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Maurizio Arrivabene: Wie Sebastian Vettels Chef Ferrari führt

Wieso Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene den Weg von Flavio Briatore geht, was seiner Meinung nach einen guten Teamchef ausmacht und wie er seinen Stil definiert

(Motorsport-Total.com) - Ferrari erlebte im vergangenen Jahr eine stürmische Zeit: Zunächst wurde Stefano Domenicali als Teamchef abgelöst, dann folgte Marco Mattiacci, der wiederum gegen Saisonende durch Maurizio Arrivabene ersetzt wurde. Zunächst wirkte es so, als würden bei Ferrari wie Anfang der 1990er-Jahre italienische Verhältnisse einkehren: Keine Stabilität, ein ständiges Köpferollen und politische Verlegenheitsentscheidungen. Zumal Arrivabene als langjähriger Marketingmann eines Tabakriesen auf den ersten Blick auch nicht gerade als Optimalbesetzung galt.

Titel-Bild zur News: Maurizio Arrivabene

Maurizio Arrivabene hat Ferrari rasch auf die Erfolgsspur zurückgebracht Zoom

Und Zyniker meinten bereits, dass aus Arrivabene sehr rasch Arrivamale werden könnte. Doch der Mann aus dem norditalienischen Brescia hat es in wenigen Monaten geschafft, die Scuderia wieder zu einer Einheit zu formen: Die Stimmung in Maranello ist hervorragend und mit Sebastian Vettels Triumph über Mercedes in Sepang ließ auch der erste Erfolg nicht lange auf sich warten.

Dass Arrivabene kein sogenannter "Petrolhead" ist, sieht er selbst bei seiner Mission, Ferrari wieder zum WM-Titel zu führen, ganz und gar nicht als Nachteil. "Bei meinem alten Arbeitgeber waren zehn Prozent meines Jobs Formel 1, 90 Prozent waren andere Dinge", gibt der 58-jährige Studienabbrecher gegenüber 'Motorsport-Total.com' Einblicke in seine 17-jährige Vergangenheit bei Philip Morris. "Ich hatte den Luxus, für eine große Firma zu arbeiten, und ich habe viel gelernt in vielen Bereichen. Das war für mich eine sehr gute Universität."

Technisches Know-how überbewertet

Arrivabene gibt sich bei Ferrari als absoluter Teamplayer, der nicht unbedingt im Rampenlicht stehen muss. Er hasst es, wenn ihm zum Geburtstag gratuliert wird und auch bei der Siegerehrung in Sepang lehnte er ab, die Trophäe entgegenzunehmen und auf den Siegerfotos aufzutauchen. Doch wie beschreibt er selbst seinen Führungsstil?

"Das Wichtigste ist es, den Leuten eine Richtung zu geben", stellt er klar. "Und damit meine ich eine strategische Perspektive. Man muss ihnen eine Methodik wie Projektmanagement einimpfen, das auf eigenen Erfahrungen beruht, und sie dann arbeiten lassen." Dafür sei kein Motorsport-Fachwissen notwendig: "Ich habe in der Formel 1 in 25 Jahren viele Teamchefs erlebt, die keine Ingenieure waren, und sie haben das Team geführt und Weltmeisterschaften gewonnen", spielt er auf Leute wie Ex-Benetton- und -Renault-Teamchef Flavio Briatore an.

"Ich habe in der Formel 1 in 25 Jahren viele Teamchefs erlebt, die keine Ingenieure waren und trotzdem Weltmeisterschaften gewonnen haben." Maurizio Arrivabene

Er gibt ein Beispiel aus der Praxis: "Ich kann James Allisons technische Entscheidungen nicht hinterfragen, aber ich kann sehr einfach ein Gefühl dafür bekommen. Wenn also ein potenzielles Problem für das Team entstehen könnte oder wenn etwas falsch läuft, dann ist das die Aufgabe eines echten Teamchefs."


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Durch und durch Teamplayer

Arrivabene vergleicht die Formel 1 mit anderen Branchen und sieht diesbezüglich viele Parallelen: "Ein Geschäftsführer jeder Firma außerhalb der Formel 1, die irgendein Produkt herstellt, muss nicht in der Forschungs- und Entwicklungs-Abteilung arbeiten oder ein Ingenieur sein. Vorrangig muss er ein Manager sein."

Die größte Gefahr ist es, dass die unterschiedlichen Abteilungen in einem Formel-1-Team wegen ausbleibenden Erfolgs einander die Schuld für die Probleme zuweisen, um nicht selbst hinterfragt zu werden. Daher sagt Arrivabene, dass er sich "ehrliche, mutige und transparente Mitarbeiter" wünscht, die "an einem Strang ziehen. Darüber hinaus müssen sie den Wert der Zusammenarbeit verstehen, denn ich glaube nicht an eine One-Man-Show, so was existiert nicht."

Als Inspriation für Arrivabene dient Ferrari-Boss Sergio Marchionne, der ihm die Chance gegeben hat, das Formel-1-Team zu führen: "Ich habe das Glück, den besten Chef und Lehrer zu haben, von dem jeder Manager träumt. Das heißt nicht, dass er einen alles tun lässt, wie man lustig ist. Aber er ist sehr direkt, trifft starke Entscheidungen und hat eine unglaublich strategische Sicht der Dinge."