• 31.03.2006 13:49

Haug: "Es wird noch mehr kommen"

Der Mercedes-Motorsportchef über die Einschreibung in die WM 2008, Ideen zur Kosteneinsparung, das neue Qualifying und die bisherige Leistung des Teams

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Eine Frage zum Thema 'GPMA': Bedeutet die Tatsache, dass die Mitglieder sich in die Formel-1-Weltmeisterschaft 2008 eingeschrieben haben, dass die Konkurrenzserie nun vom Tisch ist?"
Norbert Haug: "Wir versuchen schon seit einer ganzen Weile, eine Einigung zu erzielen, wie jeder weiß. Ich denke, dass wir auf einem guten Weg sind, aber das bedeutet nicht zwangsläufig, dass alles aus der Welt geräumt ist."

Titel-Bild zur News: Norbert Haug

Norbert Haug sieht die Teams mit der FIA auf dem richtigen Weg

"Wir haben jedoch in der Zwischenzeit eine sehr konstruktive Basis gefunden und sie macht Fortschritte in die richtige Richtung. Gleichzeitig ist jedoch bisher nicht jedes Problem aus der Welt geschafft worden, aber ich gehen davon aus, dass die Aussicht sehr gut ist, dass wir es aussortiert bekommen."#w1#

Haug findet das Wort "einfrieren" deplatziert

Frage: "Was denkst du über die Motorenregeln, die vorgeschlagen worden sind?"
Haug: "Zunächst einmal habe ich ein großes Problem mit dem Ausdruck 'einfrieren'. Einfrieren ist etwas, das mit dem Kühlschrank zu tun hat, nicht mit der Formel 1. Dies ist auch der Grund, warum ich denke, dass wir ein Wort wie 'einfrieren' nicht verwenden sollten.

"Wir sind sehr interessiert daran, Kosten einzusparen, das weiß jeder. Ich denke, dass die Hersteller in Bezug auf diese Richtung wirklich konstruktive Gespräche hatten. Wenn man dies mit der Zeit von vor fünf Jahren vergleicht, dann sind wir wirklich auf einem sehr guten Weg."

Haug fordert Halbierung der Kosten

"Es geht konstruktiv, respektvoll zu, aber das heißt nicht zwangsläufig, dass alle Probleme gelöst sind, aber zumindest geht es respektvoll zu und wir hören aufeinander. Ich denke, dass die Kombination aus der Diskussion und der verschiedenen Hersteller uns in die richtige Richtung lenken wird. Wenn wir die Kosten halbieren können, dann wäre dies als erster Schritt meiner Meinung nach perfekt. Vielleicht ist das vernünftig."

"Wir von Mercedes sind den neuen Regularien gegenüber sehr offen, wollen helfen, dass sie in Kraft treten können, aber wir müssen absolut sicherstellen, dass wir diese Ziele erreichen. Es ist noch nicht lange her, da versuchten wir diese Ziele mit den V8s zu erreichen und ich denke, dass man sagen kann, dass wir zu Beginn Kosten haben und es am Ende die Möglichkeit gibt, dass wir zehn Prozent einsparen, aber wir brauchen größere Schritte, das steht fest."

Haug will das Nachtanken nicht abgeschafft wissen

Frage: "Was denkst du über das neue Qualifying-Format?"
Haug: "Ich denke, dass wir in Bezug auf das Wiederauftanken bei dem bleiben sollen, was wir haben. Alle fragen mich, warum wir nicht mit wenig Sprit fahren, aber wenn man mit wenig Sprit fährt, das Auto auf die Pole stellt und man dann auf eine Ein-Stopp-Strategie setzt, dann wird man mit Sicherheit kein unterhaltsames Rennen haben. Ich denke also, dass es notwendig ist, dass das Auftanken bleibt."

"Das Problem, das wir im Moment haben ist, dass wir 2,9 Kilogramm pro Runde bekommen und man tendenziell 2,2 Kilogramm verbraucht. Das hilft einem dabei, den Abschnitt im Rennen länger zu fahren. Ich denke, dass es sehr schwierig ist, der Öffentlichkeit das zu vermitteln. Es wäre nicht richtig, das über Nacht zu ändern, da sollten wir uns Zeit lassen."

