• 14.06.2007 22:26

Hamilton: "Habe fast meine Stimme verloren"

Der McLaren-Mercedes-Pilot in der FIA-Pressekonferenz über seinen Debütsieg in Montréal, die Teamkritik von Fernando Alonso und sein weiteres Vorgehen

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Lewis, du kamst etwas verspätet zur FIA-Pressekonferenz. Deine Reise hierher war etwas aufregend, nicht wahr?"
Lewis Hamilton: "Ich war einige Tage in New York und war dort auch für Mercedes-Benz aktiv. Dann bin ich gestern für Exxon Mobil nach Washington gereist. Als ich zurück wollte, wurde der Flug zunächst von vier auf acht Uhr verlegt. Um neun wurde er dann endgültig gestrichen. Wir mussten dann im Hotel bleiben und sind erst heute Morgen geflogen."

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton möchte auch in den nächsten Rennen nichts anders machen

Frage: "Erzähle uns etwas über die Reaktionen nach deinem Sieg am vergangenen Sonntag?"
Hamilton: "Da habe ich gar nicht so viel mitbekommen. Ich weiß, dass es am Montag rund ging. Ich war auf jeder Titelseite. Das ist schon cool. Aber ich habe das nicht gesehen. Ich habe auch nicht im Internet nachgesehen. Ich war einfach in New York, habe etwas entspannt und war einkaufen. Aber ich habe schon mitbekommen, dass eine 'Lewis-Mania' ausgebrochen ist."#w1#

Frage: "Die Reaktionen waren außergewöhnlich, aber es ist ungewöhnlich, dass du das einschätzen kannst."
Hamilton: "Das ist schon ganz gut so, denn so konnte ich ausspannen. Ich bekam so ungefähr 200 Textnachrichten von meinen Freunden. Es ist fast unmöglich, auf alle zu antworten, aber ich werde es versuchen."

Ein Schrei nach dem Sieg

Frage: "Wie schwierig oder wie einfach war dein Sieg in Montréal?"
Hamilton: "Es war wahrscheinlich nicht das härteste Rennen meines Lebens, das war wohl das Rennen in der Türkei 2006 (in der GP2-Serie; Anm. d. Red.). Aber es war dennoch extrem schwierig. Ich habe zum ersten Mal einen Grand Prix aus der Pole Position in Angriff genommen und fuhr vor Fernando (Alonso). Einfach ist das nicht. Man muss nach vorn schauen und sich darauf konzentrieren, dass man keinen Frühstart hat oder zu schnell in der Boxengasse ist. Da kam viel zusammen, auch die vier Safety-Car-Phasen. Die Reifen müssen da für einen Neustart wieder bereit sein. Ich hab das gut geschafft, aber es war schwierig."

Frage: "Ab welchem Zeitpunkt hast du gedacht, dass dir der Sieg nicht mehr zu nehmen ist?"
Hamilton: "So ungefähr zwei Runden vor Schluss. Aber vorbei ist es nie, ich hätte ja noch in die Mauer fahren können oder es hätte etwas brechen können, oder der Motor geht in der letzten Runde hoch. Alles kann passieren. Das muss man im Kopf haben und das Auto dann nach Hause bringen."

Frage: "Was spielte sich in deiner letzten Runde im Cockpit ab?"
Hamilton: "Ich habe nur gesagt: 'Bleib von den Randsteinen weg!' Ich habe da immer einen Meter Abstand gelassen. Nachdem ich die Linie überquert habe, war ich außer Rand und Band. Ich habe in den Helm geschrien und dabei sicher gestellt, dass der Funk aus war. Auf der letzten Runde habe ich fast meine Stimme verloren. Aber ich war stolz auf mich selbst, weil ich keine Fehler gemacht habe."

Frage: "Wie sehr war dir in Montréal bewusst, dass dein Rennen ganz schnell hätte ruiniert sein können, wenn das Safety Car zum falschen Moment auf die Strecke gekommen wäre. Hast du darüber nachdenken müssen?"
Hamilton: "Vor dem Rennen war mir das bewusst. Das ist immer ein Problem. Bisher hatten wir in diesem Jahr Glück damit, erst in Montréal wurden wir davon getroffen. Aber ich war immer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Glücklicherweise hat das Team gute Entscheidungen getroffen, ich wurde eine Runde vorher reingeholt und entging dem ersten Safety Car. Aber ich hatte damit keine Probleme, ich denke also nicht schlecht über die Regel, auch wenn ich nicht sagen kann, dass es die beste Idee ist. In den Vorjahren war es wohl etwas besser."

Kein Verständnis für die Kritik von Alonso

Frage: "Wie gehst du nun dieses Rennen nach dem Erfolg vom vergangenen Wochenende an?"
Hamilton: "Für mich war das natürlich ein riesiger Karriereschritt. Es war großartig, den ersten Sieg einzufahren. Ich habe es sicher nicht erwartet, das schon im sechsten Grand Prix zu erreichen. Zudem war Kanada nicht gerade einer meiner stärksten Kurse. Ich glaube, dass Fernando (Alonso) schneller war. Aber ich habe meine Aufgabe gut gemacht. Für das Team war es auch gut, wir konnten die Führung in der Herstellerwertung weiter ausbauen. Hier müssen wir genauso weitermachen. Ich weiß, dass die Jungs in der Fabrik unermüdlich arbeiten. Und nur weil wir an der Spitze liegen, lassen wir nun nicht nach."

