• 19.06.2005 11:03

  • von Inga Stracke

Marko: "Wir wollen vor dem Start eine Klarstellung"

Der Red Bull-Motorsportchef spricht Klartext über die Reifenprobleme, das Produkthaftungsgesetz und über "blauäugige" Teams

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Die Saisonmitte ist fast erreicht, sind sie mit den Ergebnissen von Red Bull Racing zufrieden oder hätte man mehr erreichen können? Sind sie positiv vom Team überrascht?"
Dr. Helmut Marko: "Also generell sind wir mit dem Erreichten zufrieden. Entgangen ist uns ein dritter Platz am Nürburgring, das war ein Fehler. Auch in Australien ist uns ein dritter Platz entgangen. Um ehrlich zu sein waren sowohl Coulthard als auch das Team von der Leistung so überwältigt, dass sie nicht realisiert haben, dass da noch ein dritter Platz möglich ist. Aber zusammenfassend: Die Gesamtperformance bis auf dieses Qualifying hier ist okay."

Titel-Bild zur News: David Coulthard und Helmut Marko

Dr. Helmut Marko im Gespräch mit David Coulthard

Frage: "Wenn man sich generell die Atmosphäre und das Image, das das Team rüberbringt, anschaut, dann hat sich doch einiges getan, wenn man dies mit den traditionellen Teams vergleicht. Was ist die Strategie, die Richtung, will man im Vergleich zu denen, die vielleicht ein wenig spießig sind, offen sein?"
Marko: "In der Welt von Red Bull will man ernsthaft und wettbewerbsfähig Sport betreiben und trotzdem lustig sein und das Leben genießen."#w1#

Frage: "Geht denn das gesamte Team auch immer auf die Partys oder müssen alle hart arbeiten?"
Marko: "Wenn die Arbeit getan ist, dann kann jeder auf die Party gehen. Unsere Partys sind sehr, sehr gut besucht, was auch zeigt, dass diese eingeschlagene Richtung von der Formel 1 mehr als nur angenommen wird."

Frage: "Wie ist die Qualifikation hier gelaufen und was ist im Rennen drin?"
Marko: "Wir haben gegenüber gestern unsere Performance verloren. Wir wissen nicht, warum. Mit diesen Startpositionen sind wir überhaupt nicht zufrieden. Für das Rennen gibt es ein paar Komponenten, die sich auswirken werden. Zum einen ist das die Reifensache, wir wissen nicht, wie Michelin entscheiden wird, wir wissen nicht, wenn wir einen anderen Reifen einsetzen, wie die FIA entscheidet. Da ist also alles offen. Aber wir haben uns die Szenarien überlegt, die wir hier anwenden können."

Frage: "Wenn jetzt Michelin empfiehlt, mit diesem Reifen nicht zu fahren, was macht dann Red Bull Racing?"
Marko: "Ich glaube, und da muss ich jetzt als Jurist sprechen, wir sind in Amerika, dem Land mit der strengsten Produkthaftung. Da wird Michelin keine Empfehlung aussprechen sondern man wird klipp und klar sagen, dass der Reifen sicher oder nicht sicher ist. Nachdem man schon erklärt hat, dass der Reifen mit gewissen Auflagen nur für zehn Runden gut ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass sich etwas ändern wird. Außer die Laboruntersuchungen bringen einen Fehler zu Tage und dieser Fehler ist behebbar. Nach dem aktuellen Stand der Dinge wird man sicherlich mit den neu hier her gebrachten Reifen von Barcelona fahren müssen."

Frage: "Und wie groß sind die Chancen, dass die FIA das erlauben wird? Denn wenn sie das nicht tun, würde ja eine Disqualifikation oder sonst etwas drohen..."
Marko: "Da es sich um sieben Teams handelt ist die Wahrscheinlichkeit einer Disqualifikation glaube ich gering. Aber es wird vor dem Rennen noch einmal ein Meeting mit den Stewards geben. Und wenn es andere nicht tun, dann werden wir es tun, wir wollen vor dem Start eine Klarstellung, welche Art der Bestrafung kommt."

Frage: "Es gibt ja ein paar Teams wie Sauber, die keine Probleme haben, aber auch andere neben Toyota, die Probleme haben und ich glaube, da zählt ihr Team auch dazu?"
Marko: "Die Reifen, die wir verwendet haben, von denen war eine gewisse Anzahl beschädigt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die auseinander geflogen wären."

Frage: "Und da steht dann die Sicherheit der Fahrer an erster Stelle..."
Marko: "Da steht die Sicherheit der Fahrer an erster Stelle und noch einmal, man muss hier auf das Produkthaftungsgesetz hinweisen. Es wäre unverantwortlich, mit einem solchen Reifen ins Rennen zu gehen. Und es war ja nicht nur Toyota und wir, auch andere Teams waren von den Beschädigungen betroffen. Wenn ein Team sagt, dass es nicht betroffen ist, dann würde ich das als relativ blauäugig bezeichnen, dass man dennoch mit dem Reifen ins Rennen geht."