Glock nach erstem Testtag zurückhaltend

Das Virgin-Team läuft noch nicht so präzise wie ein Schweizer Uhrwerk, aber etwas anderes hat Timo Glock auch gar nicht erwartet

(Motorsport-Total.com) - Immerhin: Virgin hat das Wettrennen der vier neuen Teams zum ersten offiziellen Test gewonnen und schloss sich heute in Jerez de la Frontera erstmals dem Rest der Formel-1-Gemeinde an. Wunderdinge darf man sich vom Rennstall um Timo Glock im ersten Jahr jedoch nicht erwarten, wie gleich zu Beginn dieses Testwinters deutlich wurde.

Titel-Bild zur News: Timo Glock

An die neuen Farben muss man sich bei Timo Glock erst noch gewöhnen

Denn während Mercedes, Ferrari und Co. am frühen Morgen sofort auf die Strecke gingen, um vor dem Wetterumschwung noch Eindrücke bei Trockenheit mitnehmen zu können, stand der Virgin-Cosworth VR-01 regungslos in der Garage. Einige wichtige Teile waren erst in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in Jerez angekommen, was den Mechanikern eine Nachtschicht bescherte. So konnte Glock erst nach 13:00 Uhr bei Regen zum ersten Mal rausfahren.#w1#

Hoffen auf trockene Bedingungen

Es sollte dann auch bei fünf Installationsrunden bleiben, die primär dem Zweck dienten, alle Systeme auf ihre Funktionalität hin zu überprüfen. Glock: "Es hat alles gepasst. Ich habe auch eine gezeitete Runde absolviert, in der sich das Auto bei nassen Bedingungen gar nicht so schlecht anfühlte. Ich hoffe nur, dass es zu regnen aufhört!" Denn weil Virgin schon die erste Testwoche in Valencia verpasst hat, ist jeder trockene Tag umso wichtiger.

"Wir haben am Nachmittag entschieden, im Regen nicht viel zu fahren. Es ist unsere erste Woche und wir sind noch ein bisschen knapp mit Ersatzteilen. Ein Unfall würde uns für den nächsten Test sofort in Bedrängnis bringen", gesteht der 27-Jährige, für den die eingeschränkten Ressourcen bei Virgin nach zwei Jahren bei Toyota eine völlig neue Situation sind. Doch Glock fühlt sich in seinem neuen Umfeld durchaus wohl und weiß auch damit umzugehen.


Fotos: Virgin, Testfahrten in Jerez, Mittwoch


"Es macht ja keinen Sinn, durch die Box zu laufen und zu schreien: 'Ich will fahren, verdammt!' Das ändert auch nichts", sagt er. "Da musst du dich halt zusammenreißen und dem Team helfen, ihnen Mut zusprechen. Die Mechaniker machen ihre Sache gut. Außerdem erwarte ich im ersten Jahr keine Wunder - das geht in der Formel 1 einfach nicht. Ein langsamer Start ist ganz normal, aber wenn wir erstmal einen Rhythmus haben, sollten wir nicht so schlecht sein."

"Wir haben jetzt mal ein Basisauto ohne Zauberei. Bis zum ersten Rennen erwarten wir noch neue Teile, aber die Frage ist, wie viel uns auf die Mittelfeldteams fehlen wird. Wo fangen wir an? Da müssen wir warten, bis es mal trocken ist", gibt der Virgin-Pilot zu Protokoll. "Wir sind realistisch und wissen, dass wir langsamer als die Topteams sein werden. Die ersten drei oder vier Rennen, vielleicht sogar das ganze Jahr, das wird wahrscheinlich ein einziger Test."

Erfahrene Leute sollen helfen

"Toyota hat am Anfang auch ein paar Monate oder sogar ein Jahr gebraucht, bis alles problemlos lief", erinnert sich Glock an sein Ex-Team. "Da hilft es glaube ich, dass wir erfahrene Leute wie John Booth, Christian Silk und Nick Wirth haben, denen jedes kleine Detail sofort auffällt, wenn es nicht gut genug funktioniert. Dann sagen sie, dass dies und jenes nicht passt. Das wird uns dabei helfen, das Auto und das Team schnell weiterzuentwickeln."

Lucas di Grassi

Virgin-Teamkollege Lucas di Grassi schaute von der Boxenmauer aus zu Zoom

Besonders beeindruckt ist der 36-fache Grand-Prix-Teilnehmer von Chefdesigner Wirth, der früher unter anderem mit Simtek und Benetton Formel-1-Luft geschnuppert hat. Wirth ist bekannt für unkonventionelle Methoden und arbeitet fast ausschließlich mit CFD, doch genau dieser risikobereite Stil gefällt Glock gut: "Nick ist ein wirklich spezieller Kerl. Bis jetzt habe ich es sehr genossen, mit ihm zusammenzuarbeiten."

Ein positives Zeugnis stellt er auch dem Cosworth-V8-Motor aus: "Von der Fahrbarkeit im Regen bin ich angenehm überrascht", lobt der Deutsche. "Wir mussten nicht viel verstellen. Die Leistung scheint auch in Ordnung zu sein - er fühlt sich stark und gut an. Aber ein bisschen müssen wir da noch abwarten." Dem Hörensagen nach soll ja das Toyota-Triebwerk, mit dem Glock 2009 gefahren ist, kein Leistungswunder gewesen sein...