Hamilton: "Monza muss man gewonnen haben"

Hamilton spricht über seine Sehnsucht nach dem ersten Monza-Sieg, das Thema Stallorder und warum Red Bull im WM-Finale nicht so überlegen sein wird

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton kommt als WM-Leader nach Monza. Der Sieger des Grand Prix von Belgien darf sich auch auf dem Highspeed-Kurs in Italien hervorragende Siegchancen ausrechnen, zumal sein McLaren auf Strecken mit wenig Abtrieb hervorragend funktioniert. Im Interview spricht er Brite über die Konkurrenz von Red Bull, das Thema Stallorder sowie seine weitere Vorgangsweise im Titelkampf 2010.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Gelingt Lewis Hamilton beim dritten Antreten endlich der erste Monza-Sieg?

Frage: "Lewis, Fernando Alonso glaubt, dass sich der Titelkampf jetzt zuspitzen wird und bald die ersten Piloten ausscheiden werden."
Lewis Hamilton: "Beim letzten Rennen hatten wir ein großartiges Resultat, danach haben wir hart gearbeitet, um das Auto zu verbessern. Es sind aber immer noch 150 Punkte zu holen, da ist es zu früh, um so etwas zu sagen. Es ist immer noch alles offen. Wir haben zum Glück ein kleines Polster, was schön ist, doch in der Weltmeisterschaft geht es auf und ab. Da ist es wichtig, konstant zu bleiben, dann werden wir sehen, was passiert."#w1#

Red-Bull-Dominanz nach Monza?

Frage: "Diese Strecke sollte euch ähnlich wie Montréal sehr gut liegen, doch bei den Rennen danach müsste Red Bull Vorteile haben."
Hamilton: (schüttelt den Kopf) "Nein. Vor einigen Rennen hätte man das sagen können, doch wir arbeiten sehr hart an der Weiterentwicklung. Vielleicht sind wir jetzt näher an Red Bull dran. Wir verbessern weiterhin unsere Leistung auf Strecken, die viel Abtrieb benötigen. Dadurch sollten wir in Singapur und Suzuka konkurrenzfähiger sein, als wir es sonst gewesen wären. Beim letzten Rennen haben wir viel über das Auto gelernt."

"Wir werden vielleicht nicht gleich schnell sein, doch wir werden sehen. Ich hoffe, dass wir an diesem Wochenende sehr schnell sind. Wie es in Singapur sein wird, weiß ich nicht. Doch das sind Strecken, auf denen ich sehr stark bin. Ich fühle mich dort im Auto sehr wohl. Ich habe auch das Gefühl, dass unser Auto dort gut sein wird. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, was bei unserem Paket für hohen Abtrieb bisher falsch gelaufen ist.

Frage: "Es kommen allerdings einige dieser Strecken auf uns zu. Dort sollte Red Bull doch einen Vorteil haben."
Hamilton: "Ja, zumindest wenn man seine Meinung auf den Erfahrungen der Vergangenheit begründet - zum Beispiel Ungarn. Doch sie hatten dort ein etwas anderes Auto - der Flügel bewegte sich etwas mehr. Das hat ihnen sicher geholfen. Doch es stimmt schon: Bei extrem hohem Abtrieb wie in Monaco sind sie sehr schnell. Wir versuchen einfach, uns zu verbessern und sie einzuholen. Wir sind dieses Jahr schon zu vielen Strecken gekommen, wo aus den Daten hervorging, das wir auf einem gewissen Abtriebs-Level sein sollten, doch wir mussten dann war verändern. Wir mussten von einem höheren zu einem niedrigeren Level gehen. Vielleicht funktioniert dann das Paket, das wir in Spa verwendet haben - ich hoffe es."

"Je öfter ich hierher komme, desto mehr McLaren-Fans sehe ich." Lewis Hamilton

Frage: "Du hast in Monza noch nie gewonnen."
Hamilton: "Das stimmt. Die Strecke ist etwas Besonderes. Es ist eine der fünf historischen Strecken, mit denen ich aufgewachsen bin und die man in den Geschichtsbüchern immer wieder findet. Sie hat einen speziellen Charakter, auch die Atmosphäre mit den leidenschaftlichen Ferrari-Fans ist großartig. Je öfter ich aber hierher komme, desto mehr Fans von uns sehe ich hier - das ist gut. Das liegt auch an Jenson Button, was großartig ist. Ich habe in Silverstone, in Monaco und in Spa gewonnen. Und ich habe auch Ungarn gewonnen. Monza ist eine der letzten speziellen Strecken, auf denen man gewinnen muss. Ich hatte bisher nur drei Versuche, doch ich hoffe, dass es diesmal klappt. Ich habe eine neue Chance und werde alles probieren."

