• 31.10.2004 15:15

Kimi Räikkönen: Wie ihn seine Vertrauten sehen

Gerade Kimi Räikkönen ist oft schwer zu durchschauen, sein Umfeld hat diese Aufgabe nun aber für uns übernommen

(Motorsport-Total.com) - Um Top-Leistungen bringen zu können, muss ein Formel-1-Fahrer das Gefühl haben, dass seine Arbeit und sein Einsatz anerkannt werden - und das nicht nur in Zeiten des Triumphes, sondern gerade auch, wenn es einmal nicht so gut läuft. Wir lassen die Personen zu Wort kommen, die Kimi Räikkönen am nächsten stehen und damit auch Einfluss auf das Selbstbewusstsein des sympathischen Finnen nehmen.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen mit seiner Ehefrau Jenni

Kimi Räikkönen mit seiner Ehefrau, der Ex-Miss-Skandinavien Jenni

Ron Dennis (Teamchef McLaren): "Kimi verfügt ohne Zweifel über die Fähigkeiten, es in der Formel 1 ganz nach oben zu schaffen. Offensichtlich gibt es bei den Finnen eine selbstgenügsame, innere Stärke, wie wir sie schon bei Mika (Häkkinen; Anm. d. Red.) kennen lernen konnten und nun auch bei Kimi erleben dürfen. Er ist ein junger Mann von großer Charakterstärke und Entschlossenheit, und niemand sollte sein zurückhaltendes Auftreten mit übergroßer Ängstlichkeit verwechseln."#w1#

Dennis lobt vor allem Räikkönens Hartnäckigkeit

"Kimi ist nicht nur außerordentlich talentiert, sondern auch ein sehr hartnäckiger Typ, der sich nicht unterkriegen lässt. So hat er die eher enttäuschenden Resultate zu Beginn dieser Saison ebenso gut verarbeitet, wie die Tatsache, dass er den WM-Titel 2003 gerade einmal um zwei Punkte verfehlt hat. Die wahre Stärke eines Fahrers zeigt sich nicht nur dann, wenn er erfolgreich ist, sondern gerade auch, wenn er seinen eigenen Erwartungen einmal nicht gerecht wird. In solchen Augenblicken kann Kimi nicht nur auf seine große Selbstdisziplin bauen, sondern er verliert auch niemals das Vertrauen in seine Fähigkeiten."

"Er nimmt Erfolg, aber auch Misserfolg stets mit demselben, ausgeglichenen, nahezu philosophischem Optimismus hin. Es ist kein Geheimnis, dass McLaren ein hohes Maß an Loyalität verlangt und Kimi ist ein überaus engagiertes Mitglied unserer Familie. Er versteht es hervorragend, jedermann zu motivieren, und verfügt zudem über einen trockenen, beinahe lausbübischen Humor, mit dem er noch jeden, der mit ihm zusammenarbeitet, für sich eingenommen hat."

Mark Slade (Renningenieur): "Ich finde nicht, dass Kimi sich in den drei Jahren, die ich nun mit ihm zusammenarbeite, sehr verändert hat. Er war bereits ein erstaunlich reifer und kompletter Fahrer, als er zu uns kam. Ich sehe zwar, dass er an praktischem und technischem Verständnis noch dazugewonnen hat, aber er war durchaus schon gut geschult, als er von Sauber zu McLaren wechselte. Es lag also nur noch an uns, ihm die Mittel in die Hand zu geben, die den Erfolg möglich machen."

"Kimi bringt es stets auf den Punkt, sagt nie zu viel"

"Ob auf professioneller oder auf persönlicher Ebene - ich bin mit Kimi vom ersten Augenblick an hervorragend zurecht gekommen. Er ist sicherlich nicht der Typ, der ununterbrochen drauf losplappert, aber das bin ich auch nicht. Vielleicht kommen wir wohl deshalb so gut miteinander aus. Kimi bringt es stets auf den Punkt, sagt nie zuviel - immer nur genau das, was man wissen muss. Er hat verstanden, dass wir ihm mit der Auswertung der Daten weiterhelfen können, also zeigt er sich auch stets aufgeschlossen dem gegenüber, was wir ihm vorschlagen."

