab, den Finnen sein erstes Rennen gewinnen zu lassen."

Die Vorwürfe, Ferrari habe arrogant gehandelt, kann Montezemolo nicht unterschreiben: "Da stimme ich nicht zu. Wir haben drei Mal den Fahrertitel um einen Hauch verpasst und wir haben deshalb auf die harte Tour gelernt, dass jeder Punkt einen Unterschied ausmachen kann. Wir denken mit Sicherheit nicht, dass die Meisterschaft schon jetzt entschieden ist, nur weil wir fünf Rennen gewonnen haben. Denn wir wissen, dass sich die Situation sehr schnell ändern kann. Vor zwei Jahren kam Michael mit einem 22-Punktevorsprung auf Coulthard und 24 auf Häkkinen zum Frankreich-Grand-Prix. Dann gab es drei Rennen ohne Punkte und der Finne konnte den ganzen Unterschied gutmachen und unseren Fahrer in Budapest in der Klassifikation überholen. Ob sich unsere vier Punkte von dieser Entscheidung am Ende auszahlen, werden wir nicht vor dem Ende der Weltmeisterschaft wissen."

Ferrari kehrt unterdessen bereits am (heutigen) Dienstag wieder zur Arbeit zurück. Luciano Burti testet drei Tage lang mit einem F2001 in Jerez, Luca Badoer arbeitete in Fiorano, wo sich Michael Schumacher am Mittwoch in den F2002 setzen wird.