• 10.07.2008 12:21

  • von Stefan Ziegler

Glock in Hockenheim mit Kanada-Syndrom?

Timo Glock im Interview über die Testfahrten in Hockenheim, das anstehende Heimrennen vor deutschen Fans und den Grand Prix in Silverstone

(Motorsport-Total.com) - Genau wie viele seiner Kollegen, so kam auch Timo Glock im Rahmen der Testfahrten am Hockenheimring zum Einsatz und drehte einen Tag lang seine Runden für das Toyota-Team. Für den amtierenden GP2-Meister eine echte Premiere, denn Glock nahm die badische Rennstrecke erstmals in einem Formel-1-Boliden unter die Räder. Obwohl die Temperaturen recht bescheiden waren und auch der Wind mitunter stark wehte, zog Glock am Ende seines Testtages ein durchaus positives Fazit.

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Timo Glock bestreitet in Hockenheim sein erstes Formel-1-Heimrennen

Frage: "Timo, wie verlief dein Testtag?"
Timo Glock: "Ich würde sagen, es war gar nicht einmal so übel. Wir haben unser übliches Programm abgespult, was wir halt an jedem Test durchführen. Wir hatten einiges zu tun und probierten neue Teile aus, die einen recht positiven Eindruck machten. Wir sind viele Runden gefahren und haben dabei jede Menge Setuparbeiten durchgeführt. Es war ein ziemlich produktiver Tag."#w1#

Wind und Wetter in Hockenheim

Frage: "Wie sehr hat das Wetter die Testarbeit beeinträchtigt?"
Glock: "Nicht allzu sehr. Es war etwas knifflig mit diesem Wind, was sich im Laufe des Tages immer wieder verändert hat. Im Großen und Ganzen war es aber okay."

"kann natürlich sein, dass man ein paar Kleinigkeiten ändern muss." Timo Glock

Frage: "Es war im Verlauf der Testtage recht windig hier. Kann es also sein, dass ihr am kommenden Freitag hier ankommt und das komplette Setup über den Haufen werfen müsst?"
Glock: "Nein, nicht das ganze Setup. Es kann natürlich sein, dass man ein paar Kleinigkeiten ändern muss. Allerdings sollte das Auto bei windigen Verhältnissen genauso gut funktionieren wie bei Windstille. Du musst dich wahrscheinlich als Fahrer etwas mehr anpassen. Das ist eigentlich das einzige."

Frage: "Ist die Strecke hier auch so windanfällig wie in Silverstone?"
Glock: "Beim Test war es in Silverstone mit dem Wind sehr extrem, am Rennwochenende eigentlich auch. Silverstone war halt einmal ein Flughafen und bietet daher auch eine ordentliche Angriffsfläche. Hier merkst du es vor allem, wenn du auf der Parabolika Richtung Spitzkehre unterwegs bist, wobei die Mercedes-Tribüne zum Teil die Anbremspunkte etwas schützt. Im Eingang zum Motodrom geht es eigentlich, da habe ich kaum etwas gespürt."

Frage: "Du kennst sicher das übliche Wetter hier. Erwartest du für die kommende Woche ein Regenrennen?"
Glock: "Keine Ahnung, wie das Wetter in der kommenden Woche sein wird. Es sieht aber so aus, dass wir in diesem Jahr deutlich mehr Regenrennen haben, als das in den vergangenen Jahren der Fall war. Es könnte am kommenden Wochenende durchaus nass werden, aber das werden wir sehen."

Familie und Freunde im Fahrerlager dabei

Frage: "Wie unterscheidet sich die Strecke von deinem letzten Besuch hier am Hockenheimring?"
Glock: "Da gibt es nicht viele Unterschiede. Möglicherweise hat die Strecke ein paar Unebenheiten mehr als beim letzten Mal, aber das war's auch schon."

