• 30.10.2004 14:14

Coulthard und die Krux mit dem runden Leder

Im Gegensatz zu Hobbykicker Michael Schumacher hat David Coulthard mit dem Fußball noch nie viel anfangen können

(Motorsport-Total.com) - Im vergangenen Juni hat David Coulthard an der portugiesischen Algarve Urlaub gemacht. Dabei kam er am Fußball-EM-Fieber nicht vorbei: In Faro saß er auf der Tribüne, als die Niederlande Schweden erst im Elfmeterschießen eliminierten. Für den Formel-1-Piloten handelte es sich dabei aber mehr um einen zufälligen Gastbesuch als um leidenschaftliches Fußballfieber.

Titel-Bild zur News: David Coulthard

David Coulthard im Juni beim Viertelfinale der Fußball-EM in Portugal

Der Schotte, trotz seiner Herkunft beim besten Willen kein Fan des runden Leders, schaute sich das Spiel mit einigen Freunden an, hatte aber mit Dingen wie der Abseitsregel seine liebe Not. Dazu steht er auch: "Ich weiß nicht viel über Fußball. Es ist nicht so, dass ich es nicht mag. In der Schule habe ich sogar selber gespielt. Aber ich habe auch mit elf Jahren mit dem Rennfahren begonnen und wenn du dich so früh einer Sache widmest, dann wird das automatisch deine Leidenschaft, dein Ziel."#w1#

Coulthard lebte immer nur für den Motorsport

Coulthard sieht sich selbst als klassisches Beispiel für die Spezialisierung im Sport, da er sich von seiner Kindheit an voll und ganz dem Rennfahren verschrieben hat. Gerade in der Formel 1 ist das nicht immer so: Jackie Stewart war ein hervorragender Tontaubenschütze, Nigel Mansell gilt noch immer als erstklassiger Golfer, Alexander Wurz war vor Jahren BMX-Weltmeister und Michael Schumacher spielt ab und zu in der dritten Liga der Schweiz Fußball.

Dass er nie so viel Zeit für Fußball hatte, bereut "DC" aber nicht: "Ich hatte in meinem Leben und mit der Familie, in die ich hineingeboren wurde, unglaubliches Glück. Ich möchte meine Eltern nicht als die besten Eltern der Welt darstellen, aber sie waren immer sehr geradlinig. Ich kannte die Regeln des Lebens und meine Eltern haben diese gleich bleibend angewendet. Auch meine Karriere haben sie immer unterstützt. Ich wusste zu jeder Zeit, was ich tun muss, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Das war sehr unkompliziert."

Das Einzige, was ihn manchmal sehnsüchtig auf andere Sportarten wie Fußball blicken lässt, ist die Tatsache, dass in der Formel 1 so viel politisiert wird: "In der Formel 1 ist das Leben ganz schön kompliziert. Es gibt so viel Politik und ich weiß manchmal nicht so recht, was ich mit dieser Industrie anstellen soll. Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen." Im Fußball steht hingegen der Mensch im Mittelpunkt, und die Klubs haben als einziges Ziel sportlichen Erfolg.

Immer wieder Kontakte zu prominenten Fußballprofis

Im Laufe seiner Karriere hat sich der 13-fache Grand-Prix-Sieger darüber oft mit Fußballprofis unterhalten können, denn immer wieder lassen es sich prominente Kicker nicht nehmen, als Stargäste bei einem Grand Prix zu erscheinen. Brasiliens Legende Pele hat zum Beispiel 2002 das Rennen in Interlagos mit der schwarz-weiß karierten Flagge beendet, seine Landsmänner Ronaldo und Roberto Carlos waren bereits in Monaco und Barcelona - eine Liste, die man fast endlos fortsetzen könnte.

"Ich habe während meiner Karriere in der Formel 1 einige Fußballer getroffen und schaue mir auch gelegentlich ein Spiel im Fernsehen an, aber beim Namen kenne ich nur die bekannten Stars", so Coulthard. "Wann immer ich auch als Erwachsener Fußball gespielt habe, habe ich mich am nächsten Tag gefühlt, als hätte mich ein Bus überfahren, denn obwohl ich für meinen Job fit sein muss, sind für die explosionsartigen Energieausbrüche im Fußball ganz andere Muskeln notwendig."

Charity-Match endete mit überstrapazierten Sehnen

Vor Jahren hat sich der 33-Jährige sogar dazu überreden lassen, an einem Charity-Match teilzunehmen, doch nach den 90 Minuten humpelte er mit völlig überlasteten Sehnen vom Platz - eine Folge der harten Stollenschuhe, mit denen er sich nicht anfreunden konnte. Seither sagt der Frauenschwarm auch Michael Schumacher meistens ab, wenn der Deutsche zu seinen Spielen für die 'UNICEF' einlädt, bei denen fast immer auch Giancarlo Fisichella dabei ist.

Für Fußballprofis hat Coulthard "große Bewunderung" übrig, er selbst träumte aber auch als Kind nie von einer solchen Karriere. Nur beim Fußballklub in seiner Heimat wagte er einige Gehversuche auf dem grünen Rasen: "Ich bin immer zu Queen of the South gegangen, wenn sie in Dumfries gespielt haben. Da war ich immer mit Allan McNish beisammen, als wir noch Jungs waren." Da beide 2005 wohl nicht in der Formel 1 fahren werden, hätten sie dafür wieder mehr Zeit...

Formel 1 und Fußball sind für den McLaren-Mercedes-Piloten zwei komplett verschiedene Dinge: "Wenn ein Mann daheim einen Fußball schießt, dann denkt er sich, 'Ja, das ist schwierig', aber er hat einen Bezug dazu, was auf dem Platz passiert. Für den Mann auf der Straße ist es schwierig, denselben Bezug zur Formel 1 herzustellen. Er kommt bei dem Gedanken an die Formel 1 ins Schwärmen - genau so, wie es mir ergeht, wenn ich an Astronauten denke."

Formel 1 ist ein "unerreichbarer und exklusiver" Klub

Fußball falle in die Kategorie "Ich hätte das auch machen können", so Coulthard, während der Durchschnittsbürger seiner Meinung nach die Formel 1 als "unerreichbaren und exklusiven" Klub betrachtet. Genau das, da sind sich alle einig, macht die Königsklasse des Motorsports aber so faszinierend. Schließlich sind Schumacher und Co. auch in Ländern bekannt, die selbst nicht in der Formel 1 aktiv sind, während Fußball doch sehr stark vom regionalen Bezug lebt.

Abschließend tischte Coulthard noch eine Fußball-Anekdote auf: "Ich war vor ein paar Jahren beim Finale der Champions League in Barcelona, wo Manchester United und Bayern München gegeneinander gespielt haben. Ein paar Minuten vor Schluss war eigentlich alles gelaufen, aber ich musste zu einem 'RTL'-Interview. Just als ich hinter dem Stadion ins Studio ging, fielen die beiden Tore. Ich saß also 90 Minuten dort, um die entscheidenden Tore zu verpassen! Manchmal wissen die Leute gar nicht, was für Opfer ich für meine Sponsoren erbringen muss."

Fußballprofi, das steht fest, wird David Coulthard keiner mehr. Zwar hätte er theoretisch Zeit, sich einer neuen Aufgabe zu widmen, schließlich steht er noch ohne Job für kommende Saison da, aber falls sich tatsächlich keine Chance in der Formel 1 auftun sollte, wird er sich wohl am ehesten seinem Hotelbusiness widmen. Oder er geht öfter auf den Golfplatz, denn genau wie einst Nigel Mansell liebt auch der Schotte die kleinen Bälle mehr als die großen...