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  • 30.10.2019 17:27

  • von Maria Reyer, Co-Autor: Erwin Jaeggi

Max Verstappen vor 100. Grand-Prix-Start: "Das Risiko hat sich ausgezahlt"

Max Verstappen feiert in Austin, USA, seinen 100. Grand-Prix-Start in der Formel 1 - Red-Bull-Mentor Helmut Marko analysiert die Reise der vergangenen fünf Jahre

(Motorsport-Total.com) - Im Alter von 22 Jahren steht Max Verstappen vor seinem 100. Rennstart in der Königsklasse. Seit seinem umstrittenen Debüt in Melbourne 2015 hat sich der Niederländer in das Topteam Red Bull gekämpft und steht mittlerweile bei sieben Rennsiegen und einer Pole-Position. Eine Karriere voller "Highlights", ist Helmut Marko begeistert. (Alle Daten & Fakten zu Verstappens Karriere in unserer Datenbank!)

Alles begann mit einer mutigen Entscheidung des Red-Bull-Motorsportkonsulenten. "Die Leute dachten wirklich, ich sei verrückt", erinnert sich Marko gegenüber 'Motorsport-Total.com' zurück. Nach vier Freitagseinsätzen und dem dritten Gesamtrang in der Formel-3-Europameisterschaft 2014 verpflichtete Red Bull den Teenager.

Im Alter von 17 Jahren und 163 Tagen stand er in der Startaufstellung in Australien - der Beginn einer spektakulären Karriere. Er sicherte sich nicht nur den Rekord des jüngsten Formel-1-Fahrers aller Zeiten, sondern auch des jüngsten Fahrers, der Punkte einfuhr.

"Eine Karriere voller Highlights"

14 Tage nach seinem ersten Grand Prix schaffte er es in Bahrain in die Top 10. Die Saisonhighlights: Zwei vierte Plätze in Ungarn und den USA. Mit seinem Überholmanöver in der Blanchimont-Kurve in Belgien vorbei an Felipe Nasr im Sauber sorgte er außerdem für die "Aktion des Jahres".

Auf sein erstes Formel-1-Podium musste er noch ein wenig warten. Nach nur 23 Rennen für Toro Rosso folgte der Knall: Da die Red-Bull-Teamführung mit Daniil Kwjat unzufrieden war, wurde der Russe im Topteam durch Verstappen ersetzt.

In seiner zweiten Formel-1-Saison wurde die Nachwuchshoffnung erneut ins kalte Wasser geworfen. Und er bestand die Prüfung mit Bravour: In Barcelona 2016 rührte er sogar Marko zu Tränen. In seinem ersten Rennen für Red Bull fuhr der 18-Jährige als jüngster Pilot aller Zeiten zu seinem ersten Grand-Prix-Sieg.

"Seine bisherige Karriere ist voller Highlights", schwärmt der Red-Bull-Berater beim Rückblick. "Er hat sich so stark weiterentwickelt." Allerdings brachte sich Verstappen mit grenzwertigem Fahr- und uneinsichtigem Verhalten mehrfach in die Bredouille.


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In seinem ersten Jahr mit Red Bull handelte er sich mehrfach den Ärger der Weltmeister ein. Gegen Kimi Räikkönen und Lewis Hamilton fuhr er in Belgien und Japan auf der letzten Rille. Sein Verhalten in der Bremsphase veranlasste die FIA schließlich gar dazu, eine "Verstappen-Regel" einzuführen.

Außerdem verstrickte sich das aufstrebende Talent immer wieder in Kollisionen und Unfälle. Sein ungestümes Verhalten sorgte auch für interne Querelen mit Daniel Ricciardo, was seinen Höhenpunkt in der Kollision von Baku fand. Die Konkurrenz warf ihm immer wieder zu aggressives Verhalten vor, doch Verstappen blieb seiner Linie treu.

Marko: "Er fährt mehr oder weniger perfekt"

Mittlerweile steht er bei sieben Siegen, 28 Podestplätzen - und einer Pole-Position, die er sich in Ungarn 2019 endlich erfüllte. "Er hatte im Vorjahr einen recht schwachen Start in die Saison, aber seit Frankreich fährt er mehr oder weniger perfekt, das hat er in dieses Jahr mitgenommen."