"Ich bei allen Rennen, die ich hier gefahren bin, in den Top 5 gelandet." Timo Glock

Frage: "Du hast hier in der GP2 schon gewonnen - wird dir das für das Rennen am kommenden Wochenende helfen?"
Glock: "Das sind natürlich zwei verschiedene Rennserien. Ich bei allen Rennen, die ich hier gefahren bin, in den Top 5 gelandet. Das ist schon recht gut, aber am kommenden Wochenende ist das eine ganz andere Geschichte. Wir müssen einfach abwarten."

"Wenn es ein ähnlich schwieriges Rennen wird, wie zuletzt in Silverstone, dann kannst du ratzfatz auf dem Podium landen oder ordentlich punkten. Man wird sehen. Möglicherweise verhält es sich hier so ähnlich wie in Montréal: Jedes Mal, wenn ich dort war, hatte ich gute Ergebnisse. Vielleicht klappt das ja auch in Hockenheim."

Frage: "Hilft die Vorfreude auf das Heimrennen?"
Glock: "Ja, schon. Es war bislang schon sehr witzig, weil auch viele Freunde von uns da waren und mein Vater hat ebenfalls vorbeigeschaut. Meine ehemaligen Arbeitskollegen und die gesamte Firma meines Vaters waren da. Das war sehr unterhaltsam und gibt sicherlich noch eine Portion Extraschub."

Freies Wochenende vor dem Grand Prix

Frage: "Wie sieht dein Programm vor Hockenheim aus? Bereitest du dich anders auf das Rennen vor als sonst?"
Glock: "Nein, das eher nicht. Ich habe jetzt ein freies Wochenende und werde das auch genießen, einfach einmal gar nichts machen. In der kommenden Woche stehen dann einige Dinge an, ein paar mehr Interviews, aber nichts Gravierendes. Realtiv easy."

"Man ist nicht mehr unbedingt so frisch wie am Morgen, aber so ist das halt." Timo Glock

Frage: "Du hast heute mehr Runden gedreht als im Rennen tatsächlich gefahren werden. Spürst du das als Fahrer?"
Glock: "Nein, das ist nicht weiter tragisch. Dafür haben wir im Winter viel trainiert und sind bei den Wintertestfahrten oft genug im Auto gesessen. Es waren heute sicherlich über 100 Runden, aber das bereitet eigentlich keinerlei Schwierigkeiten. Man ist nicht mehr unbedingt so frisch wie am Morgen, aber so ist das halt."

Frage: "Was hälst du von Hockenheim als Teststrecke?"
Glock: "Gefällt mir gut. Du kannst ja eigentlich auf jeder Rennstrecke testen. Hockenheim ist aber deswegen auch eine gute Teststrecke, da wir das ja als Rennvorbereitung nutzen."

Komponententests bei Toyota

Frage: "Inwieweit sind diese Testfahrten hier sinnvoll für die Weiterentwicklung des Wagens? Viele halten Barcelona für besser geeignet..."
Glock: "Barcelona hat logischerweise mehr schnellere Kurven. Aber ansonsten ist da kein Unterschied. Ich finde das auch ganz gut hier."

Frage: "Habt ihr hier irgendetwas Spezielles getestet?"
Glock: "Wir haben das ein oder andere neue Teil dabei gehabt, was die Aerodynamik betrifft. Wir haben neue Bremskomponenten getestet, ein wenig mit dem Setup herumexperimentiert und sind einige Vergleiche gefahren. Wir hatten also ein ordentliches Programm."

"Du musst am Rennwochenende genauso konzentriert sein wie bei den Tests." Timo Glock

Frage: "Gibt es in Sachen Konzentration einen Unterschied zwischen Testfahrten und Rennen?"
Glock: "Nein, denn du musst am Rennwochenende genauso konzentriert sein wie bei den Tests. Bei den Testfahrten musst du einfach länger, also den ganzen Tag lang konzentriert bleiben. Am Rennwochenende hast du dann 90 Minuten Freies Training und im Anschluss erst einmal eine Pause. Aber da hast du zwischendurch auch noch andere Dinge zu erledigen."

