• 23.09.2004 14:32

Jordan: Ford-Rückzug hat mich "völlig weggeblasen"

Eddie Jordan über den "Ford-Schock" und warum er nur sich selbst die Schuld gibt, dass es seinem Rennstall so schlecht geht

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Wir sind hier in China, in einer außergewöhnlichen Anlage. Kannst du uns etwas über das Geleistete und die Wichtigkeit und Bedeutung des ersten Großen Preises von China erzählen?"
Eddie Jordan: "Ich war, glaube ich, schon einmal um die Weihnachtszeit hier gewesen und war sehr beeindruckt und hatte, ein wenig wie im Fall von Bahrain, so meine Zweifel, ob sie alles rechtzeitig fertig bekommen würden. Was wir hier sehen, ist absolut wahnsinnig, fantastisch, man sollte ihnen so viel wie nur möglich gratulieren, denn es sind die Details, wie die Räumlichkeiten der Teams und die Anlagen hier, die wir sonst nirgendwo haben."

Titel-Bild zur News: Teamchef Eddie Jordan

Jordan will nicht garantieren, dass sein Team 2005 am Start sein wird

"Diese Leute haben den Maßstab gesetzt. Hinzu kommt, dass ich glaube, dass China besonders wichtig ist. Es ist, oder wird, der Marktplatz der Zukunft sein, wir haben drei Sponsoren von hier an Land gezogen, was immer ein gutes Zeichen ist. Es zu schaffen, dass diese Leute zu jemandem wie Jordan kommen, darüber bin ich sehr froh, solange können wir gerne hier in China weitermachen."#w1#

Jordan war von der Ford-Bekanntgabe völlig überrascht

Frage: "Wir hatten vor kurzem einen schwarzen Freitag. Wann hast du die Entscheidung von Ford mitbekommen, mit Jaguar Racing, und insbesondere Cosworth Racing, aus der Formel 1 auszusteigen?"
Jordan: "Nun, meine Situation ist ein wenig anders als bei Jaguar, ich habe die Anweisung, dass ich nur mit Tony Purnell von Jaguar oder Bernard Ferguson von Cosworth sprechen darf, was unsere Beziehung betrifft. Entweder waren sie beschäftigt oder ihre Telefone waren abgeschaltet, ich konnte keinen von beiden erreichen. Aber, um fair zu sein, mir wurde gesagt, dass es ihnen nicht gestattet war, mit mir zu sprechen. Das war also in gewisser Weise eine komplizierte Angelegenheit. Ich war mir nicht sicher was passiert, ich war in einem Meeting und 20 oder 15 Minuten vor 12 Uhr, als die Bekanntgabe gemacht wurde, entstand ein wenig eine Panik, dann sprach Richard Parry-Jones mit mir, er sagte es mir dann."

Frage: "Du hast in den letzten Jahren natürlich eine Menge Geld für Cosworth-Motoren ausgegeben. Denkst du, dass dies ein passender Weg war, dich so als Kunden zu behandeln?"
Jordan: "Nun, du kannst deine eigene Ansicht haben, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie die Leute der Medien wissen müssen. Wenn du 38 Millionen Dollar ausgegeben hast, dann sollte es dir jemand im Voraus gesagt haben, sodass du es deinen Sponsoren und deiner Mannschaft sagen kannst, sodass die News nicht aus dem Nichts auftaucht. Ich weiß es nicht. Jeder geht damit anders um, ich werde aus diesem Grund niemanden stark kritisieren."

Jordan war fest von einer Zukunft mit Ford ausgegangen

"Aber wenn du die Leute über etwas informierst, dann spricht es sich herum, es gibt Lecks, es gibt also für beide Verhalten Argumente. Ich habe mich sehr als einen Teil von Ford gefühlt. Es ist dieser Tage nicht einfach zu gewinnen, das wissen wir alle, und ich habe mit ihnen Rennen gewonnen, auch wenn es in den Augen einiger sehr glückliche Siege waren. Klar hatten wir Glück, aber wir haben ein Rennen für Ford gewonnen, ich habe deshalb das Gefühl, dass die Partnerschaft mit etwas Erfolg auseinander gegangen ist."

