• 13.05.2002 10:22

  • von Fabian Hust

Ferrari an der Grenze der Legalität

Formel-1-Experten rechnen damit, dass die Stallorder von Ferrari beim Motorsportweltverband FIA nicht ohne Folgen bleiben wird

(Motorsport-Total.com) - Nachdem Fans, Fahrer und Teammitglieder der Konkurrenz zumeist Ferraris offensichtliche Stallorder kritisierten, wird das unsportliche Überholmanöver von Österreich mit Sicherheit in dieser Woche auch Thema bei der FIA sein. 'Express'-Formel-1-Experte Klaus Ludwig kann sich sogar vorstellen, dass Ferrari für das von Pfiffen begleitete Überholmanöver bestraft werden könnte: "Ich gehe davon aus, dass die FIA Montag in irgend einer Form einschreitet und Ferrari bestraft. Der Fall gestern war mehr als offensichtlich. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass Ferrari Platz eins und zwei aberkannt werden und Montoya nachträglich zum Sieger erklärt wird."

Titel-Bild zur News: Schumacher und Barrichello

Die Szene die die Welt bewegt: Barrichello lässt Schumacher vorbei

Als McLaren-Mercedes 1998 David Coulthard in Melbourne zurückpfiff und Mika Häkkinen das Rennen gewinnen lies, der zuvor nach einem Missverständnis die Box einmal zu viel angesteuert hatte, schritt der Motorsportweltverband ein. Schon damals fühlten sich die Zuschauer betrogen. Man verbot die Stallorder, dann durfte sie nur angewendet werden, wenn es um den WM-Titel geht. Ein völliges Verbot ist nicht durchführbar: "Wir haben es für alle ersichtlich getan, wir hätten genauso Rubens an der Box 10 Liter Sprit mehr mitgeben können, um den Positionswechsel zu erzwingen", erklärt ein Ferrari-Mitglied das Problem einer möglichen Hintergehung der Regel durch Tricks in der Boxengasse.

Im Sinne des Sports und im Sinne der Spannung wäre ein Eingreifen der FIA sicherlich angebracht, aber durchführbar wäre es wohl kaum, auch wenn die FIA dazu durchaus Argumente hätte. Der Passus, dass man eine Stallorder nur verwenden kann, wenn es um den WM-Titel geht, ist jedoch dehnbar. Ferrari würde vor Gericht glaubhaft machen können, dass die Entscheidung gefällt wurde, da man die Chancen auf den WM-Titel erhöhen möchte. Angesichts des großen Rückstandes von Barrichello auf Schumacher eine plausible Erklärung. Anders wäre es gewesen, wenn die Entscheidung im ersten Saisonrennen oder bei einem geringeren Punkteabstand gefallen wäre.

Ferrari dürfte vor Gericht also eher nicht in Erklärungsnot geraten. Ferrari den Sieg abzuerkennen und Montoya zum Sieger zu machen, wäre angesichts der zu erwartenden Dominanz der Roten doppelter Betrug am Publikum. Was passiert ist, ist passiert, gutmachen kann man es nicht. Die Entscheidung "zu Gunsten des Teams", wie es Ferrari in Spielberg nannte, ist ebenfalls eine Frage der Auslegung. In der Pressekonferenz auf die Frage, warum es denn dann in der Formel 1 nicht nur eine Teamwertung sondern auch eine Fahrerwertung gebe, machte sich ein sichtlich genervter Michael Schumacher aus dem Staub.

Von der Konkurrenz gab es nach dem Rennen auch Stimmen, die die Aktion von Ferrari verstanden. Darunter David Coulthard und Ralf Schumacher: "Nach dem Rennen musste ich mehr über die Stallorder von Ferrari reden als über mein eigenes Rennen", so Ralf Schumacher auf seiner Homepage. "Ich kann dazu nur sagen, dass ich solch eine Aktion verstehe - das ist übrigens mit ein Grund warum Ferrari immer wieder Weltmeister wird: weil sie beinharte Entscheidungen treffen - ich aber auch die Reaktion des Publikums verstehen kann. Wobei die Buh-Rufe gegen meinen Bruder unfair sind, denn das war ja nicht seine Entscheidung, sondern die des Teams. Für Rubens tut's mir natürlich megaleid, ich hoffe, dass ihn die Geste von meinem Bruder auf dem Podium ein wenig aufheitern konnte."

Gerhard Berger hingegen konnte Ralf Schumachers "Aussage nicht ganz nachvollziehen" und gehört zu jenen, die von der FIA Maßnahmen verlangen: "So etwas macht den Sport kaputt. Es bestand kein Bedarf, dies so früh in der Saison zu tun. Wir haben eine Polizei in Form der FIA und sie müssen sich darum kümmern. Die FIA hat die Verantwortung und ich bin mir sicher, dass sie das untersuchen werden, aber was sie tun werden, weiß ich nicht."

Auch Michael Schumacher musste sich an die Entscheidung des Teams halten. Er hätte Barrichello auch nicht überholen können, wie das so mancher gefordert hatte, doch dann hätte er sich seinen Vorgesetzten widersetzt. Man hätte es ihm als Größe auslegen können aber es hätte auch in die Hose gehen können. Was viele am Sonntag vergessen hatten: 1999 schenkte Michael Schumacher seinem Teamkollegen Eddie Irvine in Malaysia einen Sieg.

Selbst Ron Dennis, einer der größten Ferrari-Kritiker überhaupt, stellte sich ein wenig auf die Seite der Roten: "Was sie gemacht haben entspricht komplett den Regeln, aber so leiten wir selbst kein Team. Ich bin überrascht, dass die Leute verblüfft über das waren, was sie getan haben. Sie haben es zuvor getan und sie werden es wieder tun."

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