• 20.08.2009 18:16

  • von Dieter Rencken

Kubica: "Das ist nur schwer zu verstehen"

BMW Sauber F1 Team Pilot Robert Kubica im Interview über den Ausstieg von BMW und die Konsequenzen für ihn und die Teammitglieder

(Motorsport-Total.com) - Kaum war der Große Preis von Ungarn absolviert, da berief BMW eine Pressekonferenz ein und verkündete seinen Ausstieg aus der Formel 1. Genauso wie die restlichen Protagonisten des Fahrerlagers, so wurde auch Pilot Robert Kubica von dieser Nachricht überrascht. Im Interview vor dem Rennen von Valencia nahm der BMW Sauber F1 Fahrer ausführlich Stellung zu diesem Thema.

Titel-Bild zur News: Robert Kubica

Diese Miene spricht Bände: Robert Kubica ist enttäuscht über den Ausstieg von BMW

Frage: "Robert, wie groß ist der Schock über die Nachricht vom BMW Ausstieg, nachdem nun einige Wochen vergangen sind?
Robert Kubica: "Das war schon ein recht großer Schock. Diese Entscheidung kam unerwartet. Beim Großen Preis von Ungarn wussten wir überhaupt nichts davon. Man hätte sich vielleicht seinen Teil denken können, denn ich führte am Hungaroring einige Gespräche über die Zukunft und habe ein paar seltsame Situationen gesehen."#w1#

"Ich hätte aber niemals eine Entscheidung von solcher Tragweite erwartet. Ich denke, im Augenblick machen sich alle einige Sorgen über ihre Zukunft - die einen mehr, die anderen vielleicht etwas weniger. Es kommt einfach darauf an, in welcher Position sie sich befinden und welche Möglichkeiten es gibt für das kommende Jahr. Für das Team in der Basis Hinwil ist das keine schöne Situation."

"Ich hoffe, sie finden eine Lösung und können weitermachen. Wir haben viele gute Leute und sie verdienen eine deutlich bessere Lage als die gegenwärtige Situation. Das ist schon etwas seltsam, denn normalerweise will man doch, dass bei seinem Team alles so glatt wie möglich läuft. Während der Saison möchte man keine Probleme haben. Und jetzt schlagen wir uns mit diesem großen Thema herum. Das ist nicht ideal."

Kubica: Das Timing ist nicht ideal...

Frage: "Wie hast du von dieser Entscheidung erfahren?"
Kubica: "Erstmals habe ich diese Nachricht im Internet gelesen. Kurze Zeit nachdem diese Information im Internet zu lesen war, habe ich eine Email bezüglich dieser Entscheidung erhalten. Ich bin morgens aufgewacht, war eine Runde joggen, setzte mich vor den Computer und dann sah ich es. Für gewöhnlich bekommen die Medien von jeder Information Wind, bevor die Sache überhaupt erst passiert ist. Ich habe also schon vor der Pressekonferenz darüber gelesen. Kurze Zeit später bekam ich die Email."

"Das ist nur schwer zu verstehen. Aber wenn ich mich in die Lage eines Teammitgliedes versetze, dann ist es für die Jungs noch viel härter als für mich, Nick oder die Hauptpersonen des Teams. So ist aber leider die Realität. Manchmal ist das Leben toll, manchmal eher schwierig. Das kommt ganz darauf an, welche Einstellung du hast. Das Leben wird weitergehen - und zwar egal, was auch immer du treibst. Diese Entscheidung wird sich nicht ändern."

"Alles in allem kenne ich die genauen Gründe gar nicht." Robert Kubica

Frage: "Denkst du, die Dinge wären anders gekommen, wenn ihr in diesem Jahr Siege und Podien geholt hättet?"
Kubica: "Das wäre wohl eine komplett andere Situation. Alles in allem kenne ich die genauen Gründe gar nicht. Natürlich gibt es Gründe, wenn man eine solch große Entscheidung trifft, doch diese entziehen sich meiner Kenntnis."

"Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, dass wir solche Probleme nicht hätten, wenn wir derzeit die Positionen eins und zwei in der Gesamtwertung belegen und um Rennsiege kämpfen würden. Vielleicht hätte sich BMW trotzdem dazu entschieden, die Formel 1 zu verlassen. Aber dann hätten sie das wohl kaum während der Saison gesagt. Das ist in meinen Augen doch sehr seltsam."

