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  • 23.11.2001 10:55

  • von Fabian Hust

Mika Häkkinen: Räikkönen ist besser als Heidfeld

Häkkinen blickt im ausführlichen Interview noch einmal auf seine Formel-1-Karriere zurück und auch ein wenig in die Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Mika, die Saison ist seit Mitte Oktober vorbei, wie hast du deine Zeit seitdem verbracht?"
Mika Häkkinen: "Ich würde sagen, dass es definitiv eine extrem gute Zeit war. Einfach deshalb, da ich die Medien darüber informierte, dass ich nächste Saison eine Auszeit nehmen werde. Es war also einfach toll, die Saison mit dem Wissen zu beenden, dass du nicht nur den Winter hast, um dich selbst physisch und psychisch auf die 2002-Saison vorzubereiten. Es war aus diesem Grund eine wirklich schöne Zeit. Ich habe Zeit mit meiner Familie, mit unserem jungen Sohn Hugo verbracht und meine Freunde besucht und keine ernsthaften Gedanken an meine Zukunft verschwendet."

Titel-Bild zur News: Räikkönen und Häkkinen

Mika Häkkinen hält sehr viel von Neuling Kimi Räikkönen

Frage: "Wo und wie wirst du Weihnachten und das Neue Jahr verbringen? Hast du es schon geschafft, die Geschenke zu besorgen?"
Häkkinen: "Mit Sicherheit planen wir, Weihnachten und das Neue Jahr in Finnland zu verbringen, was wir schon in der Vergangenheit immer wieder versuchten. Weihnachtsgeschenke? Ich werde heute noch ein wenig einkaufen gehen. Ich habe in diesem Jahr damit angefangen, das sehr frühzeitig zu organisieren, um nicht schon wieder auf den letzten Drücker vor Weihnachten einzukaufen?"

"Für Kimi stehen alle Türen offen"

Frage: "Wie würdest du Kimi Räikkönen charakterisieren. Würdest du seinen Fahrstil mit deinem vergleichen. Was sind seine Chancen in der nächsten Saison?"
Häkkinen: "Zunächst einmal werde ich dir etwas anderes erzählen. Als der Vertrag mit dem Team und Kimi unterschrieben wurde und bekannt gegeben wurde, da dachte ich, dass es fantastisch ist, weil ich Ron Dennis und den anderen Leuten immer sagte: 'If you wanna win, get the Finn' (Wenn du gewinnen willst, hol dir den Finnen). Er ist talentiert und in Anbetracht seiner Erfahrung im Autorennsport waren seine Ergebnisse fantastisch, er hat sehr wenig Fehler gemacht. Auf einer Skala von 1 bis 5 würde ich ihm eine extrem hohe 4 geben. Ich denke, dass seine Chancen im nächsten Jahr wegen dem Team extrem gut sein werden. Er ist bei dem besten Team, weil ihn das Team maximal unterstützen wird und ihn motivieren kann, zu gewinnen. Ich weiß das aus eigener Erfahrung, denn als ich zum Team stieß, war ich 22 oder 23 Jahre alt und wurde vom Team, dem Management, von den Mechanikern und den Partnern großartig unterstützt. Und aus diesem Grund sitze ich jetzt hier und konnte den Titel zwei Mal gewinnen. Für Kimi stehen alle Türen offen."

David Coulthard bitte Häkkinen um Unterstützung

Frage: "Es gibt Spekulationen, dass du in der nächsten Saison für das Team testen wirst. Ist das wahr?"
Häkkinen: "David hat mich schon gebeten, dass ich doch testen solle. Ich war ein wenig überrascht, aber ich denke, dass diese Frage sehr ernst gemeint war. Wie du weißt, hat das Team die Reifen von Bridgestone zu Michelin für das nächste Jahr gewechselt, also ist es wichtig, mehr Meinungen von verschiedenen Fahrern zu haben, um zu verstehen, in welchem Stadium sich die Reifen befinden und ob sie schon zum Auto passen. Im Moment befinde ich mich in der Situation, dass ich eine Auszeit nehme und mich so viel wie möglich um meine Familie kümmere. Ich habe nicht darüber nachgedacht zu testen. Im Moment möchte ich nicht testen und es gibt aus diesem Grund natürlich auch keinen Vertrag."

Frage: "Ich würde dich mit Niki Lauda und Alain Prost vergleichen, die auch eine Pause einlegten und dann zurückkamen. Aber die Zeiten haben sich seitdem geändert. Wäre es für dich nicht zu schwierig, nach einem Jahr wieder zurück zu kommen?"
Häkkinen: "Es ist heutzutage schwieriger, nicht aber wegen dem Fahren. Das Problem und die Schwierigkeit liegt in der Technologie ? der Elektronik ? der Traktionskontrolle zum Beispiel. Es gibt so viele komplizierte Dinge, die ein Comeback schwierig machen könnten. Ich möchte in der Saison 2003 Rennen fahren und ich werde mich sehr auf alle Entwicklungen am Auto konzentrieren und ich sollte die Elektronik im Auto verstehen."

