Hamilton: Vom "Möchtegern-Superman" zum Joker
Im Vorjahr war Lewis Hamilton der "böse Bube" der Formel 1, inzwischen reißen sich Mercedes und McLaren um den schnellsten Fahrer im Feld
(Motorsport-Total.com/SID) - Gerade mal ein Jahr ist es her, da war Lewis Hamilton für die Medien ein "Rambo", für Kollege Felipe Massa ein "Möchtegern-Superman" und in den Augen von Ex-Formel-1-Weltmeister und RTL-Experte Niki Lauda "komplett wahnsinnig". Heute ist der Brite der schnellste Fahrer im besten Auto - und der Joker im Fahrerpoker der großen Teams.

© McLaren
Streift Lewis Hamilton auch in der Saison 2013 noch einen McLaren-Overall über? Zoom
Mercedes und McLaren konkurrieren um den Weltmeister von 2008, der sich von den Diskussionen und Gerüchten aber nicht ablenken lässt. Nach zwei Siegen in den vorherigen drei Rennen geht Hamilton in Singapur als WM-Zweiter von der Pole-Position ins Rennen. "Die Gerüchte lassen ihn völlig kalt", sagt McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh: "Er hat gesehen, dass er in diesem Jahr eine große Chance hat, den Titel zu gewinnen."
Dennoch ist Whitmarsh genervt von Hamilton. Die Vertragsgespräche mit dem 27-Jährigen, den McLaren seit seinem 14. Lebensjahr unter den Fittichen hat, ziehen sich bereits seit Monaten hin. Die entscheidende Phase ist zwar erreicht, der Ausgang aber völlig offen. Fakt ist jedoch: Hamilton, dem manche während der Saison schon unterstellten, er habe sich verzockt, ist in einer komfortablen Situation. Sowohl für McLaren als auch für Mercedes ist er offenbar erste Wahl. Unter anderem von seiner Entscheidung hängt es ab, ob Rekordweltmeister Michael Schumacher auch 2013 in einem "Silberpfeil" sitzt.
McLaren oder Mercedes?
Das Problem zwischen Hamilton und McLaren bringt Whitmarsh auf den Punkt: "Er will mehr Geld haben und wir werden ihm weniger zahlen." Aus allen möglichen Ecken erhält Hamilton inzwischen Ratschläge. Entscheidend scheint die Frage: Was will Simon Fuller? Der Manager, der einst die Spice Girls zu Weltstars machte, betreut Hamilton seit rund eineinhalb Jahren und will ihm offensichtlich ein ähnliches Glamour-Image verpassen, wie es ihm einst bei Fußball-Star David Beckham gelang. Fuller entscheidet erstmals über einen Fahrer-Vertrag seines Schützlings mit - unnd sieht bei Mercedes anscheinend die besseren Möglichkeiten.
Nicht nur, weil das Werksteam eines Weltkonzerns neue Märkte eröffnet, sondern auch, weil Mercedes hinsichtlich persönlicher Sponsorenverträge der Piloten liberaler ist. Fuller besitzt laut britischen Medien nicht den in der Branche üblichen Vertrag, der zwischen zehn und 20 Prozent der gesamten Einkünfte sichert, sondern einen über 50 Prozent der Vermarktungsrechte. Dies ist trotz des schwächeren Autos eine der großen Chancen für Mercedes, Hamilton zu bekommen und ist eine der großen Gefahren für den 16 Jahre älteren Schumacher. Der ist weltweit zwar immer noch der größte Formel-1-Star, doch Hamilton steht im Gegensatz zum siebenfachen Ex-Weltmeister für die Zukunft.
Vater Hamilton rät zur Loyalität
Zudem gilt das Verhältnis zwischen McLaren und Hamilton als angespannt. Der britische Boulevard berichtete, der Brite habe nach dem Heimrennen in Silverstone mit zehn Damen auf dem Hotelzimmer gefeiert. Bei seinem 100. Start auf dem Hockenheimring hatte McLaren für Hamilton keine Party organisiert, was diesem offensichtlich missfiel. Vor dem Rennen in Spa-Francorchamps veröffentlichte Hamilton geheime Telemetrie-Daten via Twitter.
Hört er auf Vater Anthony Hamilton, der ihn vor dem Wechsel zu Fuller auch managte und mit dem er sich nach einem monatelangen Streit inzwischen versöhnt hat, wird er bei McLaren bleiben. "Lewis' Herz ist bei McLaren", sagt Vater Hamilton und plädiert: "Loyalität gehört zu den wirklich wichtigen Dingen im Leben. Es geht nicht nur ums Geld." Teamkollege Jenson Button mutmaßte allerdings schon vor Wochen: "Manchmal kommt im Leben eben der Moment, in dem du einen Wechsel brauchst."