"Das Timing macht es Peter Sauber nicht gerade einfach. Er will ja eine Lösung für das Team in Hinwil finden. Es ist nicht so einfach, das Team zu leiten und es ist auch nicht einfach, das Team zu kaufen. Vielleicht kann man das Geld auftreiben, um das Team am Leben zu erhalten, doch man sollte eben auch sicherstellen können, dass das auch noch in der Zukunft funktioniert. Das ist keine einfache Aufgabe."

"Die Lage ist nicht gerade toll, doch ich will versuchen zu helfen, wo auch immer ich kann. Allerdings sind meine Hände in diesem Fall gebunden. Ich kann nur versuchen, gute Ergebnisse zu holen. Ich werde mein Bestes geben, doch die Saison war bislang sehr schwierig. Diese Entscheidung macht die Dinge nicht gerade einfacher."

Kubica braucht ein neues Cockpit

Frage: "Du bist nun auf dem Fahrermarkt für 2010. Wie schnell möchtest du diese Angelegenheit hinter dich bringen?"
Kubica: "Das ist schon eine sehr ungewohnte Situation für mich. Seit 2006 war ich bei BMW und wir hatten auch für das kommende Jahr einen Vertrag. Diese Lage ist mir also vollkommen neu für mich und die Leute, die für mich arbeiten. Wir werden wohl einige Meetings abhalten, um die beste Lösung für mich zu finden."

"Ich denke, da gibt es einige Möglichkeiten. Bis jetzt waren aber alle im Urlaub, daher werden wir eben nun mit der Arbeit beginnen. Ich bin sehr zuversichtlich, für 2010 den richtigen Platz zu finden. Natürlich ist es schwierig vorherzusagen, welches Auto gut sein wird und für welches Team man sich entscheiden sollte. Ich hoffe jedenfalls darauf, 2010 in einem konkurrenzfähigen Wagen zu sitzen."

"Ich bin sehr zuversichtlich, für 2010 den richtigen Platz zu finden." Robert Kubica

Frage: "Wie sehr schmerzt es angesichts dieser Neuigkeiten, dass sich das Team das vergangene Jahr durch die Finger gleiten ließ?"
Kubica: "Wenn man sich in Erinnerung ruft, was ich 2008 gesagt habe, dann ist genau der schlimmste Fall eingetreten. Im vergangenen Jahr war ich etwas aufgebracht, weil ich dachte, dass wir nicht das Maximum dafür taten, um im Titelkampf zu bleiben. Ich sagte, dass es durchaus sein könnte, dass es niemals wieder soweit kommen könnte."

"Nur ein Jahr später wissen wir, dass BMW und ich niemals mehr eine Chance haben werden, die Meisterschaft anzuführen oder um den Titel zu fahren - zumindest nicht in naher Zukunft. Aber so ist das nun einmal. So läuft das im Rennsport. Die Situation ist enttäuschend und diese Entscheidung ist keine Hilfe."

Frage: "Hast du eine spezielle Vorstellung, für welches Team du im kommenden Jahr gerne ins Lenkrad greifen würdest?"
Kubica: "Da bin ich ganz offen. Ich mag mir vielleicht schon eine Meinung gebildet haben, doch sicher kannst du dir da nicht sein - siehe die Entscheidung von BMW. Als wir Ungarn verlassen haben, war noch alles in Butter. Nur wenige Tage später wurde diese Entscheidung getroffen. Man kann nur sehr schwerlich absehen, was in der Zukunft passieren wird. Daher stehe ich dieser Sache offen gegenüber."

2009 keine Werbung in eigener Sache

Frage: "Im vergangenen Jahr konntest du dich gut in Szene setzen - in diesem Jahr eher nicht. Bereitet dir das Sorgen?"
Kubica: "In diesem Jahr haben wir große Schwierigkeiten, etwas zu zeigen. Das betrifft auch meinen Fahrstil und die Art und Weise, wie ich meine Leistung erbringe. Wenn ich meinen Fahrstil anwende, dann ist das Auto sehr schwierig zu fahren."

