• 09.06.2014 18:21

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

McLaren in der Krise: Perfektionisten mit Mañana-Mentalität

Boullier bittet um Geduld, Geduld und nochmals Geduld, wenn es um ausbleibende Resultate geht - Die Hoffnung auf Besserung schwindet: "Wir erwarten Rennsiege"

(Motorsport-Total.com) - Nach einem völlig verkorksten Jahr 2013 ohne einen einzigen Podestplatz hatte die Formel-1-Welt McLaren stärker denn je auf der Rechnung. Pustekuchen! Der starke Saisonauftakt in Australien war offenbar eine Luftnummer, schließlich scheinen die "Chrompfeile" drei Monate später in der Hackordnung nicht nur hinter Red Bull und Ferrari zurückgefallen zu sein, sondern auch mit den kleineren Privatteams Williams und Force India ihre liebe Mühe zu haben. Eric Boullier wirbt um Verständnis.

Titel-Bild zur News: Kevin Magnussen

Kevin Magnussen auf Abwegen: Auch sein Team sucht nach dem rechten Kurs Zoom

Der neue Rennleiter warnt davor, Wunder zu erwarten: "Wir wussten von den Wintertests. dass Mercedes uns 1,5 Sekunden voraus ist und wir nicht konkurrenzfähig genug sind", erinnert er sich an die Auftritte in Bahrain, die McLaren aber immerhin noch als zweite oder dritte Kraft erscheinen ließen. Boullier macht keinen Hehl daraus, dass das längst Wunschdenken und die Wirklichkeit wesentlich unbequemer ist: "Realistisch gesehen sind wir die Nummer vier oder fünf", räumt er erhobenen Hauptes ein.

Einmal mehr spielt Boullier die Zeitkarte und verweist auf die zurückliegende Pannensaison: "Man kann sich davon in zwei, drei, vier oder fünf Monaten nicht vollständig erholen. Das zu glauben, wäre dumm." Es muss aber für Verwunderung sorgen, dass der 40-Jährige den Vergleich mit Übernahme-Projekten anstrengt, wenn es um McLaren geht: "Red Bull hat Jaguar gekauft und es dauerte fünf Jahre, ehe sie angefangen haben, zu siegen. Mercedes krallte sich ein Weltmeisterteam und sie bekrabbelten sich erst nach drei oder vier Jahren."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Kanada


Obwohl für Silverstone ein Update angekündigt ist, das den Mangel an Abtrieb beseitigen soll, stapelt Boullier tief: "Wir erwarten keine Rennsiege." Schließlich gibt es bei McLaren mehr als das Problem mit der Bodenhaftung, das von den Ingenieuren aber als Schlüsselstelle ausgemacht wurde. Dazu zählt offenbar auch die Dauerbaustelle Arbeitsorganisation, schließlich hatten sich in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Mitarbeiter von ihren Kernaufgaben entfernt. "Wir konnten nicht so schnell aufholen, als etwa auch in Konzeptfahrzeuge investiert wurde", so Boullier.

Vielleicht ist McLarens bevorzugte Entwicklungsstrategie - der Simulator - einfach die falsche. Zwar verfügt das Technology Centre in Woking über den fortschrittlichsten der Branche, Erfolge blieben jedoch aus. Laut Boullier sprechen Beschränkungen bei Testfahrten und im Windkanal für diese Herangehensweise genau wie die Tatsache, dass Spitzenteams ähnlich verfahren. "Wir müssen uns in diesem Bereich einfach verbessern", erteilt der Franzose einer radikalen Neuausrichtung eine Absage. "Ich habe den Glauben an den Windkanal eher verloren als den an die Simulationen."