"Aber ich bin wirklich, wirklich enttäuscht, denn ich dachte, dass sie ihren Namen verändern werden und dass Jaguar zu Ford werden würde. Tony ist selbst zu unserem Sponsor, Deutsche Post, mit Ford Motorsport gegangen und hat ihnen gesagt, was sie tun werden und das war vor erst zwei Wochen. Tony und ich haben dies beim letzten Rennen diskutiert, sie haben sehr gut über uns und die Verbindung zu Ford geredet. Ich weiß aus diesem Grund nicht, was in diesen zwei Wochen passiert ist, aber es hat mich völlig weggeblasen. Ich hatte keine Ahnung, dass Cosworth und Ford mit Jaguar aussteigen würden. Ich habe Tony geschrieben und gesagt, dass ich für ihn und für seine Mannschaft enttäuscht bin."

Cosworth fordert für 2005 doppelt so viel Geld

Frage: "Du bist natürlich davon ausgegangen, dass du in der kommenden Saison Cosworth-Motoren verwenden wirst. Dahinter steht nun ein sehr großes Fragezeichen. Welche Auswirkungen hat diese Neuigkeit auf die Chance deines Teams, zu überleben?"
Jordan: "Nun, ich denke diese Frage ist berechtigt, bestimmte Dinge mit Ford wird es nun nicht mehr länger geben. Was mich überrascht hat, ist die Tatsache, dass als Richard Parry-Jones mit mir sprach, er mir einen Hoffnungsschimmer gab, als er sagte 'Tony wird morgen oder wann immer es möglich ist, mit dir sprechen, um sich zusammen zu setzen'. Ich wollte sofort mit Tony sprechen, denn er machte mir ein wenig Hoffnung und sagte 'Ich denke, dass es vielleicht etwas gibt, das wir tun können, um dich mit Cosworth auszurüsten'."

"Als ich mit Tony sprach, da war Cosworth tatsächlich bereit, den Preis für die Motoren zu verdoppeln, weil Ford nicht mehr länger Geld in die Entwicklung des Motors stecken kann. Die gute Nachricht war also, dass uns Cosworth vielleicht einen Motor zu Verfügung stellen kann, aber zu einem Preis, der doppelt so hoch ist wie jener, den wir schon bezahlen. Ich kann nicht sehen, wie dies funktionieren soll."

Frage: "Du wirst dieses Angebot also nicht annehmen?"
Jordan: "Nun, sie haben es noch nicht in Schriftform gebracht. Ich warte sehr auf dieses Papier."

Jordan legt seine Hand für sein Team nicht ins Feuer

Frage: "Was denkst du, wird Jordan in der kommenden Saison in Melbourne auf der Startaufstellung stehen?"
Jordan: "Nun, es ist schwierig, diese Frage zu beantworten, wenn man die Situation realistisch einschätzt. Ich bin ein absoluter Kämpfer, man kann sicherlich sagen, dass der Großteil der privaten Teams dies sind. Wenn man sich anschaut, was letztes Wochenende mit Ford passiert hat, dann stellt dies jegliche Rechtfertigung dar, dass die privaten Teams für die Formel 1 von großer Bedeutung sind, denn wir machen harte Zeiten durch und es war eine harte Zeit für Jordan. Wir hatten unsere guten Zeiten, wir warten gerne auf die Rückkehr dieser Zeiten."

"Ich glaube wirklich, dass die Formel 1 das starke Element private Teams braucht, denn die Hersteller kommen und gehen und die privaten Teams sind die Leute, die die Plattform aufrechterhalten und den Herstellern zur Verfügung stellen. Aber die Grundlage dieser Meisterschaft muss auf der Leistung der privaten Teams basieren, ich werde alles geben, um im kommenden Jahr auf der Startaufstellung in Australien zu stehen. Aber kann ich etwas garantieren? Ich bin nicht in der Lage, im Moment darüber zu diskutieren. Aber mit Sicherheit werde ich nicht ohne einen großen Kampf untergehen."

