• 27.06.2007 11:19

McLaren-Mercedes und die Angst vor dem großen Knall

Auch wenn man hinter den Kulissen bemüht ist, die teaminternen Spannungen in den Griff zu bekommen, warten viele Experten auf "den großen Knall"

(Motorsport-Total.com/sid) - Weltmeister gegen Wunderkind, Streithahn gegen Strahlemann: Der Show-down der "Silberpfeile" zwischen Fernando Alonso und Lewis Hamilton hält die Formel 1 in Atem. Nachdem der Spanier seinem Team zuletzt in Indy sogar mit der Faust drohte, geht bei McLaren-Mercedes die Angst vor dem großen Knall um. Alles scheint nur darauf zu warten, dass sich die Teamkollegen wie einst Ayrton Senna und Alain Prost gegenseitig ins Auto fahren.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso und Lewis Hamilton

Fernando Alonso gegen Lewis Hamilton: Wann kracht es auch auf der Strecke?

Um den "Krieg der Sterne" zu verhindern, haben sich beide Fahrer einen Maulkorb verpasst. "Es ist einfach so, dass wir im Moment das Gefühl haben, dass es besser ist, nur dann über den jeweils anderen zu sprechen, wenn wir beide da sind", sagte Hamilton vor dem Großen Preis von Frankreich am Sonntag in Magny-Cours - was seitens Alonso übrigens einen Tag später dementiert wurde.#w1#

Der 22-jährige Brite kennt auf der Rennstrecke keinen Respekt vor großen Namen. Und das nervt Alonso, der nach seinem Wechsel von Renault zu McLaren-Mercedes wohl automatisch Vorfahrt im internen Duell gegen einen Neuling haben wollte. Doch da hat er sich gewaltig getäuscht.

"Unsere Fahrer wissen, dass sie die gleichen Chancen auf Erfolg haben. Ich hätte nur Bedenken, wenn es keinen Konkurrenzkampf gäbe und der eine den anderen nicht schlagen wollte", sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug dem 'sid'.

So erlebt Alonso beim neuen Arbeitgeber derzeit eine verkehrte Formel-1-Welt. Anstatt selbst die Gesamtwertung anzuführen, liegt er vor dem 8. von 17 Rennen zehn Punkte hinter dem führenden Hamilton auf Platz zwei zurück.

In dieser explosiven Situation setzt McLaren-Boss Ron Dennis, den einst Senna und Prost in den 80er-Jahren mit ihrem Hass-Duell fast zum Wahnsinn trieben, auf den "gesunden Menschenverstand" der Fahrer: "Sie müssen nun ungeheuer vorsichtig sein."

Alonso hat diese Worte des Teamchefs verstanden und seine Kritik inzwischen relativiert. Es sei normal, dass Siege eines britischen Piloten in einem britischen Team für deutlich mehr Fröhlichkeit sorgen, meint der Spanier und lächelt gequält.

Offenbar musste der Titelverteidiger nach dem Indy-Ausraster bei Dennis zum Rapport antreten und Besserung geloben. Es werde keine Konfrontation mit Hamilton geben, versichert er danach. Das sei alles nur von den Gegnern gesteuert worden, um das Team zu schwächen: "Wir haben des beste Auto, es wäre eine Dummheit, nach sieben Rennen einen internen Krieg anzufangen."

Der ehemalige Formel-1-Pilot Christian Danner glaubt ebenfalls nicht an eine Eskalation. "Die Silberpfeile sind so überlegen, da ist es Dennis doch völlig egal, wer von seinen Fahrern am Ende Weltmeister wird", sagte der 'RTL'-Experte dem 'sid'. Er erwarte allerdings einen "internen Schlagabtausch, der sich gewaschen hat".

Der Teamchef bekennt, dass er den Atem angehalten habe, als Alonso dem Team die Faust zeigte, nur weil der führende Hamilton nicht eingebremst wurde: "Nichts zeigt mehr, wie sehr wir es den Fahrern gestatten, gegeneinander Rennen zu fahren. Sie werden bei uns weiterhin jede Möglichkeit dazu haben; das ist stressig, aber machbar."

Für den viermaligen Weltmeister Alain Prost bleibt es jedoch ein Fehler, in einem Team zwei gleich starke Konkurrenten zu haben. "Am Ende wird das weh tun, denn es erzeugt zu viel Spannung", meint
der Franzose, der aus eigener Erfahrung weiß, wovon er spricht.

Dennis gibt zu, dass es für ihn ungewohnte Umstände sind, er habe nie mit so einer Situation gerechnet, sei aber gleichzeitig auch fasziniert von dem internen Duell: "Was wir hier haben, ist aufregender als alles, was uns Michael Schumacher beschert hat - und er hat uns eine Menge beschert."