• 19.06.2025 09:55

  • von B.Hunt, M.Mann-Bryans, E.Selleck, Übersetzung: C.Nimmervoll

Viel Racing, wenig Story: Was unsere Reporter über "F1 - The Movie" denken

Der neue Formel-1-Film mit Brad Pitt sorgt für Diskussionen über realistische Rennszenen und eine fragwürdige Story: Lohnt sich der Kinobesuch?

(Motorsport-Total.com) - Am Montag fand in New York die Premiere des neuen Hollywood-Blockbusters "F1 - The Movie" statt (Alle Infos zum Film!), und es kam alles, was Rang und Namen hat. Hauptdarsteller Brad Pitt führte seine Freundin Indes de Ramon aus, und die Formel-1-Stars wurden direkt mit einem Charterflieger von Montreal nach New York gebracht. Selbst der Flug wurde zu einem Medienspektakel, mit Live-Schalten über den Wolken.

Titel-Bild zur News: Szene aus dem Film: Die Technische Direktorin spricht mit dem jungen Herausforderer von Brad Pitt

Szene aus dem Film: Die Technische Direktorin spricht mit dem jungen Herausforderer von Brad Pitt Zoom

Für Pitt war es eines der ungewöhnlicheren Projekte seiner Hollywood-Karriere, und eins, das ihm faszinierende Einblicke hinter die Kulissen der Formel 1 ermöglicht hat: "Die Teams und die Fahrer haben uns die Türen geöffnet und sind ein großer Teil dieses Films", sagt er. "Sie haben uns auf eine Weise hereingelassen, die ich nie erwartet hätte. Das war einfach ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde."

Bereits in Montreal hatte eine Vorpremiere des Films stattgefunden, zu der ausgewählte Medienvertreter eingeladen wurden. Darunter auch Ben Hunt, Mark Mann-Bryans und Emily Selleck, Reporter aus dem Portfolio von Motorsport Network. Anschließend setzten sich die Drei zusammen, um über den Film zu sprechen.

Das initiale Urteil: Nicht für Fans der Formel 1 gemacht

Frage: "Kann ich eure Filmkritik in fünf Worten haben?"

Ben Hunt: "Gut für Nicht-Formel-1-Fans."

Mark Mann-Bryans: "Nicht gut für irgendwen."

Frage: "Was haltet ihr von den Rennszenen?"

Hunt: "Es wurde viel über die Technik gesagt. Der Regisseur hat ähnliche Techniken verwendet wie bei 'Top Gun', aber sie sind hier noch weiter gegangen. Es gab Kamera-Befestigungspunkte und Aufnahmetechniken, über die wir gehört haben - Dinge, die künftig auch bei F1-Übertragungen eingesetzt werden könnten. Die Rennszenen waren qualitativ hochwertig, gut gefilmt. Ein Kritikpunkt könnte sein, dass es zu viel Racing war. Aber insgesamt sah es gut aus."

Emily Selleck: "Und wir haben ihn in IMAX gesehen, was meiner Meinung nach die beste Art ist, ihn zu genießen."

Mann-Bryans: "Es gibt keine Art, ihn zu genießen."

Teilweise vernichtende Kritiken für den Film

Die ersten Kritiken zu "F1 - The Movie" sind durchaus gemischt. Der englische Independent schreibt zum Beispiel, der Film sei "nur eine schlechte Version von 'Top Gun: Maverick'". Dabei sind sich die meisten Kritiker einig, dass das Produktionsteam zumindest den Realismus der Racing-Szenen wirklich gut getroffen hat. Was wahrscheinlich auch ein Verdienst von Lewis Hamilton ist.

"Er war in alle technischen Details involviert und hat faszinierende Hinweise gegeben", sagt Regisseur Joseph Kosinski über Hamilton. "In Ungarn zum Beispiel: Wenn Brad während einer blauen Flagge jemanden vorbeilassen soll und das möglichst knapp aussehen soll, dann macht er das nur in Kurve 6. Solche Details hätte ich nirgendwo anders herbekommen."

Rennszenen top, Handlungsstränge Flob

Frage: "Und die Handlungsstränge rund ums Racing?"

Mann-Bryans: "Ben hat recht. Das Racing sah großartig aus. Die Technik war beeindruckend. Apple hat iPhone-ähnliche Kameras in die Autos eingebaut, was nur möglich war durch den unglaublichen Zugang, den die Formel 1 ihnen gewährt hat. Alle haben zusammengearbeitet, um den Film möglich zu machen. Aber ich hatte Probleme damit. Auch wenn das Racing gut aussah, war die Geschichte unrealistisch. Brad Pitts Figur, Sonny Hayes, kehrt nach 30 Jahren zurück und wird sofort zum Helden. Er fährt absichtlich in andere Autos, blockiert andere. Wäre er Max Verstappen, hätte er schon zwölf Strafpunkte. Ich verstehe, dass es Hollywood ist, aber es spiegelt nicht die echte Formel 1 wider. Und wenn das der Einstieg ins Racing ist, denken die Leute, es geht nur um Betrug und Feuerbälle."

Selleck: "Wir haben heute Früh mit Produzent Jerry Bruckheimer und Regisseur Joe Kosinski darüber gesprochen. Sie meinten, der Film richte sich an ein allgemeines Publikum, das nichts über den Sport weiß. Aber wenn das ihr Einstieg in die Formel 1 ist, denken sie, es sei ein Sport, in dem Betrug normal ist."