"Ich glaube, dass er schon immer ein selbstbewusster Mensch gewesen ist, aber nach seinem ersten Sieg im letzten Jahr, als er zu realisieren begann, dass er durchaus Chancen auf den WM-Titel hat, ist er noch einmal gereift. Was Enttäuschungen betrifft: Er handelt schnell und sucht den Fehler im System. Dieser Finne ist einer, der immer wieder sofort aufsteht."

Mark Arnall (Fitnesstrainer): "Meine Meinung: Es ist einfach fantastisch, mit Kimi zu arbeiten. Er hat immer den Ehrgeiz, die Nummer eins zu sein, ob das nun im Rennen ist oder auch nur im Training. Und er ist nur dann hundertprozentig zufrieden mit sich selbst, wenn er gewonnen hat oder zumindest ganz sicher sein kann, dass er sein Bestes gegeben hat. Sein Trainingseifer ist eindrucksvoll. Ob er nun Rad fährt oder Gewichte stemmt, er gibt immer 110 Prozent."

Räikkönen beim Fitnesstraining voll motiviert

"Zudem ist seine Motivation immer sehr hoch. Als ich mir mal eine Woche frei nahm, da trainierte er weiter, wie sonst auch, und führte Buch über alle seine Aktivitäten, so dass wir seinen Trainingslevel nach meiner Rückkehr genau analysieren konnten. Das sagt eine ganze Menge über ihn aus. Andere würden in einer solchen Situation die Zügel vielleicht ein wenig schleifen lassen. Nicht aber Kimi, der noch einmal enorme Fortschritte gemacht hat, was seinen Körper und seine Fitness betrifft."

"Zudem wirken sich Enttäuschungen auf der Rennstrecke niemals negativ auf seinen Trainingseifer aus. Ich denke, dass ihm seine Beziehung zu Jenni da zusätzliche Kraft verleiht. Natürlich ist es für mich wichtig zu wissen, wie Kimi auch abseits des Trainings funktioniert. Also sorgen wir für Abwechslung: Wenn der ernsthafte Teil vorbei ist, dann spielen wir Funsportarten, vielleicht ein wenig Tischtennis oder Pool-Billard, essen etwas Leckeres oder hängen einfach ein wenig zusammen ab."

Steve Robertson (Manager): "Als Kimi 2001 zu Sauber wechselte, gab es viele Spekulationen, ob er der Richtige sein würde. In der Formel Renault musste er höchstens dann einmal ein Interview geben, wenn er ein Rennen gewonnen hatte. Kein Wunder also, dass ihn das Medienaufkommen in der Formel 1 zunächst einmal überwältigte. Ich glaube aber, dass Journalisten ihn heute durchaus als Gesprächspartner schätzen, weil Kimi ein bescheidener, angenehmer Mensch geblieben ist, der sich selbst nicht ständig in den Mittelpunkt stellt."

Manager: Kimi ist "schonungslos offen"

"Für mich als sein Manager ist es leicht, mit ihm zu arbeiten, weil er stets schonungslos offen ist und so Missverständnissen aus dem Weg geht. Im Gegensatz zur Anfangszeit seiner Karriere hat er sich kaum verändert. Wir hatten schon immer ein sehr gutes Verhältnis zueinander, Kimi lebte sogar fast ein Jahr im Haus meiner Familie. Uns verbindet also ein starkes Band und großes, gegenseitiges Vertrauen. Ich habe auch noch nie einen anderen Menschen mit einem so großen Siegeswillen getroffen, egal ob auf der Piste, beim Laufen oder beim Training mit Mark Arnall. Kimi will immer gewinnen und der Beste sein, egal, was er gerade tut."

Norbert Haug (Sportdirektor Mercedes): "Ich glaube, dass Kimi in seiner Zeit bei McLaren-Mercedes ein großes Stück reifer geworden ist - wenn auch außer Frage steht, dass er vom ersten Augenblick seiner Formel-1-Karriere, vom ersten Tag bei Sauber an, bereits großes Talent zeigte. Ich erinnere mich, dass ich ihn bei seinem ersten Formel-1-Rennen in Melbourne beobachten konnte. Immer wieder leuchteten damals die grünen Lichter für schnelle Sektorenzeiten auf - verblüffend bei einem Fahrer mit so wenig Erfahrung."

