• 10.06.2006 00:11

Michael: "Sind nicht zurückgefallen"

Der Technische Direktor von Williams über den Leistungsstand im Team und die geplanten Regeländerungen der Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Williams scheint seit Saisonbeginn etwas abgefallen zu sein, auch wenn ihr in Monaco ein tolles Rennen hattet. Gibt es Entwicklungen und aerodynamische Updates, um diesen Trend zu stoppen?"
Sam Michael: "Ich würde nicht sagen, dass unsere Leistung nachgelassen hat. Wir hatten einige Zuverlässigkeitsprobleme, die zu einigen Veränderungen geführt haben. Von der Leistung her gehören wir zu den vier Top-Teams seit Saisonbeginn. In Monaco hatten wir ein sehr konkurrenzfähiges Auto, man kann also nicht sagen, dass wir zurückgefallen sind. Das Wichtigste derzeit ist, dass wir die Zuverlässigkeitsprobleme überwinden. Da sind zwei oder drei Gebiete betroffen und wir sind mittendrin, das zu lösen. Unzuverlässigkeit ist nie gut, aber es zeigt einem das Gebiet auf, woran gearbeitet werden muss. Das ist anders, wenn man nach Leistung sucht, da arbeitet man mit fünf oder sechs Parametern. Es ist immer schwer abzuschätzen, wo man im Vergleich zu anderen Teams gut ist."#w1#

Titel-Bild zur News: Sam Michael

Sam Michael erwartet mit Einheitsreifen eine spannendere Formel 1

Frage: "Es gibt das Gerücht, dass ein Motorenvertrag mit Toyota schon eingetütet ist. Freust du dich darauf, mit einem Werksmotor zu fahren?"
Michael: "Dazu kann ich nichts sagen. Williams hat sich noch nicht entschieden, mit welchem Motor wir 2007 fahren werden. Da ist noch keine Entscheidung gefallen. Ich kann nichts zu Verträgen mit anderen Herstellern sagen."

Michael möchte Qualifying belassen

Frage: "Was kannst du über die bisherige Arbeit von Cosworth sagen?"
Michael: "Cosworth leistet fantastische Arbeit. Durch den Wechsel von den V10- zu den V8-Triebwerken gab es für alle einen Neuanfang. Obschon sie in diesem Jahr zwei oder drei Probleme in den Rennen hatten, so sind alle mit den neuen Motoren zufrieden. Ich würde schon sagen, dass sie bisher einen tollen Job gemacht haben. Es ist eine fantastische Gruppe, mit der man gut arbeiten kann, tolle Ingenieure. Ich denke, dass die neuen Regeln es ihnen ermöglicht haben, mit einigen großen Herstellern mitzuhalten."

Frage: "Die FIA möchte die letzte Phase des Qualifyings wegen des Benzinverbrennens von 20 auf 15 Minuten verkürzen. Stimmst du zu?"
Michael: "Ich denke, dass das, was wir jetzt haben, gegenüber den Vorjahren um so viel besser ist, dass ich beim Gedanken daran, etwas zu verändern, nervös werde. Bisher habe ich nur positive Rückmeldungen erhalten. Die Sache mit dem Benzin verbrennen mag auch nur in der Boxengasse ein Thema sein, an den Fernsehgeräten denken die wenigsten Zuschauer daran. Ich kannte den Vorschlag von Max, fünf Minuten wegzuschneiden, nicht, aber ich denke, das würde nicht viel ändern. Es würde vielleicht den ersten Stint verkürzen, weil man weniger Zeit hat."

"Derzeit fährt man so 13 oder 14 Runden, ehe man an die Box kommt. Dann wären es eben nur noch neun oder zehn. Das würde es vielleicht aufregender machen, aber es ist eine große Geschichte. Wir mögen das, was wir jetzt haben, so sehr, dass wir es dabei belassen sollten. Es gibt viele Sportarten, in der die Regeln geändert werden. Wir sollen sie festschreiben, damit sie jeder versteht. Eine so kleine Änderung wäre aber keine große Sache."

