• 15.07.2002 13:46

Michelin gut vorbereitet für Heim-Grand-Prix

Auf keiner Strecke hat man soviel getestet wie in Magny-Cours, aus diesem Grund will man auf heimischen Boden glänzen

(Motorsport-Total.com) - Auch wenn sich Michelin als "Global Player" betrachtet: Der Große Preis von Frankreich gehört für ein französisches Unternehmen zu den Höhepunkten des Formel-1-Jahres. Der Hersteller mit dem Bibendum als Markenzeichen will beim Rennen in Magny-Cours ganz besonders glänzen: Auf keiner anderen Grand-Prix-Strecke konnte Michelin in der Vergangenheit ausführlicher testen als auf dem 'Circuit de Nevers'. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an den französischen WM-Lauf. Für das elfte Saisonrennen stellt Michelin seinen Partner-Teams BMW-Williams, Jaguar, McLaren-Mercedes, Renault, Toyota und Minardi abermals modifizierte Pneus zur Verfügung.

Titel-Bild zur News: Michelin-Reifen

Neue Michelin-Reifen sollen die sechs Partnerteams nach vorne bringen

Beim Großen Preis von Frankreich tritt der schnellste Zirkus der Welt zum traditionsreichsten Rennen der Motorsport-Geschichte an: Bereits 1906 fand auf dem 'Circuit de Sarthe' ? einem über 100 Kilometer langen Straßenkurs, der zwölf Mal umrundet wurde ? der erste Grand Prix in der Historie des Automobilsports überhaupt statt. Seither dienten sieben verschiedene Strecken als Austragungsort des französischen Grand Prix. 1991 feierte die Formel 1 ihr Debüt auf dem 'Circuit de Nevers'. Durch den totalen Umbau der seit 1960 bestehenden Strecke ? Heimat der berühmten Rennfahrerschule "Winfield" ? sollte die strukturschwache Region gefördert und zu einem Motorsport-Industriestandort ausgebaut werden.

Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp unter 195 km/h ist der 4,250 Kilometer lange Kurs bei Magny-Cours nach Monaco und Ungarn zwar der drittlangsamste im gesamten Formel-1-Kalender, bietet aber etwas Einmaliges: Die Passagen mit so klingenden Namen wie 'Adelaide', 'Estoril', 'Nürburgring' oder 'Imola' stellen Kopien anderer noch genutzter oder ehemaliger Grand-Prix-Pisten dar, denn der 'Circuit de Nevers' war ursprünglich als "ideale" Teststrecke konzipiert worden.

Die Piste kombiniert daher schnelle und mittelschnelle Kurven mit sehr langsamen Abschnitten. Dazu zählt auch die 'Adelaide'-Haarnadel, in der die Piloten ihre Boliden nach der langen 'Golf'-Geraden aus einer Geschwindigkeit von über 300 km/h auf knapp 60 km/h herunterbremsen müssen. Die Spitzkehre bietet somit eine der besten Überholmöglichkeiten der gesamten Saison. Den Piloten verlangen vor allem die aufeinander folgenden, sehr schnellen Kurven 'Grande Courbe' und 'Estoril' ? die bei entsprechender Abstimmung mit einem Tempo von rund 280 km/h beziehungsweise 210 km/h durchfahren werden ? einiges an Mut ab. Eine echte Herausforderung stellt die 'Imola'-Schikane dar: Die Fahrer können ihren Verlauf nicht einsehen und müssen bei hohem Speed völlig "blind" einlenken.

Der Kurs von Magny-Cours besitzt den ebensten Asphaltbelag aller Formel#1-Pisten und weist daher nahezu keine Bodenwellen auf. So erlaubt er eine relativ harte Feder- und Dämpfer-Abstimmung, sowie eine sehr geringe Bodenfreiheit, die die aerodynamische Sogwirkung unter den Monoposti begünstigt und für eine Extraportion Grip sorgt.

