Hülkenberg: "Ich glaube, es ändert sich nicht viel"
Sauber-Fahrer Nico Hülkenberg spricht vor dem Großen Preis von Belgien in Spa über die Form seines Teams und seine Vorfreude auf die Eau Rouge
(Motorsport-Total.com) - Sieben Punkte hat die Formel-1-Saison 2013 bisher für Nico Hülkenberg bereitgehalten. Und der deutsche Rennfahrer geht nicht unbedingt davon aus, dass es nach der Sommerpause viel besser laufen wird. In seiner Medienrunde vor dem Großen Preis von Belgien spricht Hülkenberg eher davon, dass sich am Kräfteverhältnis der Formel 1 nur wenig ändern wird. Außerdem erklärt der Sauber-Fahrer, was ein Pilot beim Durchfahren der legendären Senke Eau Rouge im Cockpit erlebt.

© Sauber
Nico Hülkenberg hat schon seit jeher viel Spaß in Spa - und speziell in der Eau Rouge Zoom
Frage: "Nico, willkommen zurück aus der Sommerpause. Was hast du denn im Urlaub gemacht?"
Nico Hülkenberg: "Die Seele baumeln lassen. Ich bin in den Pool gesprungen, habe auf der Liege gelegen, die Sonne genossen. Außerdem bin ich im Meer geschwommen und Jetski gefahren."
Frage: "Das klingt nach Riesenstress..."
Hülkenberg: "War ja nicht alles an einem Tag. Von daher ging's (lacht; Anm. d. Red.). Ich konnte es mir einteilen."
Frage: "Wie ist es eigentlich, wenn du dich an einem solchen Ort bewegst? Wirst du oft erkannt? Und wie gehen die Leute mit dir um?"
Hülkenberg: "Ganz normal. Ich habe den Luxus, dass ich kein dreimaliger Weltmeister bin. Von daher ist es sehr ruhig."
Frage: "Zählt Spa zu deinen Lieblingsstrecken?"
Hülkenberg: "Ja. Hier war ich im vergangenen Jahr Vierter. Das ist mein bis dato bestes Formel-1-Ergebnis. Es dürfte schwierig werden, ein solches Resultat erneut einzufahren. Spa ist und bleibt aber eine Strecke, die ich - wie alle anderen Fahrer auch - sehr genieße. Ich werde einfach mein Bestes geben und versuchen, alles aus mir und dem Auto herauszuholen. Und dann schauen wir einmal, was dabei herauskommt."
Frage: "Die Eau Rouge ist eine der berühmtesten Kurven der Formel 1. Kannst du uns aus der Sicht des Fahrers erklären, was da im Fahrzeug passiert?"
Hülkenberg: "Wir fahren mit etwa 300 km/h durch diese Senke. Es geht runter, es folgt eine Kompression, dann geht es steil hinauf. Es geht ziemlich schnell. Du lenkst einmal links, einmal rechts und du bist durch. Das Gefühl, da hindurchzufahren, ist aber schwierig zu beschreiben. Unten merkst du die Kompression halt extrem."
"Und beim Hochfahren siehst du für eine Sekunde nur den Himmel, aber nicht die Strecke. Du lässt das Auto auf den Randstein hinauslaufen. Heutzutage geht diese Passage mit einem modernen Formel-1-Fahrzeug im Trockenen relativ voll. Zum Beispiel im Qualifying mit leeren Tanks. Trotzdem handelt es sich um eine Kurve, von denen es nicht mehr viele gibt. Darum ist sie etwas Spezielles. Die Eau Rouge macht viel Spaß."
Frage: "Laut der Wettervorhersage kann es sowohl im Qualifying als auch im Rennen regnen. Wie wäre es dann in der Eau Rouge?"
Hülkenberg: "Ein bisschen haariger. Dann muss man schon ein bisschen die Backen zusammenkneifen. Es kommt aber natürlich auch auf das Auto an und darauf, wie viel Abtrieb man gewählt hat oder wie viel Abtrieb das Auto generiert. Im Regen wird die ganze Sache jedoch ein bisschen anspruchsvoller. Da muss man etwas mehr kämpfen."
Frage: "Sollte es tatsächlich nass werden: Was rechnest du dir dann aus?"