Jordan kritisiert Ecclestone-Kommentare

Frage: "Du hast gesagt, dass die Formel 1 die privaten Teams braucht, aber Bernie Ecclestone stimmt dir da nicht zu. In einem Radio-Interview hat er gestern gesagt, ich zitiere: 'Die Marke Formel 1 ist groß genug, um all diese Dinge zu überstehen, Tatsache ist, dass es wohl noch besser werden wird. Drei Autos von allen Top-Teams und wir haben 20 sehr konkurrenzfähige Autos'. Denkst du, dass es sehr hilfreich war, diese Ansicht zu veröffentlichen, wenn Teams wie Jaguar, Jordan und Minardi zum Verkauf stehen?"
Jordan: "Ich bin mir sicher, dass er seine eigene Ansicht hat, aber man muss das nüchtern sehen, bevor man nicht mit ihm gesprochen hat, was er damit meint. Aber wie kann man eine Mannschaft formen und motivieren, wenn man solche Kommentare vom Leiter seiner Meisterschaft hört? Wenn du mit einem Sponsor sprichst, dann ist es sehr leicht für ein anderes Team zu kommen und zu sagen ' Schau, ihr habt gehört, was er gesagt hat, warum sich Sorgen machen und bei Jordan sein, kommt doch zu uns', das gleiche gilt für die Mannschaft."

"Aber ich bin mir sicher, dass Bernie etwas in petto hat, wodurch er uns vielleicht zu helfen versucht, ich würde mir nur wünschen, dass dies für uns etwas offensichtlicher wäre. Er hat dies gesagt, es ist das, an das er glaubt, er ist ein sehr direkter Kerl. Ich sehe es anders. Ich glaube, dass es einen Platz für die privaten Teams gibt. Ich glaube, dass wir so viel Unterstützung wie nur möglich brauchen. Man muss daran denken, dass wir in diesem Geschäft sehr gut gearbeitet haben, denn die meisten Leute sind noch die gleichen wie vor 20 Jahren. Auf dieser Basis widmen wir unsere Karrieren und unser Leben diesem Sport. Er war sehr gut zu uns, aber wenn es Ärger gibt, dann muss man tief graben und im Moment müssen wir tief graben."

Jordan sieht Trend zu mehr Überseerennen

Frage: "Kommen wir zu dieser Strecke. Wie du schon gesagt hast, stellt sie einen neuen Maßstab dar. Aber wie sollte man die Balance halten, auch die Strecken zu unterstützen, die die Formel 1 in den letzten 30 oder 40 oder 50 Jahren unterstützt haben, die man aus Gründen der Tradition erhalten möchte?"
Jordan: "Man muss sicher stellen, dass man einen Maßstab hat, wie die Latte beim Hochsprung, und dies ist nun der höchste Punkt, dies ist die Weltmeisterschaft. Bahrain, Malaysia sind sehr gute Rennen. Die genießen wir natürlich alle. Aber, was im Moment passiert, ist leider die Tatsache, dass die Übersee-Rennen im Moment deutlich besser wegkommen und es mehr Aufregung um sie gibt. Die Leute reden über sie und dies ist ein großes Rennen. Nicht viele Leute wussten, was sie erwarten wird. Die Stadt, was sie in den letzten 10 Jahren gebaut haben, ist einfach phänomenal."

"Im kommenden Jahr werden wir in die Türkei gehen und es wird über ein Rennen in Nordafrika oder eines in Russland gesprochen. Man kann sehen, was passiert. Dort gibt es Geld, dort ist ein größerer Wunsch für diese Art von Geschäft und wenn Unterstützung und Wunsch zusammenkommen, dann passiert es eben. Ich gehe davon aus, dass es weitere Übersee-Rennen geben wird, denn diese Länder sehen, dass ein großer wirtschaftlicher Wert dahinter steckt."

"Die Leute in Europa langweilen sich vielleicht ein wenig oder ermüden, vielleicht gibt es auch zu viele andere sportliche Themen wie Fußball, Rugby oder Golf, was weiß ich. In China und diesen anderen Städten ist dies vielleicht die größte Sportveranstaltung in ihrem Kalender in jedem Jahr, sie stellen aus diesem Grund sicher, dass sie alles tun, um die volle Anerkennung und Wertschätzung dafür zu erhalten."