"Rennsport ist meine Leidenschaft"

Frage: "Wann wirst du es vermissen, in einem Formel-1-Cockpit zu sitzen oder ist das schon passiert?"
Häkkinen: "Ich habe bis jetzt das Grand-Prix-Rennfahren nicht vermisst. Es ist noch zu früh. Es ist erst ein paar Wochen her, seitdem die Saison in Suzuka ihr Ende gefunden hat und ich habe noch überhaupt nicht an Rennfahren gedacht. Früher oder später wird das passieren, wenn ich an den Rennsport und das Fahren denken werde, denn dies ist meine Leidenschaft, ich gehe also davon aus, dass es irgendwann passieren wird. Vielleicht morgen, vielleicht im Januar oder Juli ? das weiß man nie. Aber im Moment denke ich überhaupt nicht daran."

Frage: "Wie sieht ein gewöhnlicher Tag von Mika Häkkinen dieser Tage aus?"
Häkkinen: "Das möchte ich nicht beantworten. Das ist privat. Nächste Frage bitte?"

Frage: "Wie hast du Ayrton Senna im Gedächtnis?"
Häkkinen: "Es ist schon ein paar Jahre her, als er von uns ging, aber wenn ich an ihn denke, so ist es wie gestern. Er ist definitiv noch unter uns. Als Person kenne ich ihn nicht sehr gut. Als ich mit ihm fuhr, so plante er, das Team zu wechseln, seine Motivation war also nicht gerade bestens. Aber er war sehr professionell, ein harter Bursche. Für mich ist es sehr schwierig, über ihn zu sprechen, da ich nur drei Rennen mit ihm fuhr und seine und meine Ergebnisse in Bezug auf die Rundenzeiten sehr dicht beieinander lagen, sowohl im Qualifying als auch die Rennergebnisse und? Ich denke, dass ich das nicht fortführen möchte. Lass uns das Thema wechseln."

"Alles kann passieren"

Frage: "Machst du dir keine Sorgen, dass du den Platz im Team in der Saison 2003 verlierst, wenn David und Kimi zu Beispiel die Weltmeisterschaftswertung anführen?"
Häkkinen: "Zunächst muss ich einmal sagen, dass es für das Team eine fantastische Situation ist. McLaren-Mercedes ist das einzige Team, dass es sich leisten kann, einen guten Fahrer fallen zu lassen. Aber zu deiner Frage: Alles kann passieren. Es kann die Situation auftreten, dass sie die nächste Saison dominieren. Es wird für Ron Dennis eine schwierige Entscheidung. Lasst uns einfach abwarten und sehen, was passiert?"

Frage: "Wäre deine Entscheidung, ein Jahr Auszeit zu nehmen, anders verlaufen, wenn diese Saison für dich erfolgreicher gewesen wäre?"
Häkkinen: "Vielleicht?"

Häkkinen als Grand-Prix-Besucher

Frage: "Planst du, im nächsten Jahr ein paar Grand Prixs als Zuschauer zu besuchen? Die Tickets sind ja sehr teuer. Hat dir Ron Dennis versprochen, dir ein paar umsonst zu geben?"
Häkkinen: "Ja, ich habe vor, zu ein paar Grand Prixs zu kommen. ich möchte das Auto aus der Entfernung sehen. Ja, die Tickets sind wirklich teuer. Wirklich."

Frage: "Solltest du 2003 keinen Platz bei McLaren oder einem anderen Team bekommen, würdest du es dann in einer anderen Rennklasse versuchen?"
Häkkinen: "Ich habe das noch gar nicht durchexerziert. Da kann ich dir keine Antwort darauf geben. Vielleicht morgen?"

Räikkönen ist besser als Heidfeld

Frage: "Denkst du nicht, dass Nick Heidfeld der bessere Ersatz für dich gewesen wäre als Kimi Räikkönen? Sie waren im gleichen Team und Nick hatte die besseren Ergebnisse und ist auch mehr erfahren?"
Häkkinen: "Es kommt immer darauf an, wie man es sieht. Nick ist schon länger in der Formel 1 als Kimi und wenn man sich die Ergebnisse in diesem Jahr anschaut, dann denke ich, hat Kimi besser gearbeitet hat als Nick. Ich muss etwas erklären. Ich bin nicht der Mensch, der zu viel kritisiert oder Vergleiche anstellt, welcher Fahrer besser ist. Das ist eine sehr private Sache und die möchte ich nicht zu sehr ausführen. Aber wie ich schon vorhin sagte 'If you wanna win, get the Finn'?"