Hülkenberg: "In diesem Jahr haben wir gesehen, dass das Auto auf Regenreifen oder Intermediates ziemlich gut funktioniert. Natürlich musst du eine Balance beim Setup finden, wenn zum Beispiel die Qualifikation trocken ist. Noch sind wir aber zu weit weg, meine ich, um eine Entscheidung zu treffen. Irgendwann muss man aber einen Weg wählen. Entweder man orientiert sich eher in Richtung Regen oder du setzt auf trockene Bedingungen. Das schon jetzt zu diskutieren, ist nicht sehr sinnvoll."
Frage: "Geht die Eau Rouge eigentlich gleich beim ersten Durchfahren voll oder muss man sich da erst einmal herantasten?"
Hülkenberg: "Du musst dich schon ein bisschen herantasten. Am Anfang ist die Strecke ja noch grün. Ein paar Runden wird es also dauern, dann sollte es gehen - hoffentlich! Das sehen wir am Freitag."
Frage: "Ist Blanchimont heute schwieriger als Eau Rouge?"
Hülkenberg: "Nein. Im vergangenen Jahr sind wir dort ja sogar mit DRS-Einsatz voll durch. Ohne DRS wird es problemlos gehen."
Frage: "Die 'Silly Season' der Formel 1 hat begonnen und ist schon in vollem Gange. Inwiefern nimmst du als Fahrer diese Geschehnisse wie Verhandlungen, Spekulationen und Gerüchte wahr?"
Hülkenberg: "Ich bin keiner, der jeden Tag im Internet liest oder die Zeitungen wälzt. Vor allem jetzt nicht. Da steht viel drin. Und am einen Tag so, am anderen Tag so. Man kriegt natürlich auch so etwas mit, erfährt von den neusten Gerüchten. Das ist aber normal, denke ich. Irgendwo gehört es dazu. Es beeinflusst mich nicht."
Frage: "Dein Management wird sich aber sicher auf dem Laufenden halten..."
Hülkenberg: "Wäre nicht schlecht, oder (lacht; Anm. d. Red.)?"
Frage: "Dann müsstest du ja durchaus etwas von den Entwicklungen mitbekommen..."
Hülkenberg: "Ich sage ja nicht, dass es nicht so ist. Natürlich. Ich bekomme alles mit."
Frage: "Du bist ja selbst ein Teil der Gerüchte. Seit einigen Tagen schreibt man dich in ein Ferrari-Cockpit. Was sagst du dazu?"
Hülkenberg: "Es ist die übliche Zeit. Es gibt auf einmal wieder viele Gerüchte. Ich weiß auch gar nicht, wo die herkommen. Auf einmal sind sie irgendwo herausgewachsen. Fakt ist: Meine Zukunft ist noch nicht entschieden. Es werden Gespräche mit verschiedenen Teams geführt, aber es ist noch nichts sicher für die Zukunft."
Frage: "Ist Sauber eine Option für 2014?"
Hülkenberg: "Ich würde zu diesem Zeitpunkt niemanden ausschließen."
Frage: "Wenn du es dir für nächstes Jahr aussuchen könntest, was wäre deine Lieblingsoption, dein Favorit?"
Hülkenberg: "Woher wissen wir denn, welche Plätze frei sind? Das weiß man ja nicht..."
Frage: "Du hast da sicherlich bessere Einblicke, denn du wirst dich ja damit beschäftigen..."
Hülkenberg: "Das liegt an vielen Sachen. Man kann es nicht an einer Sache festmachen. Es liegt an der Gesamtsituation. Die Perspektive eines Teams, was man dort erreichen kann. Nächstes Jahr ist eh schwierig, angesichts des neuen Reglements. Alles ist unheimlich schwer einzuschätzen."
Frage: "Siehst du einen Vorteil bei den Mercedes-Teams?"
Hülkenberg: "So sagen die meisten Leute hier. Ich weiß es nicht. Das wird sich alles zeigen. Keine Ahnung."
Frage: "Die Gerüchteküche sagt, du fährst nächstes Jahr für Ferrari. Wäre das möglich?"
Hülkenberg: "Nun, es ist sicher ein gutes Team. Es zählt zu den Topteams. Und wenn du die Chance bekommst, wirst du sie wahrscheinlich ergreifen. Derzeit schauen wir aber noch unsere Optionen an und überlegen, was wir tun können. Noch ist nichts entschieden. Ich denke, es wird noch ein bisschen Zeit brauchen."