Mann-Bryans: "Von ganz hinten bis ganz vorne überholen in einer Runde, dauernd Drama ... Das ist einfach nicht realistisch."

Frage: "Und wie fandest du die Story abseits der Strecke?"

Mann-Bryans: "Ziemlich schwach. Es gibt eine Liebesgeschichte, die ins Leere läuft. Alles ist ziemlich vorhersehbar. Jemand, der nicht mal die Trailer gesehen hat, hätte die Handlung korrekt erraten können. Ehrlich gesagt: Das hätte besser als zehnteilige Apple-TV-Serie funktioniert. Aber weil es ein Sommer-Blockbuster sein musste, haben sie alles in zweieinhalb Stunden gepackt. Da ist nicht viel, was man lieben könnte."

Hunt: "Ich glaube, es richtet sich an ein anderes Publikum. Wir sind kritisch, weil wir zynische Briten sind - und eine Australierin. Aber wie bei Netflix geht es vielleicht einfach darum, Realität für Unterhaltung zu dramatisieren."

Mann-Bryans: "Aber selbst dann war die Geschichte einfach nicht stark. Sie wird Geld machen, erfolgreich sein - aber das heißt nicht, dass sie gut ist. Die meisten, mit denen ich gestern Abend gesprochen habe, empfanden es genauso. Brad Pitt war etwas hölzern - vielleicht lag das am Dialog -, aber es hat einfach etwas gefehlt."

Selleck: "Eine Kritik, von der ich nicht glaube, dass sie aus unserem Zynismus als Reporter stammt, betrifft die Darstellung von Frauen. Man merkt, dass Lewis Hamilton Diversität hervorheben wollte, und wir sehen Frauen in technischen Rollen. Aber dann konterkarieren sie das, indem sie die Technische Direktorin zur Love-Interest machen. Sie hat ein Hinterbänkler-Auto entworfen, und plötzlich wird es besser - aber nur nach Brad Pitts Feedback. Ein weibliches Boxencrew-Mitglied macht grundlegende Fehler, und obwohl das ein guter Story-Aspekt ist: Warum müssen alle weiblichen Figuren Schwäche zeigen?"

Mann-Bryans: "Diese Figur hatte nicht mal einen Namen. Sie war einfach nur 'Wheel-Gun-Girl'. Das war abwertend."


Hunt: "Es gibt viele unterentwickelte Handlungsstränge. Sie haben sich auf Authentizität im Racing konzentriert. Was ihnen gelungen ist, dank Hamilton als Executive Producer mit echtem Racing-Feedback. Aber andere Story-Elemente sind flachgefallen. Beide Fahrer haben ihre Väter mit 13 verloren - ein potenzieller emotionaler Aufhänger -, aber das wurde nicht weiterverfolgt. Pitts Figur trägt eine Spielkarte mit sich herum, aber wir erfahren nie warum."

Mann-Bryans: "So viele Story-Fäden führen ins Nichts. Ich habe eine Kritik für Autosport geschrieben und gesagt: Sie haben ein komplett fiktives Team erschaffen - APX GP - mit Teamchef, Technischer Direktorin, Mechaniker, zwei Fahrern. Das ist viel Stoff für zwei Stunden."

APX GP war wie ein echtes Team in die Abläufe integriert

Das Produktionsteam um Regisseur Kosinski war bei echten Rennwochenenden vor Ort, wodurch sich das fiktive Team APX GP vollständig ins Geschehen integrieren konnte. Doch obwohl man meinen könnte, dies sei die größte Herausforderung gewesen, räumt Pitt ein, dass die eigentliche Schwierigkeit woanders lag.

"Das Schwierigste war es, eine Geschichte zu entwickeln", gibt er zu. "Dieser Sport wird so sehr geschätzt, und es gibt viele Menschen, die sich richtig gut auskennen. Und ebenso viele, die ihn noch nie gesehen haben. Und diesen Spagat zu schaffen, ohne die Kenner zu unterfordern, aber gleichzeitig eine Einladung und Erklärung für alle zu sein, die noch nie mit diesem Sport in Berührung gekommen sind, das war wirklich das Schwierigste. Aber ich finde, wir haben einen verdammt guten Job gemacht."

Für wen der Film gemacht wurde und für wen nicht

Frage: "Lass uns mit etwas Positivem enden. Was nehmt ihr mit?"

Hunt: "Der Film wird ein breiteres Publikum ansprechen. Er ist für den amerikanischen Fan gemacht, und laut Test-Marketing wird er in den USA ein Hit. Das ist gut für den Sport. Selbst negative Kritiken erzeugen Gesprächsstoff. Man sieht das F1-Logo in Städten, und der Film heißt 'F1: The Movie'. Diese Sichtbarkeit ist wertvoll."

Mann-Bryans: "Stimme zu. Ob er gut ist oder nicht, er wird groß. Brad Pitt, ein riesiges Budget, ein Sommer-Starttermin. Er muss nicht großartig sein, um erfolgreich zu sein."

Selleck: "Er wird Geld einspielen, keine Frage. Ich bin gespannt, was Unterhaltungskritiker dazu sagen. Also Leute, die nicht so tief in der Formel-1-Welt drinstecken wie wir."