"Bei Tests musst du von morgens neun Uhr bis abends sechs Uhr voll konzentriert sein. Wenn neue Teile ans Auto kommen und du bist nicht konstant, dann kann das gleich einmal in die falsche Richtung gehen. Das kann gravierende Folgen haben, weswegen so ein Test mitunter ganz schön anstrengend ist."

Zuversicht für das Rennen

Frage: "Du bist am ersten Tag nicht gefahren, als es geregnet hat. Kann man an so einem Tag überhaupt etwas lernen oder reißt man da lediglich Kilometer herunter?"
Glock: "Da müsste ich einmal unsere Ingenieure fragen, ob wir Kilometer sparen müssen. Im Moment wohl eher nicht."

"Du kannst natürlich schon das ein oder andere ausprobieren. Generell ist es natürlich für einen Fahrer gut, wenn du vor dem Rennen schon einmal auf der nassen Strecke unterwegs warst, um das einfach ein Gefühl dafür zu bekommen. Ansonsten kannst du bei solchem Wetter natürlich auch ein paar Kilometer einsparen."

"Du weißt ja nie genau, wer mit wie viel Sprit durch die Gegen fährt." Timo Glock

Frage: "Stimmt dich der Testtag zuversichtlich für das Rennen?"
Glock: "Das Problem ist, dass du so etwas bei Testfahrten nie wirklich einordnen kannst - speziell wo das Mittelfeld bei den Zeiten so eng beieinander liegt. Du weißt ja nie genau, wer was macht und wer mit wie viel Sprit durch die Gegen fährt."

"Da wird es dann halt schwierig, eine Prognose abzugeben. Man hat das ja bei den vergangenen Rennen gesehen: Es gibt viele Teams, die einmal oben stehen oder in den Top 10 stehen können. Ich glaube aber, dass wir einen guten Test hatten und wir werden versuchen, ein gutes Wochenende folgen zu lassen."

Frage: "Hast du Kamui (Kamui Kobayashi; Anm. d. Red.) nach seinen Eindrücken gefragt?"
Glock: "Nein. Ich glaube, wir sind im Regen auch gar nicht so viel gefahren."

Fahr-Flaute im Freien Training?

Frage: "Wir hatten in diesem Jahr ja schon häufiger die Situation, dass unmittelbar vor dem Rennen auch Testfahrten auf der gleichen Strecke abgehalten wurden. Heißt das dann, dass am kommenden Freitag wieder alle abwarten und die Zeit ablaufen lassen?"
Glock: "Es kann schon sein, dass es dann wieder etwas länger dauert, aber das kann man halt nicht ändern. Wir machen vor dem Rennen unseren Plan und den befolgen wir dann auch ganz normal."

"Der Ingenieur erstellt vorher einen Plan und daran müssen wir uns halten." Timo Glock

"Ich habe aber keinerlei Einfluss darauf, wenn dann in der ersten Viertelstunde niemand auf der Strecke unterwegs ist. Der Ingenieur erstellt vorher einen Plan und daran müssen wir uns halten. Für die Zuschauer und Fans ist das immer etwas schade, wenn in den ersten Minuten kein Auto fährt, aber so ist das halt."

"Ich würde das auch gerne ändern und mehr fahren. Weil allerdings die Reifen limitiert sind, versucht jeder, seine Reifen zu sparen und nicht alles schon mit dem ersten Run kaputt machen. Das sieht künftig mit Slicks vielleicht wieder anders aus, denn der Rillenreifen geht im Vergleich einfach schneller kaputt, wenn die Strecke noch grün ist."

Frage: "Du bist wahrscheinlich auch froh, dass die Heizdecken für die Reifen bleiben?"
Glock: "Nein. Mir war das zum einen egal, weil ich das so nehme, wie es kommt. Zum anderen sieht man ja, dass das in anderen Rennserien auch funktioniert - GP2, IndyCar oder wo auch immer."

