Gremien übergangen: Nutzloser Motorsport-Weltrat in Paris?

Weil Strategiegruppe und Formel-1-Kommission erst am 9. Dezember tagen, bleiben vor dem heutigen FIA-Motorsport-Weltrat wichtige Fragen unbeantwortet

(Motorsport-Total.com) - In Paris tagt heute (Mittwoch) der FIA-Motorsport-Weltrat, als Teil der FIA-Generalversammlung von 2. bis 6. Dezember. Abgeschlossen wird die Woche mit dem Galadinner am Freitag, bei dem Sebastian Vettel bereits zum vierten Mal den WM-Pokal erhalten wird. Aber laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' könnte der Weltrat diesmal aufgrund der schlechten Vorbereitung in seiner Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt sein.

Titel-Bild zur News: Treffen des FIA-Motorsport-Weltrats

Was genau kann der FIA-Motorsport-Weltrat heute eigentlich beschließen?

Bekannt ist, dass der Formel-1-Kalender 2014, der bereits seit mehreren Wochen feststeht, endgültig ratifiziert wird, und bekannt ist auch, dass der Weltrat einen Pirelli-Reifentest von 17. bis 19. Dezember in Bahrain genehmigen soll. Aber was die 26 Herren, die dem Gremium angehören, sonst noch beschließen können, ist unklar - zumindest in Bezug auf die Formel 1, die als Königsklasse des Motorsports eigentlich oberste Priorität haben sollte.

Denn die formelle Entscheidungskette bis zur fertigen Formel-1-Regel ist eigentlich folgende: erst Strategiegruppe, dann Kommission, dann Weltrat. Wobei die neue Strategiegruppe bisher erst einmal (am 21. Oktober) getagt hat und am 22. November (Freitag in Brasilien) erneut hätte tagen sollen, genau wie auch die Kommission. Doch beide Treffen wurden auf den 9. Dezember verschoben - also fünf Tage, nachdem der Weltrat die Beschlüsse dieser beiden Gremien absegnen soll!

Wie setzen sich Strategiegruppe und Kommission zusammen?

Dazu muss man wissen: Die Strategiegruppe setzt sich unter anderem aus Vertretern von sechs Teams zusammen. Das sind derzeit vier sogenannte CCB-Teams (Ferrari, McLaren, Red Bull und Mercedes) - wobei CCB für Constructors-Championship-Bonus steht -, Williams wegen seiner Tradition und das bestplatzierte andere Team in der vorangegangenen Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. Dieser sechste Sitz neben den fünf permanenten Sitzen steht derzeit Lotus zu.

Zu diesen sechs Teams, die gemeinsam einen Stimmenblock bilden, kommen noch je sechs Stimmen für Bernie Ecclestone als Vertreter der Inhaber der kommerziellen Rechte und sechs Stimmen für die FIA. Per einfacher Mehrheit entscheidet die Strategiegruppe dann, welche Vorschläge an die Formel-1-Kommission durchgewunken werden. Diese entscheidet dann per 70-Prozent-Mehrheit, was der letzten Instanz, eben dem FIA-Motorsport-Weltrat, zur Ratifizierung vorgelegt wird.

Die Kommission setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen: einem Vertreter der Rechteinhaber (Ecclestone), dem FIA-Präsidenten, einem Vertreter von jedem Team, acht Streckenbetreibern, dem aktuellen Reifenhersteller (Pirelli), einem Motorenhersteller (derzeit Renault) sowie zwei Sponsorenvertretern (Rolex und Philip Morris). Seit der Insolvenz von HRT sind nur noch elf statt zwölf Teams in der eigentlich 26 Mann starken Kommission repräsentiert.

Wichtige Punkte müssen noch ratifiziert werden

Strategiegruppe und Kommission hätten in Brasilien eigentlich entscheidende Punkte zum Weltrat durchwinken sollen: die Einführung eines um zehn Kilogramm höheren Minimalgewichts zum Beispiel (um schwerere Fahrer nicht zu bestrafen), zwei Pflicht-Boxenstopps, permanente Fahrer-Startnummern, einen neuen Pole-Position-Award und ein neues Verfahren zur Vergabe von FIA-Superlizenzen an junge Nachwuchsfahrer, um nur einige Beispiele zu nennen.

Aber wenn der Weltrat am 4. Dezember tagt und Strategiegruppe/Kommission erst am 9. Dezember zusammenkommen, um dem Weltrat Beschlüsse zur Ratifizierung vorzulegen, dann entsteht ein akutes Logikproblem. Umgangen werden könnte dies nur durch eine nachträgliche Weltrats-Faxabstimmung, die allerdings den entscheidenden Nachteil hätte, dass die 26 Mitglieder des Weltrats über ihre Entscheidungen nicht aktiv diskutieren könnten.

Ratifiziert der Weltrat wiederum Formel-1-Regeländerungen, die nicht vorher die notwendigen Gremien durchlaufen haben, könnten seine Beschlüsse theoretisch juristisch angefochten werden. Das wiederum ist nicht einmal zwei Monate vor Beginn der Testfahrten für die Saison mit den größten Regeländerungen in der jüngeren Geschichte des Grand-Prix-Sports in den Augen vieler Fachleute ein Armutszeugnis für die Verantwortlichen...