• 21.02.2011 15:06

  • von Stefan Ziegler

Mass: "Die Ingenieure arbeiten besser als die Regelfinder"

Der ehemalige Formel-1-Pilot Jochen Mass hält die ständigen Modifizierungen an der "Königsklasse" für "Sisyphusarbeit" und verteidigt Hermann Tilke

(Motorsport-Total.com) - Das Regelwerk der Formel 1 erfuhr in den vergangenen Jahren zahlreiche Veränderungen - man denke nur an die Beschneidung der Aerodynamik, das Einfrieren der Motoren, die Wiedereinführung von Slicks und den Einbau von KERS. Dieser Prozess scheint allerdings noch nicht abgeschlossen zu sein, denn Jahr für Jahr werden die Formel-1-Teams mit immer weiteren Neuerungen konfrontiert.

Titel-Bild zur News: Jochen Mass

Jochen Mass kann sich nur bedingt für die Neuerungen der Formel 1 begeistern

Der frühere Rennfahrer Jochen Mass sieht diese Entwicklung durchaus kritisch: "Die Formel 1 bemüht sich seit Langem, die Regeln zu vereinfachen, die Rennen überschaubarer und überholfreundlicher zu gestalten. Es ist aber eine Sisyphusarbeit", wird der Deutsche von 'auto-medienportal.net' zitiert. "Die Ingenieure arbeiten besser als die Regelfinder. Wir sind wieder einmal in einer Versuchsphase."

Dies gelte zum einen für den verstellbaren Heckflügel, den die Piloten 2011 "nur unter bestimmten Voraussetzungen und auch nur für wenige Sekunden" einsetzen dürfen, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Andererseits wäre da noch KERS, das "an sich eine gute technische Idee" ist, wie Mass findet. "Es kann den nötigen Schwung zum Überholen liefern, wenn es denn gut funktioniert."

Abhängig ist die Anzahl von Überholversuchen allerdings auch von den Gegebenheiten einer Strecke - und genau in diesem Punkt biete die Formel 1 aktuell zu wenige Möglichkeiten, meint Mass. "Viele Rennstrecken sind zwar sehr sicher, lassen aber zu wenige Chancen zum Überholen. Fehlende Straßenbreite und zu hohe Geschwindigkeiten zwischen den Kurven lassen ein Passieren kaum zu."


Fotos: Testfahrten in Barcelona


"Außerdem sind die Bremszonen viel zu kurz", gibt der frühere Formel-1-Pilot zu Protokoll und merkt an: "Eine der wenigen Ausnahmen ist Schanghai. Dort gibt es Passagen, die im zweiten oder dritten Gang gefahren werden. Dort kann man auf Grund der sehr breiten Bahn und der etwas moderateren Geschwindigkeiten Überholmanöver wagen", erläutert Mass und nimmt Hermann Tilke in Schutz.

Der deutsche Architekt zeichnet für die meisten modernen Formel-1-Kurse verantwortlich. "Aufgrund der Kosten und Auflagen sowie dem verfügbaren Platz zum Streckenbau geriet er öfters in die Kritik, zu sterile und ähnliche Strecken zu bauen. Das hat er aber nicht verdient", sagt Mass. Habe Tilke die entsprechenden Freiräume, könne er durchaus originelle und schöne Streckenentwürfe abliefern.