• 13.03.2015 09:17

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Kampf dem Pleitegeier: Drei Konzepte, keine Lösung

Während Red Bull für Kundenautos plädiert, will Williams Teams mit drei Wagen sehen, sofern sie nicht selbst dazugehören - "Core-Cars" schmecken beiden nicht

(Motorsport-Total.com) - Seit einigen Jahren wird vor dem Hintergrund der Probleme kleiner und inzwischen mittelgroßer Teams über eine Revolution des Formel-1-Systems philosophiert und diskutiert. Damit nicht nur mehr Mannschaften um Grand-Prix-Siege kämpfen, sondern überhaupt in der Lage sind, an der Weltmeisterschaft teilzunehmen, stehen vier Optionen im Raum: Kundenautos, Drei-Wagen-Teams, das so genannte "Core-Car"-Konzept oder es bleibt alles beim Alten. Christian Horner und Claire Williams sind sich uneinig.

Titel-Bild zur News: Charles Pic, Giedo van der Garde, Heikki Kovalainen, Adrian Sutil

Bald alles Einheitsbrei? Die Formel 1 steuert auf eine ungewisse Zukunft zu Zoom

Allerdings weniger darin, was sie davon halten, dass sich Privatteams wie Sauber, Force India und Lotus zusammenschließen, um eine gemeinsame Plattform für ihren Boliden zu entwickeln, die sie dann individuell mit Updates aufrüsten. "Teams bauen eigene Chassis und messen sich Sonntag für Sonntag damit. Wenn man das wegnimmt, verändert man den Grundcharakter des Sports", beklagt Williams, räumt aber ein: "Das muss man, wenn nicht riskieren will, dass sich die Startaufstellung leert."

Williams ist gesprächsbereit, weil Grands Prix mit zehn Autos für ein Unternehmen, das sein Geld mit der Formel 1 verdient, nicht infrage kommen. Der Werbewert würde zu stark fallen. Trotzdem schmeckt der Co-Teamchefin die Idee nicht: "Was unterscheidet uns von anderen Serien, wenn sich ein Chassis bei einem Hersteller kaufen lässt?" Das Entwicklungsrennen und der Wettbewerb der Ideen seien Dinge, die die Menschen faszinieren. "Deshalb sind Konstrukteure für uns wichtig, dass wir keine Einheitsserie sind."

"Core-Car"-Konzept: Zu teuer, zu riskant

Horner lehnt die Idee nicht aus philosophischen, sondern aus praktischen Gründen ab: "Die Kosten für das Chassis sind verglichen mit der Entwicklung der Aerodynamik relativ klein", bemängelt der Red-Bull-Teamchef im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Diese würden Sauber, Force India, Lotus und Co. aber selbst betreiben, um unterschiedlich aussehende und unterschiedlich schnelle Boliden zu haben. Kritiker behaupten, die ablehnende Haltung entstamme der Angst, ernsthafte Konkurrenten zu bekommen.

Christian Horner

Christian Horner ist Feuer und Flamme für Kundenautos Zoom

Darauf angesprochen schüttelt Horner mit dem Kopf: "Ich sehe es nicht als Risiko, ich sehe es als Schritt zur Einheitsserie, weil einer nach dem anderen in diese Kategorie fallen wird. Es endet mit einer zweigeteilten Formel 1." Er erinnert an seine Formel-3-Zeit Mitte der Neunzigerjahre, als Reynard und Ralt die Platzhirsche im Chassisbau waren. Bis Dallara kam und eine Wunderwaffe im Gepäck hatte. Die anderen verschwanden erst von der Bildfläche und dann in der Versenkung, sie gingen Pleite.

Horner ist klar, dass im Motorsport meistens nur die Sieger überleben. "Die Gefahr ist, dass man an den Punkt kommt, an dem es zwei Hersteller gibt, wie es in den USA passiert ist. Dann sind es erst zwei und irgendwann ist es einer." Der Red-Bull-Teamchef bemängelt außerdem, dass ihm das "Core-Car"-Konzept niemand im Detail vorgestellt hätte. Trotzdem wagt er die Prognose: "Ich würde behaupten, dass Kundenautos mit stabilem Reglement potenziell kosteneffizienter sind." Es ist eine bekannte Position.


Fotostrecke: Legendäre Formel-1-Teams a. D.

Kundenautos: Geldsegen auch für die großen Teams

Zwar gibt es zu diesem seit Jahren durch das Paddock schwirrenden Modell ebenfalls so gut wie keine Einzelheiten, dennoch hält Horner es für ausgereift. Insbesondere aus Sicht der Platzhirsche. "Wir haben am Ende eines Jahres einen Lagerbestand", sagt er. Ein Topteam baut im Jahr fünf Chassis, die meisten werden nach Ende ihrer Dienstzeit nur noch zu Showzwecken verwendet oder sind totes Kapital. "Es wäre nur sinnvoll, sie an Teams am anderen Ende des Feldes zu geben", argumentiert Horner.

Die "Kleinen" könnten sich darauf konzentrieren, Rennteam zu sein und müssen nicht designen, produzieren, Crashtests bestehen und vieles mehr, was Geld kostet. "Alles für ein Auto, das sowieso nicht konkurrenzfähig ist", merkt Horner mit Blick auf Teams wie HRT oder Caterham an, die in der jüngsten Vergangenheit untergingen. Neu ist die Idee nicht. Beispiel: Als er zu Beginn der Siebzigerjahre in die Formel 1 kam, kaufte sich Frank Williams seine Autos zunächst bei Brabham und später bei March.


Fotos: Großer Preis von Australien


Drei-Auto-Team: Williams findet's klasse - und wäre fein raus

Seine Tochter glaubt, dass sich das nicht vergleichen lässt und lehnt den Kundenauto-Vorschlag ab: "Frank konnte sich damals nicht sein eigenes Team leisten, also kaufte er die Chassis. Jetzt sind die Regeln ganz andere. Wenn wir zu wenig Starter haben, dann muss das dritte Auto kommen. Williams würde das unterstützen." Auch, weil es für die Truppe aus Grove eine komfortable Situation ist. Laut der Formel-1-Verträge sind zunächst Red Bull, Ferrari und McLaren gefragt, wenn die Startzahl unter eine bestimmte Marke fällt, die derzeit nicht öffentlich ist.

Claire Williams

Wünscht sich einen flotten Flitzer, kauft aber keinen: Claire Williams Zoom

Egal, welches Konzept letztlich umgesetzt wird oder ob es doch beim Status Quo bleibt - Horner fragt sich, was aus der Konstrukteurs-WM werden soll. "Ist ein Team jemand, der sein eigenes Auto baut oder ist ein Team jemand, der mehrere Elemente kaufen kann?", sinniert der Brite und ergreift für die Wertung Partei: "Sie hat noch immer einen Wert, schließlich werden nach diesem Schlüssel die Einnahmen verteilt. Sie ist Teil des Formel-1-Erbes." Für Claire Williams ist nachhaltigeres Wirtschaften der Schlüssel zu einer gesunderen Formel 1: "Ich will unbedingt einen Ferrari Dino haben. Ich kann mir den aber nicht leisten und deshalb fahre ich keinen."