Molina: Mann der Kappen, Wächter des Champagners
FIA-Zeremonienmeister Alexandre Molina über seine Aufgaben am Formel-1-Wochenende, Tennismatchs mit Räikkönen und Schumachers Charakter
(Motorsport-Total.com) - Das Rennen ist vorbei. Der Sieger entschieden. Im Warteraum auf das Podium kommen die ersten drei Fahrer herein und trinken Wasser. Währenddessen werden möglicherweise noch heikle Momente des Rennens besprochen oder die Zeitentabelle durchgegangen. Und dann kommt sein Auftritt: Alexandre Molina übergibt den Fahrern die Uhren und Kappen der Sponsoren für das Podium. Doch das ist noch lange nicht alles.

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Traumjob? Alexandre Molina ist der Zeremonienmeister der Formel 1 Zoom
Fragt man den Franzosen nach seiner Tätigkeit, dann zählt er einem eine ganze Liste an Aufgaben auf - die Übergabe der Kappen ist nur eine davon. "In meinem Job geht es um die Organisation, von der Nationalhymne zu den Fahnen und den Ehrengästen", so Molina gegenüber 'Henry The Podiumist'. "Für mich sind die Kappen und Uhren ein Detail unter vielen. Ich erledige auch die kommerzielle Seite, die öffentliche Zone, das Formel-1-Dorf, die Nebenrennen, die Logistik und bin Schnittstelle für die Vermarkter."
Selbst ist Molina kein Formel-1-Fan. Und trotzdem kann er sich noch an den 1. Mai 1994 erinnern - der Tag an dem Ayrton Senna tödlich verunglückte. "Ich habe den Kommentator im Radio schreien gehört, als Senna starb. Und obwohl ich nie Rennen angesehen habe, konnte man diesen Moment spüren, sehr emotional", schildert Molina.
Der anspruchsvolle Charakter des Michael Schumacher
Trotz seiner Nähe zu den Fahrern versucht Molina den Kontakt zu ihnen möglichst gering zu halten. Er erzählt davon, dass es manchmal Fahrer gibt, die man mag und andere, die man nicht mag: "Es gab Fahrer, die mir gesagt haben, dass sie mich nicht sehen wollen. Ich hatte eine schwere Zeit mit Michael Schumacher. Er ist sehr distanziert, super professionell, aber macht einem das Leben nicht leicht. Er war immer doppelt so anstrengend als die anderen. Das ist verständlich."
Wenn Molina Schumachers Auftreten mit einem aktuellen Fahrer vergleichen müssten, dann wäre das Fernando Alonso: "Ich fühle mehr oder weniger denselben Druck. Es ist nicht einfach zu definieren. Manchmal funktioniert alles super, an anderen Tagen nicht so. Alles hängt von ihm ab."
Eine Begegnung abseits der Rennstrecke hatte der Franzose mit Kimi Räikkönen: "Ich war Tennis spielen vor einem Grand Prix. Auf dem anderen Platz war Räikkönen mit einem Freund. Sie haben uns ein Doppel angeboten. An diesem Tag hat er auch das Rennen gewonnen. Als ich ihn danach sah, noch bevor ich etwas sagen konnte, sagte er: 'Tennis?' und hat gelacht. Niemand hatte eine Idee, um was es ging."
Unvergessen: Österreich 2002 und Malaysia 2013
Aber auch heikle Momente hat Molina auf den Podien dieser Welt schon erlebt. Besonders Malaysia 2013 blieb ihm in Erinnerung: "Ich muss zugeben, dass der Webber-Vettel-Streit in Malaysia speziell heftig war."
Aber auch bei anderen Rennen gab es nicht immer Freudentränen und Jubelgesang auf dem Podium. "In Österreich 2002, als Barrichello auf den letzten Metern langsamer machte, war jeder etwas überrascht. Als Michael in den Raum kam, war es sehr schwer. Außerdem wollte er Rubens seine Kappe geben, was nicht dem Protokoll entspricht, weil er der Sieger war und daher die Kappe mit der Nummer eins tragen musste." Michael Schumacher hatte beim Österreich-Grand-Prix 2002 dank einer Teamorder von Ferrari das Rennen gewonnen, da sein Teamkollege Barrichello auf den letzten Metern vor dem Ziel plötzlich langsamer fuhr.
Als sich Alonso und Massa fast geprügelt hätten...
2007 kam es im Warteraum vom Großen Preis von Deutschland am Nürburgring fast zu Handgreiflichkeiten zwischen Felipe Massa und Fernando Alonso, nachdem Massa den Spanier beschuldigt hatte, ihn absichtlich bedrängt zu haben. "Ich erinnere mich an Ron Dennis, der versucht hat, die beiden auseinanderzuhalten. Es war sehr geladen. Er kam zu mir und sagte mir, ich solle weitermachen, weil sie sich sonst in die Haare kriegen. Es war, als wenn ich ein Schiedsrichter bei einem Boxkampf gewesen wäre."
Molina ist auch der Wächter des Champagners bei der Podiumszeremonie. Er verrät, dass es zwei verschiedene Sichtweisen über die Verwendung des Sprudelwassers gibt: "Entweder halten wir die Flaschen etwas wärmer, damit sie schäumen. Oder wir kühlen sie mehr, damit sie gut zu trinken sind. Webber liebt es schäumend. Er ist ein Profi: Er gibt der Flasche einen Ruck auf der Stufe bevor sie übergeht."
Einer, der es mit den Flaschen ganz genau nimmt, ist Sebastian Vettel: "Fahrer sind sehr besitzergreifend. Ihre Flasche ist ihre Flasche und sie verschwinden nicht ohne sie. Ein Fahrer ist besonders aufmerksam: Vettel. Er macht eine kleine Marke auf seine Flasche. Einmal sagte er: 'Natürlich ist es besser wenn ich gewinne, dann muss ich das nicht machen'." Denn auf der Champagner-Flasche des Siegers ist die Nummer eins schon aufgedruckt.
Wenn die Hymne gespielt, die Pokale vergeben, der Sprudel versprüht und die Podium-Interviews vorbei sind - dann bereitet Alexandre Molina schon die Podiumszeremonie für den nächsten Grand Prix vor. Der "Master of Ceremonies" wird auch den nächsten Sieger auf dem Podium willkommen heißen.

