• 07.11.2001 18:34

  • von Fabian Hust

Minardi-Teamchef Paul Stoddart im Exklusiv-Interview

Minardi-Teamchef Paul Stoddart spricht im F1Total.com-Interview über sein großes Abenteuer "Formel 1"

(Motorsport-Total.com) - Paul Stoddart ist ein Motorsportfanatiker durch und durch. Der Australier konnte sich dank mit seiner privaten Airline 'European Aviation' erwirtschafteten Millionen einen Traum erfüllen und kaufte Ende vergangenen Jahres das Minardi-Team auf, das kurz vor dem Bankrott stand. In diesem Jahr pumpte der 46-Jährige noch Geld in das Team, in Zukunft soll der Rennstall konkurrenzfähig werden und sich so durch Sponsoren-Gelder selbst finanzieren.

Titel-Bild zur News: Paul Stoddart

Paul Stoddart nahm sich beim "Minardi Day" auch Zeit für die angereisten Fans

Auch wenn eigentlich kein Geld da ist, so veranstaltete Paul Stoddart in diesem Jahr zum ersten Mal am vergangenen Wochenende den "Minardi Day" auf dem Cirquito de Santamonica in Misano Adriatico (Italien). Klar, dass es sich der Teamchef nicht nehmen ließ, sich wieder einmal selbst an das Steuer des Formel-1-Autos zu setzen. Nach seinem schnellen Ausflug stand der Australier F1Total.com Rede und Antwort.

Fernando Alonso war die Entdeckung des Jahres

Frage: "Wie beurteilen sie ihre erste Formel-1-Saison?"
Paul Stoddard: "Wir haben viel mehr erreicht, als wir ursprünglich gedacht hatten. Wir haben wirklich hart gekämpft, um überhaupt nach Melbourne zu kommen, und wir wussten, dass dieses Jahr hart werden würde. Uns war klar, dass es schwierig werden würde, aber wir waren sehr professionell und waren viel besser, als wir zu Anfang dachten. Fernando war die Entdeckung des Jahres, Tarso (Marques) und Alex (Yoong) haben einen guten Job gemacht und das Team ist sehr motiviert. Wir haben die Fabrik und das Image des Teams verbessert und ich freue mich schon auf nächstes Jahr."

Frage: "Apropos Tarso, was ist mit ihm?"
Stoddard: "Tarso ist immer noch ein guter Freund unserer Truppe und ein Teil des Teams. Für nächstes Jahr weiß ich aber noch nicht, was mit ihm passieren wird, da noch nichts entschieden ist. Aber ich hoffe, dass Tarso auch nächstes Jahr noch etwas für Minardi machen wird. Außerdem - in der Formel 1 kann alles passieren?"

Entscheidung nur in Österreich bereut

Frage: "Haben sie es jemals bereut, in die Formel 1 gegangen zu sein?"
Stoddard: "Ich glaube in Österreich schon. Da hatte ich ein absolutes Tief - aber sonst? Nein. Die Formel 1 besteht aus Höhen und Tiefen und man muss eben das Gute und das Schlechte so nehmen, wie es kommt. Alles in allem glaube ich aber, dass es in der Geschichte ein gutes Jahr für Minardi war."

Stoddart wollte Tyrrell kaufen

Frage: "Was hat sie überhaupt dazu gebracht, in die Formel 1 zu gehen?"
Stoddard: "Das geht zurück bis in die Jahre 1979 und 1980, als ich selbst Rennen fuhr. Ganz genau aber 1996, als wir uns in der Formel 1 engagierten und dann ab 1997, als wir versucht hatten, Tyrrell zu kaufen aber kein Glück hatten, da British American Tobacco das Team kaufte. Wir haben dann 1998 alles von ihnen (Minardi) gekauft - außer der Rennlizenz - und so waren wir also immer ein Formel-1-Team auf der Warteliste. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis wir in der Formel 1 sein würden."

"Ich bin völlig fertig..."

Frage: "Es kommen immer mehr jüngere und unerfahrene Fahrer in die Formel 1, sie haben ja auch welche. Was halten sie von dieser Entwicklung, dass der Fahrer mit 35 heute schon zum alten Eisen gehört? Fangio fuhr noch mit 50..."
Stoddard: "Ich glaube, jeder Fahrer muss aufgrund seiner eigenen Leistungen beurteilt werden. Es wird immer unerfahrene Fahrer geben, die so unglaubliches Talent haben, dass sie einen Platz in der Formel 1 verdienen. Und es wird auch immer jene Fahrer geben, von denen jeder glaubt, dass sie es schaffen und sie schaffen es dann doch nicht. Das ist es, was die Formel 1 so aufregend macht. Ich weiß nicht, wie Fangio das geschafft hat, ich bin schon völlig fertig von den paar Runden hier heute? Ich glaube, es ist im Grunde ein Sport für junge Männer!"

"Toyota nicht gerade mein Lieblingsteam"

Frage: "Nächstes Jahr kommt Toyota als neues Team. Was erwarten sie von den Japanern?"
Stoddard: "Toyota kommt - glaube ich - mit einem unglaublich großen Budget und man muss sie dann aufgrund ihrer Ergebnisse beurteilen. Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Toyota ist nicht gerade mein Lieblingsteam und habe eigentlich keine wirkliche Meinung über sie. Wir werden sehen."

Frage: "Minardi scheint wie eine große Familie zu sein, auch Gian Carlo Minardi sagte mir das gerade eben?"
Stoddard: "Es ist wie eine Familie. Wir versuchen, die familiäre Seite der Formel 1 zu zeigen und Minardi war schon immer ein Vertreter der familiären Seite. Es ist zwar ein Milliardenbusiness, aber man kann trotzdem versuchen, den Menschen die Formel 1 näher zu bringen."

"Einfach atemberaubend!"

Frage: "Wie war es, wieder einen richtigen Formel 1 zu fahren?"
Stoddard: "Phantastisch! Als ich heute Morgen auf nasser Strecke und mit Regenreifen die ersten Runden gefahren bin, war es noch etwas langsam, aber jetzt im Trockenen, einfach phantastisch! Das Tempo auf der Geraden ist atemberaubend, man fährt da über 350 km/h und bremst dann vor der Kurve auf ungefähr 100 herunter, wirklich toll!"

Frage: "Es sieht so aus, als hatten sie heute am meisten Spaß von allen?"
Stoddard: "Oh ja, gut möglich. Das verdanke ich aber auch Tarso (Marques): Er ist langsam gefahren, damit ich nicht zu weit zurückfalle und nicht frustriert werde?"

Frage: "Wann sind sie das letzte Mal so schnell gefahren?"
Stoddard: "Auf der Geraden ist der Unterschied zum Doppelsitzer, den ich ja andauern fahre, nicht allzu groß, aber ich muss zugeben, das letzte Mal, dass ich ein Formel 1 Auto so schnell gefahren bin, war 1999."