Kovalainen: "Wir haben ein gutes Niveau erreicht"

(Motorsport-Total.com) - An diesem Wochenende kehrt ein großer Name in die Formel 1 zurück: Das neue Lotus-Team bestreitet in der arabischen Wüste von Bahrain seinen ersten Grand Prix - und Heikki Kovalainen ist mit dabei. Der finnische Rennfahrer kam in der Winterpause von McLaren und greift in dieser Saison an der Seite von Jarno Trulli ins Lenkrad. Im Interview spricht der neue Lotus-Pilot über den Aufbau des Teams, die Aussichten für Bahrain und die Entwicklungsarbeit in seinem Rennstall.

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Heikki Kovalainen stürzt sich mit viel Elan in die Aufgaben beim Lotus-Rennstall

Frage: "Heikki, hättest du vor dieser Saison gedacht, jemals für Lotus zu fahren?"
Heikki Kovalainen: "Bevor dieser Deal zustande kam, habe ich mir darüber eigentlich keinerlei Gedanken gemacht. Lotus erhielt den Startplatz und dann unterhielt ich mich mit Tony (Fernandes, Teamchef; Anm. d. Red.) über diese Möglichkeit. So haben wir uns dazu entschlossen, bei diesem Projekt einzusteigen."#w1#

Das große Erbe von Lotus

Frage: "Was denkst du über dieses Rennprojekt und die Geschichte von Lotus?"
Kovalainen: "In der Vergangenheit sind schon viele großartige Fahrer für Lotus angetreten und dieser Rennstall zählte früher zu den Siegerteams der Formel 1. Jetzt tragen wir diesen Namen und somit auch das Erbe auf unseren Schultern."

"Es ist ein großer Name, eine großartige Marke. Wir lernen noch immer, wie wir das Team aufbauen müssen. Unser Projekt steckt gewissermaßen noch in den Kinderschuhen. Aber es lässt sich alles bislang sehr gut an. Das Team ist schon recht ordentlich aufgestellt."

Frage: "Du bist früher für McLaren gefahren und greifst nun für Lotus ins Lenkrad. Wie groß ist der Unterschied zwischen einem großen und einem kleinen Rennstall?"
Kovalainen: "Eigentlich ist die Anzahl der Angestellten der größte Unterschied. Natürlich ist auch unsere Teambasis in Großbritannien etwas anders ausgestattet."

"In Bezug auf die Abläufe und die Funktionalität des Teams ist alles recht ähnlich, muss ich sagen. Wir haben viele Leute bei uns, die schon für andere Rennställe in der Formel 1 gearbeitet haben. So gesehen gibt es da quasi keine Unterschiede."

"Wir konnten uns bei den Testfahrten davon überzeugen, dass die Jungs wissen, wie man ein Rennauto einsetzt. Jetzt am Wochenende werden wir erfahren, wie sich das bei einem Grand Prix gestaltet. Mein erster Eindruck ist jedenfalls sehr gut. Mir fiel es leicht, mich in dieses Projekt einzugliedern."

Die Teambasis ist gut ausgerüstet

Frage: "Wie ist es um die Anlagen in der Fabrik bestellt? Konntest du diesbezüglich einige Unterschiede zu deinen früheren Teams feststellen?"
Kovalainen: "Im Vergleich zu Renault haben wir natürlich eine kleinere Fabrik. Aber jeder, der sich mit McLaren vergleicht, zieht in diesem Bezug den Kürzeren."

"McLaren ist da wohl ein Sonderfall, denn sie haben eine Anlage, die wahrscheinlich größer ist als alles, was die anderen Teams haben. Unsere Basis ist aber gut. Wir arbeiten allesamt bis zum Anschlag. Wir schöpfen unsere Kapazitäten vollkommen aus."

"Das ist das Wichtigste, denn so bleiben wir im Jahresverlauf im Entwicklungsrennen. Das ist sehr wichtig für uns. Es sieht gut aus. Unsere Anlagen sind zwar klein und wir haben weniger Leute, aber die Arbeitsabläufe an sich sind doch ähnlich. Die anderen Teams sind halt größer."

Frage: "Lotus ist das dritte Team in deiner Formel-1-Karriere. Ist es nicht etwas schwierig, fast nach jeder Saison bei einem neuen Rennstall anzufangen?"
Kovalainen: "Naja, in den vergangenen beiden Jahren hatte ich ja keinen Wechsel."

"Ich hatte viel Spaß beim Renault und auch eine gute Zeit bei McLaren. Jetzt fühle ich mich hier bei Lotus zuhause. Die Atmosphäre ist klasse - schon jetzt. Alle geben Vollgas und sind überaus motiviert. Die Stimmung ist im Augenblick einfach positiv."

Kovalainen will sich bei Lotus beweisen

Frage: "In den vergangenen Jahren warst du jeweils nicht so erfolgreich wie dein Teamkollege. Siehst du dein Engagement bei Lotus auch als Chance, deine Reputation etwas aufzupolieren?"
Kovalainen: "Ich denke, ich kann besser sein und öfters mehr aus dem Team herausholen."

