Ist das neue Punktesystem wirklich gerecht?

Weil Schumacher trotz seiner Seriensiege in der Weltmeisterschaft nur knapp führt, stellen wir das neue Punktesystem in Frage

(Motorsport-Total.com) - Als Michael Schumacher 2002 schon sechs Rennen vor Schluss seinen fünften WM-Titel fixierte, ergriffen die Formel-1-Verantwortlichen Maßnahmen, um so eine einseitige Saison nie wieder zustande kommen zu lassen. Ergebnis war ein neues Punktesystem, das seit vergangenem Jahr angewendet wird, jetzt aber erstmals in Frage gestellt wird.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Schumachers Leistungen werden durch das Punktesystem geschmälert

Auslöser der Debatte ist - kurioserweise - die erneute Dominanz Michael Schumachers, der auf Ferrari sieben der acht bisherigen Rennen gewonnen und trotzdem nur 16 Punkte Vorsprung auf seinen Teamkollegen Barrichello hat. Bei einem Ausfall und einem fünften Platz des WM-Führenden in den kommenden beiden Rennen und zwei gleichzeitigen Barrichello-Siegen würde es schon nach dem Grand Prix von Frankreich am 4. Juli einen Punktegleichstand geben.#w1#

2003 offener Titelkampf wegen des neuen Systems

Eine ähnliche Situation ist im Vorjahr eingetreten, als McLaren-Mercedes-Pilot Kimi Räikkönen dank seiner Zuverlässigkeit den Titelkampf bis zum letzten Rennen offen halten konnte und letztendlich nur um zwei Zähler an der Weltmeisterschaft vorbeischrammte. Damals gewann der Finne nur den Grand Prix von Malaysia, während Schumacher gleich sechsmal triumphierte. 2004 könnte jedoch durch das neue System eine weitaus extremere Situation eintreten.

Theoretisch ist sogar möglich, dass Schumacher dieses Jahr mit 13 Saisonsiegen einen Weltrekord aufstellt und trotzdem Barrichello ohne einen einzigen Grand-Prix-Erfolg Weltmeister wird. Bei 13 Siegen und fünf Ausfällen käme Schumacher auf 130 Punkte, während Barrichello dank seiner zweiten Plätze 134 Zähler gutgeschrieben bekäme. Eine solch massive Diskrepanz kann kaum im Sinne des Sports sein, auch wenn es grundsätzlich lobenswert ist, Zuverlässigkeit zu belohnen.

Somit ist es auch kaum verwunderlich, dass in Fahrerkreisen der Ruf nach dem alten System immer lauter wird. Sogar Schumacher selbst, in solchen Fragen in der Regel sehr diplomatisch, erklärte gestern unverblümt, dass er sich "ein neues Punktesystem" wünscht - und bekam Rückendeckung von Mark Webber: "Ich habe es geschätzt, als nur die besten Sechs Punkte bekommen haben, denn so war es schließlich die letzten 1.000 Jahre über..."

Nach altem System hätte Glock in Montreal nicht gepunktet

Der Jaguar-Pilot war durch seinen fünften Platz im Minardi beim Australien-Grand-Prix 2002 auch der bisher letzte Formel-1-Neuling, der gleich bei seinem Debüt gepunktet hat. Mit diesem Attribut darf sich nun Timo Glock schmücken, der mit seinem Jordan letztes Wochenende in Kanada nur Elfter wurde, durch die Disqualifikation von vier Fahrzeugen aber auf Platz sieben nach vorne rutschte und dank des neuen Punktesystems zwei Zähler erbte - genau wie Webber damals für Platz fünf.

Eine neuerliche Änderung zurück auf die Regelung vom Stand von 2002 ist derzeit aber nicht wahrscheinlich, weil speziell die kleinen Teams Einwände dagegen haben, die bei der alten Verteilung nach dem Schema 10-6-4-3-2-1 anstelle des jetzt gültigen 10-8-6-5-4-3-2-1-Formats wohl kaum Chancen hätten, überhaupt in die Punkte zu fahren, was sich bei Verhandlungen mit potenziellen Sponsoren natürlich nicht gut macht.

Fahrer (Punkte neu/alt):
M. Schumacher (Ferrari) - 70/70
R. Barrichello (Ferrari) - 54/38
J. Button (BAR-Honda) - 44/29
J. Trulli (Renault) - 36/24
F. Alonso (Renault) - 25/13
J. Montoya (BMW-Williams) - 24/15
R. Schumacher (BMW-Williams) - 12/4
G. Fisichella (Sauber-Petronas) - 10/4
T. Sato (BAR-Honda) - 8/4
D. Coulthard (McLaren-Mercedes) - 7/2

Teams (Punkte neu/alt):
Ferrari - 124/108
Renault - 61/37
BAR-Honda - 52/33
BMW-Williams - 36/19
Sauber-Petronas - 15/6
McLaren-Mercedes - 12/4
Jordan-Ford - 5/0
Toyota - 4/1
Jaguar-Cosworth - 3/0