• 19.09.2004 15:01

Heidfeld: Dieses Jahr war kein verlorenes Jahr

Nick Heidfeld über sein Jahr bei Jordan, seine Präsenz in den Medien, die Zukunft und warum er nicht in die DTM wechseln will

(Motorsport-Total.com) - Dafür, dass er eines der schlechtesten Autos im Feld fährt, hat Nick Heidfeld in diesem Jahr schon oft aufhorchen lassen. Und er ist sich auch sicher, "dass das bei den besseren Teams registriert wurde." Aber dennoch - die Zukunft des Mönchengladbachers, einst als ganz große Nachwuchshoffnung im deutschen Motorsport gefeiert, ist weiter unsicher. Nach einem Übergangsjahr bei Jordan endlich einmal den Sprung in ein Top Team zu schaffen, das war Heidfelds Plan, nachdem er seinen Platz bei Sauber im vergangenen Jahr aus politischen Gründen verlor.

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Nick Heidfeld gibt sich alles andere als pessimistisch

Gerade rosig sieht Nick Heidfels Formel-1-Zukunft nicht aus, das war nicht immer so. Doch gerade, als BMW-Williams Interesse an ihm zeigte, da machte der Sensations-Transfer von Jenson Button zu den Weiß-Blauen auch diese Hoffnungen zunichte. Bei BAR wurde dadurch zwar ein Platz frei, doch scheint Heidfeld dort keine großen Chancen zu haben. Zwei andere Chancen haben sich mittlerweile zerschlagen: Sauber signalisierte Interesse an einer Rückkehr von "Quick Nick", doch Peter Sauber nahm Jacques Villeneuve unter Vertrag und die Variante Jaguar hat sich nach der Rückzugbekanntgabe ebenfalls zerschlagen.#w1#

Aufmerksamkeit bekam Heidfeld gerade in seinen beiden letzten Jahren bei Sauber sehr wenig. Erst in diesem Jahr, bei Jordan, werden seine Leistungen vor allem auch Formel-1-intern wieder eher angemessen registriert. "Ich glaube, das liegt daran dass die Erwartungen an Sauber nach den überaus guten Jahr 2001 einfach zu hoch waren, unrealistisch hoch. Und als wir die dann nicht erfüllen konnten, ist das als enttäuschende Leistung gewertet worden, für das Team und für die Fahrer. Ungerechterweise wohl eher - weil die Latte zu hoch gelegt wurde. 2001 war einfach ein unglaublich gutes Jahr für Sauber, da hat irgendwie alles gepasst, das durfte man eigentlich nicht als Maßstab nehmen."

Wenig Medienpräsenz für Nick

Den immer wieder geäußerten Vorwurf, es liege halt auch daran, dass er sich nach außen zu schlecht verkaufe, kann der Mönchengladbacher schon bald nicht mehr hören. "Erstens mal zeigt die Tatsache, dass meine Qualitäten jetzt, bei Jordan, offensichtlich auch von außen wieder besser registriert werden, dass das nicht der Punkt sein kann. Und zweitens bin ich nun mal so, wie ich bin, ich kann und will mich auch nicht völlig verändern..."

Wobei - auch wenn Heidfeld vielleicht kein Showman Marke Villeneuve oder Montoya ist, die immer wieder mal einen markigen Spruch in die Welt setzen: Bei ihm lohnt es sich eigentlich erst recht, zuzuhören. Denn Heidfeld gehört zu den wenigen Formel-1-Piloten von heute, die zu vielen Themen eine dezidierte Meinung haben und diese auch vertreten. Auch wenn es um kritische Dinge in der Formel 1 wie Reglement, Sicherheitsfragen oder den Umgang mit Fans und Zuschauern geht - er ist da oft um Welten interessierter, informierter und auch engagierter als viele, die ständig in den Schlagzeilen sind.

Nur, dass das Jordan-Motorhome eben meist sehr weit hinten im Fahrerlager steht, sodass sich gar nicht viele regelmäßig dahin verirren. Und der Typ, der sich von sich aus in den Mittelpunkt stellt, ist Heidfeld nun mal nicht - genauso wenig eigentlich wie sein Manager Werner Heinz, der auch lieber im Verborgenen, hinter den Kulissen, agiert. Ob da manchmal ein bisschen mehr Wirbel à la Willi Weber, ein bisschen Trommeln mehr Erfolg bringen würde, wird in der Formel 1 immer wieder diskutiert - Beweise gibt es dafür keine.

Die DTM ist kein Thema

Sollten alle Stricke reißen, müsste Heidfeld vielleicht doch bei Jordan bleiben. Für ihn ist das immer noch eher eine Option als ein Wechsel in die DTM. Wobei er die DTM als Serie überhaupt nicht abwerten will, "aber mein eindeutiges Ziel, mein Fokus liegt eben noch immer auf der Formel 1." Und er ist auch vom bisherigen Saisonverlauf nicht frustriert: "Ich bin ja nicht mit der Erwartung angetreten, dort etwa regelmäßig in die Punkte zu fahren. Eine Zeitlang, vor allem im Frühsommer, ging es sogar erstaunlich gut voran, da haben wir durchaus Fortschritte gemacht, obwohl unsere Mittel und Testmöglichkeiten ja begrenzt sind. Jetzt passiert allerdings nicht mehr allzu viel - weil sich die Konzentration anscheinend schon hauptsächlich auf das Auto für 2005 richtet."

Als "verlorene Zeit" bezeichnet Heidfeld deshalb die Saison 2004 überhaupt nicht: "Ich konnte wieder auf mich aufmerksam machen - und ich habe in allen Bereichen auch selbst wieder weiter dazu gelernt." Nicht so sehr im rein fahrerischen, "da flacht die Kurve doch von Jahr zu Jahr etwas ab, aber im ganzen Umfeld, Technik, Umgang mit dem Team, alles was dazu gehört. Den Moment, an dem man nichts mehr lernen kann, gibt es nicht und darf es nicht geben. Und alles, was man lernt, kann einem später noch einmal nützen." Und davon, dass es ein "Später" für ihn in der Formel 1 geben wird, ist er überzeugt: "Die Situation heute ist um einiges positiver als zur gleichen Zeit 2003!"

Heidfeld 2005 bei Jordan oder vielleicht doch im Williams?

Einerseits ist noch immer relativ unklar, was mit Jordan überhaupt passiert - Verkauf oder nicht Verkauf, und wenn, an wen - andererseits hat sich Heidfeld durch seine Leistungen in diesem Jahr einen sehr guten Stand im Team erarbeitet, sodass er wohl unter normalen Umständen immer recht gute Chancen hätte, zu bleiben. Allerdings könnte das für ihn realistisch gesehen wohl immer nur eine Notlösung sein, wenn sonst nichts anderes klappt.

Eigentlich ist die Variante BMW-Williams - Heidfelds Traumlösung - ja schon aus dem Spiel. Aber nichts ist unmöglich in der Formel 1 und vielleicht gibt es ja tatsächlich noch die nächste Sensation. Juristisch ist über den Fall Button, BMW-Williams und BAR-Honda noch nicht entschieden. Und Button hat wohl schon in Ungarn einem seiner Fahrerkollegen zugeflüstert, er wisse eigentlich gar nicht so recht, warum er überhaupt bei BMW-Williams unterschrieben habe. Es gibt einige in der Formel 1, die da eine 180-Grad-Wende nicht ausschließen.