Kaum Haftung hingegen bietet der sehr glatte Streckenbelag selbst, was die Reifenhersteller allerdings vor keine allzu knifflige Aufgabe stellt. "Wir kennen den Kurs von Magny-Cours besser als jeden anderen ? insbesondere durch unsere Probefahrten in Vorbereitung auf unser Formel-1-Comeback sowie die Tests im Vorjahr", erläutert Michelin Motorsport-Direktor Pierre Dupasquier die Ausgangssituation vor dem elften Saisonlauf. "Das Hauptaugenmerk liegt auf dem linken Vorderreifen. Er muss in der extrem lang gezogenen 'Estoril'-Kurve einer erhöhten Belastung standhalten", so Dupasquier weiter.

Bei widrigen Witterungsverhältnissen zeigt sich der 'Circuit Nevers' besonders tückisch: Wie zuletzt bei den Grand Prix 1992, 1997 und 1999 verwandelt der Regen den Kurs in eine regelrechte Rutschbahn ? wegen der äußert ebenen Fahrbahn fließt das Wasser schlechter ab als auf anderen Strecken. Der Vorteil für die Zuschauer: Die Rennen im Nassen bieten aufgrund der unterschiedlichen Linienwahl der Piloten unzählige Überholmanöver und sorgen so stets für äußerste Abwechslung.

Um die Modifikationen des französischen Reifenspezialisten für das Rennen in Magny-Cours ausgiebig zu testen, traten die Michelin-Partner BMW-Williams, Renault, Jaguar sowie Toyota und McLaren-Mercedes nur zwei Tage nach dem Grand Prix von England bereits wieder zu Probefahrten an. Die Silberpfeile drehten ihre Runden unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Le Castellet, während die Weißen-Blauen sowohl im spanischen Valencia mit Marc Gené als auch im italienischen Monza durch Antonia Pizzonia vertreten waren. Dort trafen sie auf Jaguar und Toyota, derweil Renault ebenfalls auf dem 'Circuit Ricardo Tormo' bei Valencia weilte. Bei allen Teams standen während der viertägigen Testarbeit nach wie vor die nochmals modifizierten Michelin-Pneus im Vordergrund.

Ralf Schumacher: "Die Strecke von Magny-Cours mag ich ganz gern, denn in der Vergangenheit war ich dort stets recht flott unterwegs. Die einzige Kurve, die die Reifen besonders beansprucht, ist die sehr schnelle, langgezogene Rechts nach Start und Ziel. Da nach dieser Ecke die längste Gerade der Strecke folgt, ist sie ganz besonders wichtig: Hier heißt es Schwung mitnehmen. Dafür muss der linke Vorderreifen einen konstantes Grip-Level bieten. In Magny-Cours war ich bisher immer sehr schnell. Im Vorjahr konnte ich hier sogar meine erste Pole Position in der Formel 1 überhaupt erringen. Die schnellen Kurven des Kurses vermitteln Fahrspaß, und Überholen ist ebenfalls möglich. Das neue Aerodynamik-Paket hat sich in Silverstone bewährt und die intensive Testarbeit in Bezug auf Traktion und Reifen hat uns weiter nach vorn gebracht."

Juan-Pablo Montoya: "In meinen Augen ist Magny-Cours eine gelungene Strecke. Ich rechne mit einem guten Rennen für uns. Da dieser Grand Prix das Heimrennen von Michelin ist, werden wir weiter verbesserte Pneus erhalten, die sich über die Distanz konstanter verhalten."

Sam Michael, Chef-Ingenieur BMW-Williams-Team: "Wir sind zuversichtlich, mit unserem modifizierten Auto eine starke Vorstellung bieten zu können. Die Strecke besitzt eine Hochgeschwindigkeits-Passage, einige recht schnelle Schikanen sowie eine Reihe von langsamen und mittelschnellen Kurven. Eine gute Traktion wird entscheidend sein. Für die schnellen Abschnitte können wir eine straffere Abstimmung verwenden, ohne für die langsameren Sektionen zu große Kompromisse machen zu müssen. Bei der Reifenwahl werden wir auf Grund des glatten Streckenbelags eher in Richtung weich tendieren."