• 07.01.2009 15:43

  • von Stefan Ziegler

Herbert: "Die ganzen Strafen waren zuviel des Guten"

Der ehemalige Formel-1-Pilot Johnny Herbert zeigte sich höchst angetan von der abgelaufenen Saison, sah allerdings zu viele Eingriffe der Rennleitung

(Motorsport-Total.com) - Die Rennkommissare der Formel 1 standen 2008 so sehr im Fokus wie selten zuvor. In vielen der insgesamt 18 Grands Prix des vergangenen Jahres hagelte es Strafen, die den Wettbewerb auf der Rennstrecke zum Teil kräftig beeinflussten. Johnny Herbert, zur Jahrtausendwende selbst noch aktiver Formel-1-Fahrer, kann die Strafenflut nicht nachvollziehen und schüttelte vor allem angesichts der Ereignisse in Spa-Francorchamps den Kopf - die Zeiten hätten sich nun einmal geändert, meinte Herbert.

Titel-Bild zur News: Johnny Herbert

Johnny Herbert hätte als Rennkommissar 2008 wohl weniger Strafen ausgesprochen

"In meinen Augen war das gesamte Jahr unglaublich interessant", sagte Herbert gegenüber 'Crash.net', fand allerdings trotz großer Begeisterung auch einige Kritikpunkte: "Manche Dinge haben mir nicht so sehr geschmeckt - die ganzen Strafen waren meiner Meinung nach etwas zuviel des Guten und vollkommen unnötig. Aber so wurde die Meisterschaft erst in der letzten Kurve des letzten Rennens entschieden."#w1#

"Mehr hätte man wohl kaum erwarten können", erinnerte der Brite an das wahrscheinlich einmalige Finale in Brasilien, wo sich Felipe Massa für wenige Sekunden als Weltmeister 2008 fühlen durfte. Ein Saisonendspurt wie aus dem Bilderbuch: "Ich glaube nicht, dass man einen Computer damit hätte füttern können, sodass er das gleiche Ergebnis ausgespuckt hätte", meinte Herbert. "Es hat einfach nur ganz hervorragend funktioniert."

Weitaus weniger begeistert war Herbert nach eigener Auskunft von den Vorgängen am 'grünen Tisch': "Ich war nicht unbedingt mit allem einverstanden", sagte der ehemalige Benetton-Pilot. "Nehmen wir beispielsweise die Ereignisse in Spa: Ich denke, Lewis hat dort nichts falsch gemacht, aber die Dinge haben sich seit meiner Zeit sehr verändert. Als ich noch aktiv gefahren bin, gab es am Fahrbahnrand etwas Gras und dann kam ein Kiesbett."

"Als ich noch aktiv gefahren bin, gab es am Fahrbahnrand etwas Gras und dann kam ein Kiesbett." Johnny Herbert

"Bist du also durch das Kiesbett gepflügt, dann hast du automatisch etwa fünf Plätze verloren - oder du bist steckengeblieben und dein Rennen war vorbei. Das hatten wir damals stets im Hinterkopf, doch für die heutigen Jungs ist das anders. Das ist aber keineswegs ihr Fehler, es liegt vielmehr an den erweiterten Auslaufflächen aus Asphalt", erklärte Herbert und verwies auf den Umgestaltungstrend bei Rennstrecken in jüngster Zeit.

"Die Fahrer wissen ja, dass die asphaltierten Auslaufzonen sicherheitshalber vorhanden sind und dass man nach einem Abflug wieder zurück auf die Strecke gelangen kann. Selbst als ich 2000 noch Rennen gefahren bin, gab es diesbezüglich ein 'Gentleman's Agreement': Hatte man sich einen Vorteil verschafft, so musste man vom Gas gehen und den Kollegen eben wieder durchlassen. Genau das hat Lewis gemacht - und erst dann hat er Räikkönen wieder überholt."

"Er war ohnehin schneller und hatte gewiss keinen Extraschwung, denn er hat Kimi ja vorbeigelassen. Dadurch hatte er sicherlich keinen Vorteil", meinte Herbert abschließend. Die Rennleitung bewertete diesen Vorgang freilich etwas anders und belegte den späteren Weltmeister mit einer Zeitstrafe, die ihn vom ersten auf den dritten Platz zurückwarf und wertvolle WM-Punkte kostete. Damit hatte Verfolger Massa auf einen Schlag deutlich Boden gutgemacht.