Ist die Fahrer-WM 2005 bereits entschieden?

'F1Total.com'-Experte Marc Surer, Patrick Head und unsere Leser sind sich einig: Trotz Alonsos Vorsprung ist die WM noch nicht entschieden

(Motorsport-Total.com) - 32 Punkte trennen WM-Leader Fernando Alonso derzeit von seinen nächsten Verfolgern Kimi Räikkönen und Jarno Trulli. Das Ausmaß dieses Vorsprungs lässt viele Experten zu der Prognose tendieren, dass zumindest eine Vorentscheidung in der Vergabe um den Titel bereits gefallen sein könnte. Allerdings gehen die Meinungen diesbezüglich durchaus auseinander.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen vor Fernando Alonso

Hat Kimi Räikkönen am Ende des Jahres seine Nase vor Fernando Alonso?

'F1Total.com'-Experte Marc Surer ist sich beispielsweise sicher, dass Räikkönen sein Punktemanko unter Umständen noch wettmachen kann: "Ich glaube, dass die Weltmeisterschaft noch offen ist, denn man muss davon ausgehen, dass Alonso auch irgendwann einmal ein Problem haben wird", so der 81-fache Grand-Prix-Teilnehmer. "Dann sind auch bei ihm acht oder zehn Punkte weg. Die Saison ist noch zu lang, da kann noch viel passieren."#w1#

Speed spricht für Räikkönen, Punktesystem für Alonso

"Wenn einer wirklich ein schnelleres Auto hat - und das hat Kimi, außerdem ist er selbst stark drauf -, von dem er weiß, dass man normalerweise gewinnt, wenn man durchfährt, kann er sich durchaus noch Chancen ausrechnen", analysiert Surer weiter. "Alonso muss nur noch punkten. Er muss nicht mehr angreifen, keine Rennen gewinnen. Das kann ihn auch zu einer defensiven Fahrweise verleiten, denn er kann es sich leisten, auch mal zwei Punkte gegen Kimi abzugeben. Er darf nur nicht ausfallen."

Eine Milchmädchenrechnung gibt dem Schweizer Recht: Selbst wenn Räikkönen ab Montreal alle Rennen gewinnt, kann er aus eigener Kraft nicht mehr Weltmeister werden, sondern er wäre auf Schützenhilfe von anderen Piloten angewiesen. In diesem - ohnehin äußerst unwahrscheinlichen - Fall, würden Alonso 89 Punkte aus den verbleibenden zwölf Rennen reichen, was umgerechnet neun zweiten, zwei dritten und einem vierten Platz entspricht.

Surer kritisierte in diesem Zusammenhang auch das nicht unumstrittene Punktesystem, welches eher Zuverlässigkeit als Siege belohnt. Nach dem früheren Verteilungsschlüssel hätte Räikkönen seinen derzeitigen Rückstand innerhalb von acht Rennen aus eigener Kraft aufholen können, wohingegen 2005 deren 16 nötig sind. Für unseren 'F1Total.com'-Experten ist daher klar: "Das Punktesystem spricht eindeutig für Alonso. Ich finde sowieso, dass das Punktesystem totaler Schwachsinn ist."

'F1Total.com'-Leser sehen noch Chancen für Räikkönen

Die 'F1Total.com'-Leser teilen die Meinung des 53-Jährigen übrigens: Eine nach dem Rennen am Nürburgring erhobene Umfrage mit fast 4.000 abgegebenen Stimmen ergab, dass nur 20,91 Prozent der deutschsprachigen Formel-1-Fans die Weltmeisterschaft schon als zu Alonsos Gunsten entschieden betrachten. 56,16 Prozent sehen bei Räikkönen noch Chancen, 9,71 Prozent bei Michael Schumacher. Beachtliche 13,22 Prozent trauen einem anderen Fahrer eine Überraschung zu.

Für Patrick Head, 30-Prozent-Teilhaber von WilliamsF1, riecht es derzeit stark nach Alonso, "aber zwölf noch zu fahrende Rennen sind ganz schön viel. Der McLaren war in den letzten vier Rennen eine Klasse für sich. Ich sehe keinen Grund, warum sich daran allzu schnell etwas ändern sollte. Ich glaube, dass es ein halbwegs offenes Rennen zwischen Renault und McLaren gibt, und ich hoffe natürlich, dass das BMW WilliamsF1 Team da auch bald mitmischen wird", so der Brite.

"Ich finde aber eines komisch: Einerseits beschweren sich die Leute darüber, dass die Formel 1 so vorhersehbar ist, aber andererseits scheinen alle ein Verlangen zu verspüren, definitive Vorhersagen zu machen - und das nach erst sieben von 19 Rennen", erklärt Head im zweiten Teil des exklusiven Interviews mit 'F1Total.com', welches am morgigen Freitag in voller Länge veröffentlicht wird.