Frage: "Es war im Verlauf der Testtage recht windig hier. Kann es also sein, dass ihr am kommenden Freitag hier ankommt und das komplette Setup über den Haufen werfen müsst?"
Glock: "Nein, nicht das ganze Setup."

"Es kann natürlich sein, dass man ein paar Kleinigkeiten ändern muss. Allerdings sollte das Auto bei windigen Verhältnissen genauso gut funktionieren wie bei Windstille. Du musst dich wahrscheinlich als Fahrer etwas mehr anpassen. Das ist eigentlich das einzige."

Windschattenduelle auf der Parabolika

Frage: "Ist die Strecke hier auch so windanfällig wie in Silverstone?"
Glock: "Beim Test war es in Silverstone mit dem Wind sehr extrem, am Rennwochenende eigentlich auch. Silverstone war halt einmal ein Flughafen und bietet daher auch eine ordentliche Angriffsfläche. Hier merkst du es vor allem, wenn du auf der Parabolika Richtung Spitzkehre unterwegs bist, wobei die Mercedes-Tribüne zum Teil die Anbremspunkte etwas schützt. Im Eingang zum Motodrom geht es eigentlich, da habe ich kaum etwas gespürt."

Frage: "Wo siehst du hier Überholmöglichkeiten?"
Glock: "In der Parabolika. Da kannst du dich im Windschatten prima ansaugen und dann ausbremsen, aber selbst das ist recht schwierig."

"Du kannst als Fahrer einfach mehr Fehler machen und wirst dadurch nicht bestraft." Timo Glock

Frage: "Was war dein schönstes Rennen in Hockenheim?"
Glock: "Da gibt es zwei: Zum einen das Formel-3-Rennen 2003 und zum anderen der GP2-Sprint im Jahr 2006."

Frage: "Hier in Hockenheim wurden die Auslaufzonen asphaltiert. Wie stehst du dazu?"
Glock: "Du kannst als Fahrer einfach mehr Fehler machen und wirst dadurch nicht bestraft. Nach einem Verbremser beim Testen war ich auch sehr froh, dass ich kein Kiesbett vor mir hatte. Das kommt aber immer auf die Situation an: Wenn sich vor mir einer dreht und danach weiterfahren kann, dann finde ich das nicht so toll..."

Silverstone noch nicht ganz abgehakt

Frage: "Hast du den Silverstone-Grand-Prix mittlerweile verdaut?"
Glock: "Naja, wenn ich einen technischen Defekt habe oder wenn mir einer in die Kiste fährt, dann komme ich schneller darüber hinweg, als wenn ich selbst einen Entscheidungsfehler begangen habe. Das ärgert mich längere Zeit. Somit bin ich also auch noch nicht darüber hinweg..."

Frage: "Was hast du bei den schwierigen Bedingungen in Silverstone gelernt?"
Glock: "Ich habe recht viele Erfahrungen gemacht. Ich habe eine falsche Reifenentscheidung getroffen, denn ich habe im Vergleich zu Jarno (Jarno Trulli; Anm. d. Red.) einen anderen Kompromiss bei der Abstimmung gehabt."

"Letztendlich habe ich reichlich Erfahrungen sammeln können." Timo Glock

"Dadurch habe ich meine Intermediates etwas stärker verschlissen und sie sind zu sehr ausgekühlt. Ich habe einfach die falschen Reifen gewählt, was mich wohl eine gute Platzierung in den Punkten gekostet hat. Letztendlich aber habe ich reichlich Erfahrungen sammeln können und so läuft das halt in deinem ersten Jahr."

Frage: "Die Formel 1 expandiert in alle Richtungen und es könnte irgendwann einmal kein Rennen mehr in Deutschland geben..."
Glock: "Das wäre natürlich schade, denn ich bin immer gerne in Hockenheim und am Nürburgring gefahren. Sollte das einmal nicht mehr der Fall sein, dann wäre das speziell für die deutschen Fahrer sicherlich sehr schade."