Frage: "Es gab den Vorschlag, die Parc-Fermé-Bedingungen auch auf den dritten Qualifyingdurchgang auszudehnen. Damit muss ein Auto den Parc Fermé erreichen, damit die Zeiten gezählt werden."
Michael: "Wenn man wegen eines mechanischen Defekts nicht mehr an die Box kommt und es nur ein kleines Problem ist, das man schnell beheben kann, dann startet man dennoch als Zehnter, weil die Zeiten gestrichen werden. Vielleicht steht man auch auf der Pole Position und dann wäre das schon etwas unfair. Ich denke, dass das derzeitige System gut ist."

Freiheiten in der Homologation wären wunschenswert

Frage: "Teilst du das Lob, das von einigen zur Homologation der Motoren ab 2008 geäußert wird?"
Michael: "Ich hoffe, dass es für eine völlige Homologation noch Diskussionen geben wird. Ich denke, dass einige Dinge dargelegt wurden, wie in einigen Bereichen Freiheiten beibehalten werden können. Ich sehe das von der Position eines Ingenieurs aus. Wenn es eine völlige Homologation gibt, dann werden sie sich anderen Dingen zuwenden, denn sonst gäbe es keine Arbeit für sie. Von daher wäre eine feste zeitliche Vorgabe gut, die Homologation für zwölf Monate klingt interessant. Irgendwann muss man aber eine Entscheidung fällen."

"Wenn man sich die Technischen Regeln betrachtet, dass bestehen sie aus 50 bis 55 Seiten und bisher betrafen nur drei oder vier Seiten die Motoren und Getriebe. Ich komme aus dem Teambereich, kenne also die ganzen Einschränkungen bei verschiedenen Chassisbereichen. Für die Motorenjungs wird das schwer, denn die kennen solche Einschränkungen nicht. Über Jahre hinweg ging es nur um den Hubraum, in den vergangenen sieben oder acht Jahren auch um die Zylinderanzahl. Gegenüber dem Rest des Autos war das relativ frei. Daher macht das derzeit viel Wirbel, aber wenn wir in einem Jahr zurückblicken, dann werden wir das anders sehen. Max (Mosley, FIA-Präsident; Anm. d. Red.) hat einige andere Gebiete benannt, in denen die Hersteller investieren können. Ich kann mir denken, dass das einige Hersteller besänftigen wird."

Einheitsreifen wird für Spannung sorgen

Frage: "Wie stehst du zur Idee eines Einheitsreifens, der ja kommen wird? Nimmt das nicht den Spaß weg?"
Michael: "Aus Ingenieurssicht ist es sehr interessant, mit einem Reifenhersteller zusammenzuarbeiten. Das heißt aber nicht, dass wir dann nicht mehr mit dem Reifenhersteller arbeiten würden, denn man versucht immer, das Beste aus den Reifen herauszuholen. Es wird nur nicht mehr diesen Kampf darum geben, die letzten Zehntel herauszuholen. Es steht aber außer Frage, dass es für die Formel 1 der richtige Schritt ist, denn es betrifft die Kosten. Zudem legen die Teams im Jahr 50.000 Kilometer und mehr zurück, vor dem Reifenkrieg kam man mit 20.000 aus. Zudem kam mit den Reifen zum Rennen, mit denen auch alle anderen fuhren."

"Wenn man auf 1998 oder 1999 blickt, dann waren Teams wie Jordan und Sauber siegfähig, weil sie mit den gleichen Mischungen wir alle anderen fahren konnten. Das darf man nicht unterschätzen. Sie mussten nicht die gleichen intensiven Entwicklungen wie die großen Teams machen. Derzeit nehmen die Reifen 60 Prozent unseres Testaufwands in Beschlag. Das muss man machen, denn die Rundenzeit hängt massiv davon ab. Die Gesamttests müssen aber nicht abnehmen, aber man hat Raum für andere Dinge, die man testen möchte."

"Anstatt eine neue Mischung zu testen, die drei oder vier Zehntelsekunden schneller ist, testet man ein neues Setup mit neuen elektronischen Einstellungen. Es gibt Dinge, die sich den Reifen unterordnen. Ich denke, dass es auf die Wettbewerbsfähigkeit im nächsten Jahr einen großen Einfluss haben wird. Wenn man an 1998 oder 1999 zurückdenkt, dann war der Rennsport noch gut. Es war auch von den Reifen her eine gute Periode."