Frage: "Wie schätzt du die Chancen ein, dass innerhalb des nächsten Monats alles unter Dach und Fach ist?"
Hülkenberg: "Nun, das ist natürlich, was du willst. Manchmal stimmen Wunsch und Wirklichkeit aber nicht überein. Man muss abwarten. Ich will meine Entscheidung treffen, wenn ich das Gefühl habe, die richtige Wahl getroffen zu haben, mit der ich mich wohl fühle."
Frage: "Müssen wir uns vielleicht bis Saisonende gedulden?"
Hülkenberg: "Nein, nicht so lange. Idealerweise hat man dergleichen im September oder Ende September erledigt."
Frage: "Glaubst du, es wird gänzlich deine eigene Entscheidung sein? Inwiefern könnte deine Zukunft auch von den Entscheidungen anderer Fahrer abhängen? Kimi Räikkönen wird schließlich ebenfalls auf dem Markt gehandelt. Könnte das eine Rolle spielen?"
Hülkenberg: "Nicht notwendigerweise. Kimi spielt zwar eine gewisse Rolle, aber es hängt nicht notwendigerweise alles von ihm ab."
Frage: "Denkst du eigentlich über Alternativen zur Formel 1 nach?"
Hülkenberg: "Nein. Ich denke nur an die Formel 1."
Frage: "Sergei Sirotkin saß dieser Tage schon einmal im Auto, um einen Sitz angepasst zu bekommen. Was glaubst du, wie würde er sich 2014 als Stammpilot machen?"
Hülkenberg: "Es dürfte schwierig werden für ihn. Der Sprung von der Renault-World-Series zur Formel 1 ist ein großer. Er würde sicherlich etwas Zeit brauchen, um sich zu akklimatisieren und sich an die Formel-1-Welt und an das Auto zu gewöhnen. Mit mir hat das aber nicht sehr viel zu tun, um ehrlich zu sein."
Frage: "Sind die kommenden Rennen besonders wichtig für deine sportliche Zukunft? Und welche Chancen rechnest du dir für Spa und Monza aus?"
Hülkenberg: "Schwierig. Ich glaube, wir sind da, wo wir sind. Wir waren immer außerhalb der Top 10. Wir müssen wirklich alles gut machen, vielleicht auf Pech der Anderen hoffen, damit wir Punkte kriegen. Ich sehe uns noch in einer ähnlichen Situation. Für uns muss alles passen, um in die Reichweite der Punkte zu gelangen. Ich glaube, da ändert sich hier nicht viel daran."
"Den Rest werden wir sehen. Weil in der Sommerpause ja auch die Werke für eine gewisse Zeit zu sind, kann nur bedingt entwickelt werden. Bei drei Wochen Pause hatten wir nur eine Woche, um etwas zu tun. Für Spa haben wir nur ein kleines Update am Frontflügel. Ich sehe uns da, wo wir schon vor der Sommerpause waren. Wir müssen uns wohl ziemlich strecken, um in die Top 10 zu fahren."
Frage: "Bringt euch das neue Auspuffsystem ein Leistungsplus? Habt ihr das analysiert? Ist da vielleicht noch mehr zu holen?"
Hülkenberg: "Wir sind nicht sicher. Ich denke, wir haben schon in Ungarn ziemlich das volle Potenzial ausgeschöpft."
Frage: "Hast du Bedenken in Sachen Reifen?"
Hülkenberg: "Reifen? Wieso?"
Frage: "Weil Spa eine Strecke ist, auf der die Reifen anders belastet werden..."
Hülkenberg: "Nein, ich habe keine Bedenken. Ich habe auch nichts von den Ingenieuren gehört, dass da etwas sein könnte. Pirelli hat ja auch wieder die Limits vorgegeben. Ich erwarte keine Probleme."
Frage: "In Ungarn hat Pirelli modifizierte Reifen eingeführt. Wie lautet dein Urteil dazu? Und kommen diese Reifen deinem Auto entgegen?"
Hülkenberg: "Eigentlich nicht. In Ungarn haben wir gesehen, dass wir wieder in der Region um Platz zehn lagen. Das hat uns also eigentlich nicht geholfen. Wir haben zwar bei der Leistung zugelegt, doch das haben auch alle Anderen. Es blieb in der Balance."