"Ich denke, dass alle Teams zwei schnelle Fahrer in ihren Rennwagen haben wollen." Robert Kubica

"Ich denke, dass alle Teams zwei schnelle Fahrer in ihren Rennwagen haben wollen. In meinen Augen habe ich im vergangenen Jahr gezeigt, dass ich noch etwas mehr herausholen kann, wenn das Auto nur schnell ist. Das kann einen großen Einfluss auf die Endergebnisse haben."

Frage: "Auch Honda hat sich in einer solchen Lage befunden und Brawn hat diese Sache sehr gut überstanden. Was wäre deine Wunschlösung? Wäre ein Neuanfang mit diesem Team denkbar für dich?"
Kubica: "Ich denke, die Situation bei Honda und Brawn war eine ganz andere, denn diese Geschichte trug sich schließlich erst nach der Saison zu. Uns stehen dagegen noch sieben Rennen ins Haus - wir haben gerade einmal die Jahresmitte überschritten."

"Das ist also eine komplett andere Situation. Das Timing ist ebenfalls anders. Peter Sauber und wir geben wirklich alles, um dem Team in Hinwil zu helfen, doch wir haben nur wenig Zeit. Die Umstände sind sehr schwierig für die meisten Beteiligten. Wenn man weiß, dass sein Job auf dem Spiel steht, dann ist das niemals einfach."

Kubica bei der Kart-WM

Frage: "Du machst demnächst einen Ausflug zur Kart-WM. Warum tust du das? Bereitet dir Kartfahren derart viel Freude?"
Kubica: "Leider ist dieser Start noch immer nicht ganz in trockenen Tüchern. Ich habe alle Vorbereitungen getroffen, doch eine finale Entscheidung steht noch aus. Diese werde ich nach diesem Grand Prix treffen."

"Diese Angelegenheit ist recht risikoreich und ich weiß nicht, ob ich mich in der Position befinde, dieses Risiko einzugehen - auch wenn Kartfahren unheimlich viel Spaß macht. Der Rennkalender der Formel 1 ist ungeheuer eng. Gemeinsam mit der Kart-WM würde ich binnen vier Wochen vier Rennen absolvieren. Das wäre ziemlich hart, also muss ich eine Entscheidung treffen."

Frage: "Was hast du in der Sommerpause gemacht?"
Kubica: "Ein bisschen was von allem: Ich war Kartfahren, habe Bowling gespielt, bin gelaufen und Fahrrad gefahren, habe mich entspannt und ein paar Fotos gemacht. Außerdem war ich noch eine zeitlang in Italien."

"Wir erwarten eine Verbesserung von zwei bis drei Zehnteln." Robert Kubica

Frage: "Wie schätzt du eure Chancen in Valencia ein?"
Kubica: "Wir haben ein paar neue Teile am Auto, welche noch vor der Entscheidung von BMW eingeplant waren. Wir erwarten eine Verbesserung von zwei bis drei Zehnteln. Das ist aber sicherlich nicht genug, um es ganz nach vorne zu schaffen. Ich rechne mit der üblichen Leistung der jüngsten Rennen."

Frage: "Bist du enttäuscht darüber, dass Michael Schumacher nicht fahren wird?"
Kubica: "Um ehrlich zu sein: Ich hätte mich vielleicht nicht in einer Position befunden, um ihn herausfordern zu können. Ich gehe nämlich fest davon aus, dass ausgezeichnete Arbeit abliefern würde, wenn er denn dabei wäre. Das war natürlich das große Thema der Sommerpause, doch leider ist er nun nicht hier."

Frage: "Hast du verfolgt, wie sich Kimi Räikkönen in der Rallye Finnland geschlagen hat? Würdest du gerne etwas Ähnliches unternehmen?"
Kubica: "Ich habe das verfolgt und war auch sehr beeindruckt von seiner Leistung - wie alle anderen auch. Bis zu seinem Crash hat er wirklich tolle Arbeit geleistet. Aber solche Sachen passieren im Rallyesport. Dafür, dass er nur wenig Erfahrung hat und erstmals bei einer der schwierigsten Rallyes im Kalender am Start war, hat er sich sehr konkurrenzfähig präsentiert."

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