Frage: "Erwartest du, dass Ferrari nach zwei eher schwachen Rennen hier wieder stärker sein wird?"
Hamilton: "Vielleicht. Nach dem vergangenen Rennen haben sie sicher alles versucht, um sich für das nächste Rennen zu verbessern. Aber in nur einer Woche kann man nicht zu viele Verbesserungen erreichen. Ich weiß aber nicht, warum sie am vergangenen Wochenende nicht so schnell wie wir waren. In der Vergangenheit waren sie hier sehr stark, also werden sie schnell sein. Hoffen wir, dass sie uns nicht erreichen werden."

Frage: "Fernando Alonso hat sich einem spanischen Radiointerview geäußert, dass er das Gefühl habe, du würdest im Team bevorzugt werden, weil du ein Brite in einem britischen Team bist. Was ist eine Antwort darauf?
Hamilton: "Ich finde seine Aussagen seltsam, denn ich habe das Gefühl, dass das Team für uns beide alles gibt, seit er zu uns gestoßen ist. Ron (Dennis, McLaren-Mercedes-Teamchef; Anm. d. Red.) und die anderen im Team haben sehr hart gearbeitet, damit wir gleiche Voraussetzungen haben. Ich habe mit allen im Team eine tolle Beziehung, denn ich kenne sie, seit ich 13 Jahre alt bin. Als Fernando in das Team kam, waren alle sehr aufgeregt und ich spürte, dass sie eine gute Beziehung zu ihm aufbauten. Ich erkenne keinen Grund, warum er so etwas sagen sollte. Vielleicht denkt er so, weil er Spanier ist und ich Engländer bin, aber ich stimme mit seinen Aussagen nicht überein."

Frage: "Glaubst du, dass Fernando Alonso von deinen Ergebnissen überrascht ist? Vielleicht erwartete er nicht, dass du zu einem so frühen Zeitpunkt so schnell bist?"
Hamilton: "Ich bezweifel, dass er erwartet hat, dass ich mich so gut schlage, wie ich es getan habe. Aber ich kann nicht beurteilen, ob er deshalb diese Aussagen machte. Als er zum Team kam, war er als zweifacher Weltmeister nicht gewohnt, herausgefordert zu werden. In der Vergangenheit gab es schon welche, aber niemand kam so nah wie ich heran. Es ist eine schwierige Saison."

Noch keine Gedanken an den WM-Titel

Frage: "Du hast nicht nur die Chance, in diesem Jahr Weltmeister zu werden, du wärst dann auch der jüngste Formel-1-Weltmeister der Geschichte."
Hamilton: "Ich versuche mich nicht darauf zu konzentrieren. Ich kam ohne genaue Vorstellung in die Saison und war realistisch, denn ich bin der Neuling und ich muss viel lernen. Ich befinde mich noch in der Lernphase. Natürlich ist es eine tolle Chance, im besten Team zu sein und einen der besten Fahrer als Vergleich neben sich zu haben. Ich denke aber auch, dass es im Laufe der Saison noch einige Tiefs geben wird. Es sind noch elf Rennen, es ist zu früh, schon jetzt an die Meisterschaft zu denken. Ich bin jedes Rennen gleich angegangen und muss das weiter so tun. Jedes Mal, wenn ich im Auto fahre, lerne ich etwas Neues. Ich fühle mich im Auto, im Team und mit dem ganzen Drumherum immer wohler."

Frage: "Siehst du dich selbst als Favorit auf dem WM-Titel?"
Hamilton: "Nein. Ich bin noch immer hier, um etwas zu lernen. Wenn ich die Dinge weiterhin so angehe wie in der Vergangenheit, dann sollte ich auch keine Probleme bekommen. Aber ich lerne weiter, auch in Montréal habe ich das gesamte Wochenende über etwas dazugelernt. Und hier kenne ich den Kurs nicht, ich hoffe, ich kann ihn heute noch einmal ablaufen. Sicher ist es toll, dass ich führe, aber ich bin der Neue in der Meisterschaft, und es kann sich jederzeit wieder ändern."

Frage: "Als du in New York und Washington warst, wurdest du da überhaupt von den Leuten erkannt?"
Hamilton: "Einige Male schon, aber ich glaube, das war ein spanisches Pärchen (Lachen im Pressesaal; Anm. d. Red.). Ich war wirklich überrascht. Wie sagten, sie seien Spanier, würden mich aber dennoch unterstützen. Dann gab es da noch ein paar englische Touristen. Aber von den US-Amerikanern hat mich keiner erkannt. Ich konnte so frei wie alle anderen herumlaufen."

Frage: "Hast du hier in Indianapolis auch eine Beziehung zu den Indy 500? Und wie gehst du das Rennen hier an?"
Hamilton: "Ich fühle mich so wie vor jedem Rennen, sehr aufgeregt. Ich kam gerade erst an, ich habe den Kurs noch nicht einmal gesehen. Aber es für einen Fahrer ist es toll, hier anzutreten. Ich habe die Indy 500 in den vergangenen Jahren sehen, ein tolles Rennen. Ich wollte immer einmal als Zuschauer dabei sein. Aber hier nun Rennen zu fahren ist cool. Als ich hier eingeflogen bin, konnte ich sehen, dass die Anlage richtig komplex und beeindruckend ist."