Der jugendliche Leichtsinn blitzt nur noch hin und wieder auf, wie erst kürzlich nach dem Qualifying von Mexiko. "Selbst wenn er nicht immer gewinnen kann, versucht er, das Maximum herauszuholen. Wir sind komplett zufrieden mit seiner Entwicklung."

Verstappen sei nun nicht mehr nur schnell, sondern auch konstant. "Außerdem ist sein technisches Feedback wirklich beeindruckend. Wir dürfen nicht vergessen, dass er erst 22 Jahre alt ist!" In den Augen des 76-Jährigen ist der Niederländer zu einem kompletten Fahrer gereift.

"Es ist unglaublich, wenn man bedenkt, dass Max erst 22 ist und schon seinen 100. Grand-Prix-Start feiern wird", kann es auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner kaum glauben. Der Brite konnte eine starke Entwicklung in den vergangenen 99 Rennen erkennen.


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"Zuvor ist er vielleicht 25 Autorennen gefahren, also wuchs er unter starker medialer Beobachtung auf. Damit ist er grandios umgegangen. Er ist jetzt sehr komplett, schon fast ein Veteran!"

Nach weiteren Höhepunkten, wie etwa die beiden Siege in Spielberg, muss 2020 der Angriff auf den Weltmeistertitel erfolgen, will Verstappen auch als jüngster Champion in die Geschichtsbücher eingehen. "Er ist bereit für die Meisterschaft. Wir müssen ihm nur das richtige Material dafür geben, dann wird er es schaffen."

Verstappen genießt keine Sonderbehandlung

Aber natürlich kann sich auch ein Max Verstappen noch verbessern. "Mit noch mehr Routine wird man schneller, man beansprucht den Reifen und den Motor weniger. Das wird noch kommen, aber sein Speed stimmt", ist Marko überzeugt.

Der Österreicher gilt als jener Mann, der Verstappen in das Topteam geholt hat und jetzt als sein Mentor fungiert. Trotzdem sei die Beziehung zu dem Niederländer nicht anders als zu anderen Fahrern, betont der Grazer. "Max genießt keine Priorität. Er erhält dieselbe Behandlung wie alle anderen auch."

Allerdings kann sich Marko der Faszination nicht ganz entziehen: "Natürlich ist er unser erfolgreichster, oder unser schnellster Fahrer im Moment. Ein junger, intelligenter Mann. Ich kenne ihn nun schon recht lange und unsere Beziehung ist sehr gut." Auch die sprachliche Barriere ist gering, da Verstappen auch Deutsch spricht.

Ungewöhnlich für Marko: Er passt sich sogar Verstappens Gewohnheiten an. Denn während er die anderen Red-Bull-Fahrer meist bereits um 7 Uhr früh anruft, probiert er es beim Niederländer erst später. "Ich weiß, er ist kein Frühaufsteher. Er geht immer spät ins Bett, weil er noch Esports spielt, wovon ich nichts verstehe."


Fotos: Red Bull, Grand Prix von Mexiko


Daher respektiert Marko auch, wenn sein Schützling länger schlafen möchte. Als Teamleader kann sich Verstappen das erlauben. Denn in seinem ersten Jahr als klare Nummer 1 im Team hat er die Teamführung überzeugt. "Das war der nächste, erstaunliche Schritt. Er ist ein natürlicher Anführer. Das macht er mit Bravour."

Nicht nur Verstappens Fähigkeiten seien in den ersten fünf Jahren gewachsen, auch seine Persönlichkeit. Der Sohn von Jos Verstappen schafft es außerdem noch immer wieder, sein Team zu überraschend. "Ja, zum Beispiel seine Fahrt in Hockenheim. Er war so viel schneller im Nassen als alle anderen."

Genau diese außergewöhnlichen Fahrten hat Red Bull erwartet, als man die "verrückte" Entscheidung 2015 getroffen hat, erinnert sich Marko. "Wir haben sein Potenzial gesehen, als er Formel 3 gefahren ist. Wir haben viel riskiert, aber es hat sich ausgezahlt."

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