"Natürlich habe ich mir auch vorgenommen, die maximalen Ergebnisse einzufahren - was auch immer eben in unserer Reichweite liegt. Ich möchte einfach sicherstellen, dass wir alles aus dem Auto und aus dem Team herausholen."

"Ich hatte eine gute Zeit bei McLaren und habe dort vieles gelernt. Ich denke nicht, dass ich dort ein Problem mit der Geschwindigkeit hatte. Mein Speed war recht gut. Die Pace war niemals ein Problem, nur die Resultate waren eben nicht da."

Frage: "Wie glaubst du, ist dein Fahrzeug im Rennen zu fahren? Rechnest du mit Problemen, weil Lotus und die anderen neuen Teams noch nicht so schnell sind wie die anderen Rennställe?"
Kovalainen: "Ich mache mir da keine Sorgen. Die Topjungs sollten klarkommen, auch wenn einige Autos langsamer unterwegs sind."

"Ich meine: Was kann ich schon machen, wenn ich in der Qualifikation auf einer schnellen Runde bin und ein Ferrari hinter mir ist? Sie werden mir eine blaue Flagge zeigen und dann muss ich halt Platz machen. Es ist aber eine knifflige Situation, denn schließlich muss ich meine Runde hinbekommen. Jeder ist letztendlich selbst dafür verantwortlich, einen freien Abschnitt zu finden."

"Ich werde natürlich ausweichen, wenn ich nicht auf einer schnellen Runde bin. So war es ja auch schon in der Vergangenheit. Der Unterschied bei der Geschwindigkeit ist nun vielleicht um ein bis zwei Sekunden größer. Ich gehe aber nicht davon aus, dass es deswegen anders sein wird. Ich sehe da keine Probleme."

Die Fahrfreude ist schon jetzt sehr groß

Frage: "Ist die Freude am Fahren bei Lotus deutlich anders als bei McLaren?"
Kovalainen: "Nein. Wenn wir die richtige Balance und neue Reifen haben, dann habe ich ein gutes Gefühl für dieses Auto. Das Fahrzeug ist stabil und einzig in den Kurven etwas langsamer. Wir haben einfach noch nicht das Abtriebsniveau der Topteams."

"Wir hatten auch nicht allzu viel Zeit, um den Wagen zu entwickeln. Ich habe mich im vergangenen Jahr einmal mit Jenson Button unterhalten und er sagte mir, dass sich der Honda und der Brawn recht ähnlich angefühlt haben."

"Du kämpfst, machst Druck und fährst auf der gleichen Linie - das eine Auto ist dabei halt zwei Sekunden schneller als das andere. Jetzt ist das ähnlich. Ich mag es noch immer, ein Formel-1-Auto zu bewegen. Jetzt, wo wir etwas langsamer sind, habe ich reichlich Spaß an der Herausforderung, unsere Pace zu steigern."

Frage: "Wie würdest du eure Geschwindigkeit an diesem Wochenende einschätzen? Was ist realistisch möglich für Lotus?"
Kovalainen: "Das ist schwierig zu sagen. Schauen wir einmal, was für Autos die anderen an die Strecke bringen und welche Modifizierungen sie dabei haben. Auch wir werden ein Update verwenden und wollen sicherstellen, dass wir unser Bestes geben."

"Wir konnten den Wagen etwas verbessern und bewegen uns in die richtige Richtung. Wir wissen, wo wir hin müssen. Wir brauchen einfach noch ein paar Leute mehr, die daran arbeiten, unserem Auto mehr Leistung zu verleihen. Es ist aber schwierig zu erahnen, wo wir uns einsortieren müssen. Da müssen wir schon bis Freitag oder Samstag warten."

Lotus bringt Updates nach Bahrain

Frage: "Welche neuen Teile werdet ihr in Bahrain einsetzen?"
Kovalainen: "Wir haben einige Modifizierungen am Heckflügel, am Frontflügel und auch etwas am Unterboden. Ich halte das für einige sehr gute Bemühungen. Unser Team sieht fantastisch aus. Ich war sehr beeindruckt, als ich gestern in die Garage geschaut habe. Alles sieht prima aus, sehr professionell."

"Die Jungs arbeiten am Auto, wie das bei jedem anderen Team ebenfalls der Fall ist. In dieser kurzen Zeit haben die Jungs zumindest meine Erwartung übertroffen. Ich hätte gedacht, dass wir zu Beginn mehr Schwierigkeiten haben und dass wir hinter dem Plan zurück liegen würden. Wir haben unsere Pläne aber stets erfüllt."

Frage: "Ihr konntet dieses Update nicht auf der Strecke ausprobieren. Was für einen Zeitfortschritt versprecht ihr euch davon?"
Kovalainen: "Es ist ein bedeutendes Update. Ich würde es aber nicht im Sekundenbereich einordnen. Es handelt sich um einige Zehntel. Aber das ist doch schon recht ordentlich."

"Es ist prima, dass wir uns schon auf die Entwicklungsarbeit konzentrieren können, statt uns noch mit der Zuverlässigkeit aufzuhalten. Wir haben bereits ein gutes Niveau erreicht und damit eine gute Ausgangsposition."