"Einige Rennen später hatte ich in Imola die Möglichkeit, mit ihm zu sprechen, und im Gegensatz zu dem, was ich vorher gehört hatte, erschien er mir als sehr aufgeschlossener, positiver Typ mit einer guten Portion Humor. Und dieser Eindruck hat sich bis heute nicht geändert. Kimi ist extrem auf seine Aufgabe fixiert, er hat ein großes Kämpferherz und vor allem ist er auch ein loyaler Mannschaftsspieler. Selbst während der Phase, als wir in dieser Saison eine Reihe Probleme hatten, strahlte er stets Zuversicht aus und stellte sich immer vor das Team. Er unterstützt uns und wir unterstützen ihn und ich bin überzeugt, dass unsere Partnerschaft noch viele Früchte tragen wird."

Schon als Kind wollte Räikkönen immer der Beste sein

Paula Räikkönen (Mutter): "Schon als kleiner Junge wollte Kimi immer der Beste sein. Egal, bei welchem Sport, immer gab er alles, um Erster zu werden. Ob er nun Eishockey spielte oder Fußball, ob er im Schulsport auf der Tartanbahn rannte oder im Winter beim Skilanglauf in der Loipe unterwegs war, seine Zielsetzung war stets dieselbe."

"Ich glaube, Kimi war etwa acht Jahre alt, als er mich einmal umarmte und sagte: 'Mama, eines Tages werde ich Weltmeister sein. Ich weiß heute noch nicht, in welcher Sportart, aber ich werde Weltmeister sein!' Und nicht nur im Sport war Kimi äußerst ehrgeizig. Auch handwerklich war er sehr geschickt. Wenn er zum Beispiel etwas aus Holz bastelte, dann mit großer Geduld, bis er mit dem Resultat hundertprozentig zufrieden war. Schade, wir hätten auch davon Fotos machen sollen."

"In der Schule interessierte sich Kimi dann auch ausschließlich für Sport und fürs Basteln. Wenn er sich konzentrierte, dann hatte er zwar auch keine Probleme mit Mathe oder anderen Fächern, aber meist galt all sein Ehrgeiz den Fächern, in denen er seine größte Kompetenz sah. Kimi war schon immer ein Gewinnertyp. Schon als kleiner Junge rang er häufig mit seinem zwei Jahre älteren und zwanzig Zentimeter größeren Bruder Rami und meist gewann Kimi dann auch."

Die frisch angetraute Gattin Jenni über ihren Kimi

Jenni Dahlman-Räikkönen (Ehefrau): "Wenn etwas schief läuft am Rennwochenende, dann zieht sich Kimi zunächst ins Motorhome zurück. Niemals aber nimmt er seinen Ärger mit nach Hause. Wenn wir die Rennstrecke verlassen und dann im Auto oder Flugzeug sitzen, dann bringt Kimi es kurz und knapp auf den Punkt: 'Es lief diesmal einfach nicht!' Das aber war es dann auch schon und er denkt sofort ans nächste Rennen und wie er es besser machen kann."

"Natürlich kann ich an seinem Gesicht ablesen, wenn er unzufrieden ist. Niemals aber würde er diese Unzufriedenheit an mir auslassen, er ärgert sich einfach nur über sein Pech. Er mag es dann gar nicht, wenn ihn alle unablässig damit löchern, was schief gelaufen ist, wie er sich fühlt und wo denn das Problem liegen könnte. An seinem Blick erkenne ich dann, wie sehr ihn das irritiert."

"Ich wünschte mir manchmal sogar, dass Kimi mir sagt, was er fühlt, wenn das Rennen schlecht gelaufen ist. Ich vermute, dass es dann unter seinem Helm ganz schön brodelt. Wenn er aber schließlich ins Motorhome kommt, würde er niemals aus Wut zum Beispiel etwas durch den Raum schmeißen. Allenfalls schlägt er vielleicht die Tür etwas lauter zu - das war es dann aber auch schon."