"Ich war mit dem ersten Qualifying absolut nicht zufrieden, aber das hat natürlich zusätzlich Nervenkitzel hinzugefügt. Ich denke, dass wir ein paar Dramen sehen werden. Meiner Meinung nach ist das, was wir zu Beginn im dritten Qualifying-Teil sehen, nicht das, was man erwartet. Es muss vielleicht leicht überarbeitet werden, aber ich befürchte, dass wir bei dem Auftanken oder bei dem Auftankverbot bleiben müssen, wie man es auch immer nennen mag. Das kann man vielleicht auf verschiedene Art und Weise erreichen. Aber bisher ist es sicherlich ein guter Schritt im Vergleich zu dem, was wir vergangenes Jahr gesehen haben - und das ist das Wichtigste."

Haug ist selbst vom guten Abschneiden des Teams überrascht

Frage: "McLaren-Mercedes ist das einzige Team, das in diesem Jahr noch keinen Motorschaden hatte, aber haben wir den wahren Speed des Autos in diesem Jahr schon gesehen?"
Haug: "Ich denke, dass wir den guten Speed schon in Bahrain gesehen haben, Kimi kam vom 22. Platz und wurde Dritter. Ich denke, dass das wohl verdient war, das war ein guter Speed. Wenn man uns mit den schnellsten Rennrunden vergleicht, dann denke ich, waren wir gut. Man ist sicherlich etwas gehandicapt, wenn man auf einem Stopp ist und dann auf die schnellsten Rundenzeiten schaut."

"Kimi war im ersten Rennen wegen eines Unfalls in der ersten Runde aus dem Rennen. Ich denke, dass er in einer Position war, um auf dem Podium ins Ziel zu kommen. Sicherlich wäre es sehr schwierig geworden, die beiden Renault zu schlagen, sie liegen derzeit vorn."

"Meiner Meinung nach hat Honda einen guten Schritt nach vorn gemacht und wir liegen eng zusammen, ich erwartete jedoch einen ziemlich schwierigen Start für uns und ich muss sagen, dass wir seit unserem ersten Test am 23. Januar gute Fortschritte erzielt haben ich hoffe, dass wir in diese Richtung weiter arbeiten können. Und es wird noch mehr kommen, neben Ferrari ist auch Williams absolut bei der Musik, wie wir gesehen haben."

Haug ist vom engen Starterfeld fasziniert und angetan

"In Bezug auf den Speed sahen wir schon ein paar sehr beeindruckende Zeiten von Red Bull. Sie hatten möglicherweise nicht die besten Tests im Winter, aber sie haben dennoch das erste Rennen beendet und vom Speed her waren sie bei der Musik, es gibt also acht Teams, die vorne mitmischen. Wann hatten wir jemals eine solche Saison? Renault hat derzeit die Nase vorn, aber hoffentlich können wir dies ändern. In mindestens 16 Autos steckt jedoch großes Potenzial."

"Ich denke, dass dies Hochwertigkeit ausdrückt und ich denke, dass dies mit all den Anstrengungen der Teams zu tun hat, der Hersteller-Teams, der Neulinge, der Red Bull-Teams. Dies ist eine Aufstellung, wie wir sie niemals zuvor hatten, solange ich mich zurückerinnern kann, was gut für den Sport und gut für die Zuschauer ist."

Haug glaubt an eine Einigung mit der FIA

Frage: "Wir haben auf der einen Seite die FIA, die die Kosten senken möchte, auf der anderen Seite Honda, die an die offene Entwicklung glauben und diesbezüglich an das Limit gehen. Ist es überhaupt möglich, eine Einigung zu erzielen?"
Haug: "Ich denke, dass die Basis gut ist. Nicht alle Probleme sind aus der Welt geschafft, aber zumindest ist die Richtung besser, als wir sie vor ein paar Jahren hatten, dies liegt meiner Meinung nach an den Anstrengungen der Teams, der 'GPMA', Bernie und der FIA. Ich muss sagen, dass Max manchmal dafür kritisiert wird, dass er seine Ideen durchboxt, aber um ehrlich zu sein glaube ich, dass der Hintergrund wirklich das Einsparen von Kosten und die spannender Gestaltung des Sports ist."