Frage: "Es ist liegt in der Natur des Menschen, dass es ihm langweilig wird, wenn er nichts zu tun hat. Machst du dir darüber Sorgen? Gestehst du dir selbst über ein, dass du vielleicht gar nicht mehr zurückkommen wirst?"
Häkkinen: "Es ist natürlich alles möglich. Ich weiß es nicht. Ich denke nicht, dass einer von euch oder meine Familie diese Frage beantworten kann. Die Zeit wird es zeigen."

Die Angst fuhr vermehrt mit

Frage: "Formel-1-Fahrer geben normalerweise zu, dass sie die Gefahren im Sport mehr realisieren, wenn sie über den Rücktritt nachdenken. War das auch bei dir der Fall?"
Häkkinen: "Ja. Das ist die Wirklichkeit. Es gibt immer Gründe für jemanden, ein Jahr Auszeit zu geben ? das waren Gründe. Diese Gründe ließen mich ab der Saisonmitte mehr und mehr über den Motorsport, mich selbst, meine Familie und alles andere nachdenken. Das machte mir ein wenig Angst. Ich denke nicht, dass es mich sehr bei den Ergebnissen beeinflusst hat, in Indianapolis hat das Ergebnis ja gestimmt. Aber im Inneren, mental, wenn man genau weiß, dass man ein Jahr Auszeit nimmt, dann macht das einen nachdenklich?"

Frage: "Würdest du gerne einmal im Doppelsitzer mit David als Pilot fahren?"
Häkkinen: "Um ehrlich zu sein würde ich mich bei David wohlfühlen, da ich seine Zuverlässigkeit kenne?"

Frage: "Es ist bekannt, dass Ferrari und McLaren-Mercedes unterschiedliche Rennstrategien haben. Glaubst du, dass McLaren die Strategie ändern wird, damit David bessere Chancen hat, den WM-Titel zu gewinnen?"
Häkkinen: "Ich habe diese Frage nicht gehört (lacht). McLaren ist das Team, das immer hart gearbeitet hat, um besser zu werden. Für das nächste Jahr arbeitet das Team auf verschiedenen Gebieten, um die Leistung zu verbessern. Sie haben natürlich die Schwächen dieses Jahres unter die Lupe genommen. Ich bin zuversichtlich, dass die nächste Saison ein besseres Jahr werden wird. Die Tatsache, dass ich nicht da bin, wird nichts ändern."

Frage: "Wie hast du das Lotus-Team in Erinnerung behalten. Was bedeutete es für dich, als sie die Formel 1 1995 verließen?"
Häkkinen: "Ich war wirklich traurig, weil Lotus ein Team mit Namen war. Lotus ist ein Name wie McLaren oder Ferrari. Es war immer ein führendes Team in Sachen Entwicklung und Technologie in der Formel 1. Meine Leistungen im Lotus waren fantastisch."

Warten auf den Durchbruch

Frage: "Was war der Durchbruch in deiner Karriere? Lange Zeit lief nichts und dann gewannst du Rennen um Rennen und den Titel?"
Häkkinen: "Es war eine sehr spezielle Situation. Ich habe eine Menge Geduld, das ist in mir. Ich wartete auf die Ergebnisse. Mein erster Sieg kam 1997 im spanischen Jerez, es war der letzte Grand Prix des Jahres. Und die Leute erinnern sich an den Sieger des ersten und letzten Rennens. Den ganzen Winter war ich ein Sieger ? auch in meinem eigenen Kopf. Das gab mir eine enorme Zuversicht, dass ich gewinnen kann. Und als wir die Saison 1998 begannen, so war ich sehr zuversichtlich in mir selbst und genoss eine großartige Unterstützung durch das Team, meiner Familie und auch meine Freunde stärkten mich. Ich hatte ein sehr ausbalanciertes Leben. Ich hatte dann eine großartige Freundin, meine jetzige Frau, die mich wirklich unterstützt hat. Ich hatte tolle Freunde, die an mich glaubten und mich unterstützten. Und ich hatte ein Team, das schlechte Jahre durchgemacht hatte und wusste, dass wenn sie Mika unterstützen, er es schaffen kann. Wenn man all dies zusammenrechnet, so war es das Team mit den besten Siegaussichten. Und wir begannen zu gewinnen. Jeder, auch die Partner, brachten das Team nach vorne. Und es gab andere Dinge, die uns 1998 so gut machten?"