Eddie Jordan übt Kritik ans ich selbst

Frage: "Wenn aber so viel Geld im Sport steckt und so viel Verlangen für mehr Rennen vorhanden ist, warum ist es dann für die kleineren Teams so schwierig, genügend Geld zu finden, um in der Formel 1 überleben?"
Jordan: "Das Problem der kleinen Teams ist nicht das Problem von irgendjemand anderem, es ist ihr eigenes Problem. Ich bin es, es ist meine Verpflichtungen gegenüber dem Jordan-Team, den kommerziellen Weg zu finden, um konkurrenzfähig zu sein. Das war vielleicht in den vergangenen Jahren einfacher, dafür kann man die Automobilhersteller nicht wirklich beschuldigen. Sie können ausgeben was sie wollen. Es ist ihr Geschäft. Es gibt keine Beschränkung, man kann darüber argumentieren ob es richtig ist, dies so zu tun. Man kann den Leuten keine Restriktionen auferlegen, was sie ausgeben wollen. Wir leben in einer Demokratie."

"Ich bin daran gescheitert, in der Lage zu sein, die richtigen Sponsoren für mein Team anzuziehen. Aber das Team muss profitabel sein, ansonsten wird man insolvent und man kann daran zu Grunde gehen. Der Unterschied ist, dass es ein Budget gibt, wenn man ein Hersteller ist. Wenn das Team Geld verliert - es ist kein Geheimnis, dass die meisten Teams, wenn nicht alle Teams, Geld verlieren - dann hat man als Hersteller die Möglichkeit, Kosten gegen andere Dinge aufzurechnen, das ist deren Glück."

"Wenn man nicht in einer privilegierten Position ist, dann ist es so wie das Leben spielt und so ist es nun einmal bei den Automobilhersteller-Teams und den privaten Teams. Es gibt im Moment nicht genügend Geld, um über die Runden zu kommen, es gibt vielleicht andere Sportarten, die mittlerweile assertiver sind, die Parameter haben sich verändert und wir müssen nun einen neuen Weg finden, um zusätzliches Geld zu bekommen. Das ist unsere Fehler und nicht der Fehler anderer."

Jordan hätte sich mehr PS von Cosworth gewünscht

"Jaguar hat in diesem Jahr nicht die gewünschte Leistung gebracht und ich denke, dass jeder, mit dem größten Respekt, sich mehr Leistung vom Motor erwartet hatte. Was uns angeht, so lagen wir zu weit hinter den großen Jungs zurück. Ich weiß nicht, ob dies die Investitionen sind, die Ford als Teil der Vereinbarung in den Motor hätte stecken sollen. Es ist klar, dass jede zusätzlichen 10 PS 0,15 Sekunden pro Runde bringen, wenn man dies mit 10 oder 14 oder was auch immer multipliziert, dann ist die Geldsumme, die von den großen Motorenherstellern investiert wird, atemberaubend."

"Vielleicht ist dies also nicht alleine der Fehler von Ford. Es ist sehr einfach, hier zu sitzen, mit dem Finger zu zeigen und alle zu beschuldigen. Aber schlussendlich ist es immer das gleiche. Du musst dich selbst im Spiegel anschauen und sagen ' Ich habe einen miesen Job gemacht, ich habe das Geld nicht gefunden'. So ist es, Ende der Geschichte."

Jordan will bis zum Umfallen kämpfen

Frage: "Jaguar muss bis Mitte November eine Entscheidung bezüglich des Verkaufs des Teams getroffen haben. Viele Zeit hast du? Wann gibt es kein zurück mehr für die kommende Saison?"
Jordan: "Nun, ich treffe meine eigenen Entscheidungen. Ford kann Entscheidungen in ein paar wenigen Minuten treffen, ich denke, dass ich das gleiche tun kann. Auf dieser Basis habe ich die Absicht, in Adelaide oder, wo ist es? Melbourne, ja. Gott segne Adelaide! Ich kann nur sagen, dieses Geschäft sorgt im Kopf für Durcheinander. Warum sollte ich heute eine Entscheidung treffen, wenn ich diese Entscheidung nicht zu treffen habe? Ford hat die Entscheidung getroffen. Ich werde alles Mögliche tun. Ich habe das Gefühl, dass Jordan ein würdiges Mitglied der Formel 1 ist und möchte solange mitmischen, bis es erwiesen ist, dass dies nicht mehr der Fall ist. Ich werde alles tun, was ich nur tun kann. Ich werde aus diesem Grund keine Antwort geben, ich kann diese Frage nicht beantworten. Ich werde so lange kämpfen, wie ich nur kämpfen kann."