"Meiner Ansicht ist jene, dass wir uns zusammensetzen sollen, die Meinungen in einer respektvollen Art sammeln und dann sollten wir im Normalfall in die richtige Richtung gehen. Ich denke, dass eine bessere Atmosphäre herrscht als jemals zuvor, was nicht zwangsläufig heißt, dass wir alles unter Kontrolle haben. Aber die Basis ist eine gute."

Haug hätte lieber einen gedrosselten V10 mit Boost-Button gesehen

Frage: "Ist für Mercedes die Einführung der Hybrid-Technologie in der Formel eins von Interesse?"
Haug: "Generell gesprochen würden wir alles unterstützen, das den Sport interessanter macht. Wenn man dann noch eine Verbindungslinie zwischen der Serienproduktion und dem Rennsport sehen kann, wenn das möglich ist, dann ist dies gut, aber wir müssen vorsichtig sein, dass wenn wir Geld auf der Motorenseite sparen, wir es nicht ausgeben oder zum Opfer der Hybrid-Technik ausgeben. Aber grundsätzlich bin ich offen und ich befürworte Hybrid. Man hätte es jedoch an einen gedrosselten V10-Motor mit sagen wir 750 PS koppeln sollen. Dann hätte man einen Überholknopf für weitere 150 PS gehabt, das wäre ein guter Beitrag gewesen."

"Mir geht es dabei nicht nur darum, an die Vergangenheit zu denken, es könnte auch eine Idee für eine zukünftige Motoren-Formel sein, dies wäre auch eine Hybrid-Technologie und keine teure. Grundsätzlich sind wir offen, aber an erster Stelle steht der Sport, dann die Show, und die Unterhaltung und dann kommen all die Sachen, die solche Änderungen angenehm gestalten. Ich denke, dass dies die richtige Reihenfolge ist."

Haug empfindet die Formel-1-Boliden schon als fast optimal

Frage: "Viele von uns haben die Zeit des Allrad-angetriebenen Lotus, des sechsrädrigen Tyrrell und so weiter gesehen. Was wäre dein persönlicher Favorit eines einen Fahrzeuges - wie viele Liter Hubraum, wie viele Zylinder, Reifen - Rillenreifen oder Slicks? Wie sähe das Auto aus, wenn du die freie Wahl hättest?"
Haug: "Nun, ich denke, dass wir nicht allzu weit davon entfernt sind. Meiner Meinung nach sind Slicks und ein paar aerodynamische Änderungen für die Zukunft vernünftig. Die Aerodynamik-Veränderungen, die dabei helfen, das Überholen zu vereinfachen, sind ebenfalls in der Pipeline. Ich würde einen größeren Motor mit mehr Drehzahl bevorzugen und ich denke, dass die Fähigkeiten des Fahrers in diesem Zusammenhang ein Thema sind."

"Ein 2,4-Liter-Motor ist in diesem Sektor nicht ideal, vielleicht kann es in der Zukunft einen etwas größeren Hubraum und mehr Drehmoment geben. Aber ich muss sagen, dass wir fantastische Rennfahrzeuge haben. Wenn man sich anschaut, wie ausgeklügelt die Autos sind, wie sie aussehen, dann denke ich, dass es eine ideale Formel ist, wenn man die Motoren-Kosten reduziert, was ein großer Schritt sein wird. Und wie schon gesagt habe, sind wir nicht weit davon entfernt."

Haug ist für einen Test- und Show-Freitag

Frage: "Wie stehst du zum Freitag, was sollte man hier verändern?"
Haug: "Ich denke, der Freitag könnte ein Testtag sein, nicht ein sechsstündiger Testtag, aber ein Aufwärm-Tag oder was auch immer. Am Nachmittag kann man jungen Leuten die Möglichkeit geben, die Rennstrecke für wenig Geld zu betreten, aus Gründen der Promotion oder was auch immer. Denn dies sind die Jungs, für die wir uns im Hinblick auf die Zukunft des Sports interessieren sollten."

"Ich denke, dass es schon ein paar gute Ideen gibt. Wir brauchen keinen dreitägigen Event. Wenn wir andere Motoren und Reifen am Freitag sehen, dann könnte man etwas für das Wochenende lernen, es würde sicherlich ein unterhaltsamer Tag werden."