McLaren-Mercedes: Schlüsselrennen Silverstone
In Silverstone war McLaren-Mercedes ohne KERS unterwegs, was wichtige Erkenntnisse brachte - Gewichtsverteilung auch bei Williams der Schlüssel
(Motorsport-Total.com) - McLaren-Mercedes hat es in den ersten acht Saisonrennen gerade dreimal in die Punkteränge geschafft, bestes Ergebnis war ein vierter Platz von Lewis Hamilton in Manama. Beim neunten WM-Lauf am Nürburgring hätte der amtierende Weltmeister jedoch schon erstmals als Führender in die erste Kurve einbiegen können, wenn ihm nicht Mark Webber im Weg gestanden wäre.

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McLaren-Mercedes: Der Schlüssel zum Erfolg ist die Gewichtsverteilung
Vor dem Nürburgring hatten die Silberpfeile in Silverstone erstmals ohne das Energierückgewinnungssystem KERS experimentiert. Was damals noch damit begründet wurde, dass KERS in Silverstone zu wenig effizient sei, wird im Nachhinein als Experiment bezeichnet - und zwar als sehr lohnendes: Offenbar waren die Erkenntnisse von jenem Wochenende für die inzwischen voll zum Tragen gekommene Weiterentwicklung des MP4-24 entscheidend.#w1#
Möglichst viel Ballast nach vorne
"In Silverstone ohne KERS zu fahren, war ein Nachteil, denn KERS ist ein gutes System, aber wir mussten einige fundamentale Dinge evaluieren und damit beginnen, Gewicht zu sparen", erklärt Teamchef Martin Whitmarsh. "Wegen KERS hatten wir in Sachen Gewichtsverteilung wenig Spielraum. Also mussten wir uns überlegen, wie wir die Gewichtsverteilung hinbekommen und den Ballast nach vorne verlagern können, ohne KERS auszubauen."
"Wir haben KERS in Silverstone ausgebaut, um uns einmal die Gewichtsverteilung isoliert genau anschauen zu können. Das war eine Entscheidung, die uns nicht leicht fiel - und es war bitter, gerade in Silverstone so langsam zu sein. Aber seither haben wir große Fortschritte gemacht. Das ist den fantastischen Mitarbeitern zu verdanken, die wir in unserer fantastischen Organisation haben", teilt der 51-jährige Brite mit.
¿pbvin|512|1888||0|1pb¿Das Experiment von Silverstone hat seinen Zweck offenbar erfüllt, denn seither funktioniert der MP4-24 auch mit KERS optimal. Selbst die Fahrer stehen nun voll hinter dem Hybridsystem: "Wenn wir KERS ausbauen würden, könnten wir die Gewichtsverteilung auch nicht besser ausbalancieren", hält Heikki Kovalainen fest. Inzwischen bringt KERS Teamangaben zufolge je nach Strecke zwischen drei und vier Zehntelsekunden pro Runde.
Doch McLaren-Mercedes hat natürlich auch im aerodynamischen Bereich, der als größte Schwäche des MP4-24 galt, nicht geschlafen. Whitmarsh: "In Deutschland führten wir ein neues Aeropaket mit einem extremen Doppeldiffusor ein. Das hat uns neue Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet - und seither können wir noch schneller weiterentwickeln als davor, weil das technische Konzept jetzt nicht mehr so engmaschig ist."
Der Teamchef ist stolz auf die Fortschritte seiner Truppe, die beim Wintertest in Barcelona noch das langsamste Auto im Feld hatte: "Ich bin einer der schlechtesten Historiker in der Formel 1, aber in den 20 Jahren, an die ich mich erinnern kann, war es immer so, dass ein gutes Auto ein gutes Auto blieb und ein schlechtes ein schlechtes. Ich kann mich nicht erinnern, dass so eine Wende schon einmal jemand geschafft hat", so Whitmarsh.
McLaren-Mercedes bleibt am Drücker
Im Gegensatz zu Ferrari haben die Silberpfeile die Weiterentwicklung des aktuellen Autos noch nicht eingestellt: "Wir wollen jedes Rennen gewinnen und kämpfen auch dafür", sagt Whitmarsh und gibt zu: "Das mag grundsätzlich eine lobenswerte Einstellung sein, aber strategisch gesehen ist es langfristig nicht immer richtig." 2009/10 könnte die Rechnung aber aufgehen, weil man die meisten Erkenntnisse auf die kommende Saison übertragen kann.

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Nico Rosberg war in den vergangenen Rennen ein fleißiger Punktesammler Zoom
"Derzeit werden mehr als die Hälfte unserer Ressourcen für das nächstjährige Auto genutzt. Wir werden die Bereiche, die wir an diesem Auto noch verbessern können, weiterhin verbessern, aber nicht alle Bereiche. Für die Bereiche, von denen wir noch nicht wissen, wie wir sie verbessern können, verschwenden wir keine Energie mehr. Da konzentrieren wir uns lieber darauf, es für das nächstjährige Auto hinzubekommen", erläutert Whitmarsh.
Genau wie McLaren-Mercedes hat übrigens auch Williams die Gewichtsverteilung neben der Aerodynamik als entscheidenden Punkt erkannt. Das einstige Erfolgsteam aus Grove kann die Entwicklungsgeschwindigkeit der Topteams in dieser Saison mindestens mithalten, scheint im Gegenteil sogar immer näher an die Spitze ranzukommen. Aber: "Wir müssen weiter nach vorne kommen - alleine schon wegen des Selbstrespekts", sagt Frank Williams.
"Wir sind zufrieden mit unseren Fortschritten, aber wir sind nicht zufrieden damit, wo wir stehen", so der Teamchef. "Die Hauptgründe sind die Gewichtsverteilung und der Schwerpunkt - grundlegende Dinge, über die wir nun eine sehr gute Datenbank haben." Das scheint aufzugehen: Williams hat in neun von elf Rennen gepunktet und ist seit dem Europaauftakt in Barcelona das fünftbeste Team - noch vor Motorenpartner Toyota.