Hamilton klar gegen Stallorder

Frage: "Gestern hast du dich etwas verwirrt über die Teamorder-Situation gezeigt..."
Hamilton: "Ich bin nicht verwirrt. Vielleicht sind es manche Leute. Es überrascht mich nicht, was passiert ist. Ich weiß, wie das bei uns in der Vergangenheit gehandhabt wurde und bin sehr glücklich, dass wir hier keine Teamorder haben. Jenson und ich können also tun, womit wir groß geworden sind: Wir kämpfen um die Weltmeisterschaft, machen keine Geschenke und kämpfen als Team."

Frage: "Wäre Stallorder für dich vertretbar, wenn der Teamkollege keinen WM-Chancen mehr hat?"
Hamilton: "Natürlich ist es auch eine Frage des Respekts, wenn du nicht mehr um den Titel fährst und dein Teamkollege hinter dir liegt und diesen einen Punkt braucht. Und du führst das Rennen an, zeigst Größe und entscheidest selbst, ihn vorbeizulassen. Doch wenn du verdient führst und gezwungen wirst, dann ist das etwas anderes."

"Es ist etwas anderes, ob du selbst entscheidest, deinen Teamkollege vorbeizulassen, oder ob du vom Team gezwungen wirst." Lewis Hamilton

Frage: "Du weiß, wie man Weltmeister wird und auch, wie man die WM im letzten Rennen verspielen kann. Wie sehr hilft dir das gegen Fahrer wie Webber und Vettel, die diese Erfahrung nicht haben."
Hamilton: "Ich weiß nicht, wie es mir gegen sie helfen würde - abgesehen davon, dass ich diese Erfahrung gemacht habe. Ich kenne beide Seiten des Spektrums und habe daraus gelernt. Mark hat sehr viel Erfahrung und ich fahre auch gegen Weltmeister, die sehr viel Erfahrung haben. Ich erwarte mir das Beste von ihnen. Das bedeutet, dass auch ich mein Bestes geben muss."

Weniger Druck im WM-Finale 2010?

Frage: "Hat sich dein Zugang seit 2008 verändert?"
Hamilton: "Ja, ich denke, man ändert seinen Zugang immer ein bisschen. Doch ich bin immer noch der selbe Kerl wie 2007 - abgesehen davon, dass ich mehr Erfahrung und viele Fehler gemacht habe und hoffentlich reifer geworden bin. Ich muss immer noch viel lernen, doch ich denke, dass ich als Rennfahrer viel solider und kompletter bin als damals."

Frage: "Gegen Saisonende scheiden immer mehr Piloten aus dem Titelrennen aus. Verändert das dein Gefühl?"
Hamilton: "Ich weiß es nicht. Das kann ich erst sagen, wenn es soweit ist. Ich war noch nie in der Situation, dass so viele Piloten um den Titel kämpfen. Damals waren es ich und Massa, dann ich und Fernando - jetzt sind es mehr Fahrer."

Frage: "Ist es leichter, damit umzugehen?"
Hamilton: "Es ist immer noch die Weltmeisterschaft und damit der intensivste Wettbewerb, den ich je erlebt habe. Ich liebe es."

"ich denke, dass ich als Rennfahrer viel solider und kompletter bin als 2007." Lewis Hamilton

Frage: "Verteilt sich der Druck etwas mehr?"
Hamilton: "Ja, definitiv. Denn wenn du ein schlechtes Ergebnis hast und dein einziger Rivale gewinnt, dann macht es das schwierig. Wenn dein größter Rivale kein gutes Resultat hat, aber der Kerl weiter hinten schon, dann verteilt sich das etwas mehr. Dennoch ist es sehr intensiv."

Frage: "Kannst du dir genauso wie Webber durch dein Polster einen Ausfall leisten?"
Hamilton: "Nein, ich denke nicht. Es wäre ein Fehler, das anzunehmen. Es sind noch so viele Punkte verfügbar, der Vorsprung ist minimal. Ich muss noch so viele Punkte wie möglich sammeln."