"Für beide Seiten eine Supergeschichte!"

Hans-Joachim Stuck analysiert den Alonso-Transfer - 20 Millionen Euro Gage - "Schumi" nicht zu den "Silberpfeilen" - Montoya zu Red Bull?

(Motorsport-Total.com) - McLaren-Mercedes erschütterte gestern Mittag mit der Bekanntgabe, dass Weltmeister Fernando Alonso ab 2007 einen "Silberpfeil" steuern wird, die vorweihnachtliche Formel-1-Besinnlichkeit. Das britisch-deutsche Team setzt damit ein Zeichen für die Zukunft - und lässt keinen Zweifel mehr daran, dass man die nächsten Jahre dominieren möchte.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Weltmeister Fernando Alonso hat nur noch eine einzige Saison bei Renault vor sich

"Der Vertrag ist für beide Seiten eine Supergeschichte", urteilte 'F1Total.com'-Experte Hans-Joachim Stuck über den von 'Vodafone' unterstützten Deal. Allerdings müssen Ron Dennis und Norbert Haug für diese "Supergeschichte" tief in die Tasche greifen, denn es heißt, dass Alonso eine Jahresgage von mindestens 20 Millionen Euro kassieren wird - bei 500 'Vodafone'-Millionen für die nächsten zehn Jahre allerdings ein verschmerzbarer Ausgabenposten.#w1#

Alonso bis mindestens 2010 bei McLaren-Mercedes

Laut 'Bild'-Informationen wurde der Vertrag zunächst auf vier Jahre geschlossen, also bis inklusive 2010, wobei man davon ausgehen kann, dass sich beide Seiten Ausstiegsklauseln hineinschreiben haben lassen. Die Verhandlungen im Vorfeld wurden verhältnismäßig rasch abgewickelt, denn beim Saisonfinale in China war der Transfer offenbar noch kein konkretes Thema. Erst in den vergangenen Monaten soll Dennis manchmal in Alonsos Appartement in Oxford angerufen haben.

Hans-Joachim Stuck

Hans-Joachim Stuck hätte die Chance an Alonsos Stelle genauso ergriffen Zoom

Es birgt natürlich eine gewisse Brisanz, als Weltmeister jenes Team zu verlassen, mit dem man gerade eben erst den Titel geholt hat, doch "Striezel" Stuck hätte nicht anders gehandelt: "Alonso weiß, dass er etwas tun muss, weil Renault wahrscheinlich aussteigt. Für ihn ist der Deal toll, denn ob er bei Ferrari gut aufgehoben gewesen wäre, wage ich zu bezweifeln", sprach der 54-Jährige den möglichen Renault-Ausstieg aus der Formel 1 - angeblich nach der Saison 2007 - an.

"Wenn du heute in der Formel 1 so eine Chance bekommst, musst du sie ergreifen. Taktisch ist es vielleicht nicht so klug, so etwas so früh bekannt zu geben, aber es ist natürlich sehr schwierig, solche Geschichten unter Verschluss zu halten", fügte Stuck, selbst 72-facher Grand-Prix-Teilnehmer, an. "Er wird trotzdem versuchen, bei Renault einen guten Job zu machen. Das alles wird ihn nächstes Jahr bei Renault in keiner Weise tangieren."

Montoya denkt über einen Wechsel zu Red Bull Racing nach

Der spektakuläre Wechsel wirft freilich auch einige Fragen auf, denn wenn Alonso bei McLaren-Mercedes schon für 2007 gesetzt ist, muss einer der beiden derzeitigen Stammpiloten nach der bevorstehenden Saison seine Koffer packen. Doch wer wird das sein? Räikkönen wird seit Monaten von Ferrari als möglicher Schumacher-Nachfolger umworben, und Juan-Pablo Montoya steht seit einigen Tagen bei Red Bull Racing hoch im Kurs, wo er wieder auf seinen Entdecker Helmut Marko treffen würde.

"Man sieht, dass McLaren-Mercedes langfristig und gut plant." Hans-Joachim Stuck

Stuck: "Man sieht, dass McLaren-Mercedes langfristig und gut plant, weil man natürlich damit rechnen muss, dass Räikkönen irgendwann weggeht. Außerdem liebäugelt Montoya mit Red Bull und umgekehrt. Insofern ist es notwendig, sich nach einem neuen Fahrer umzuschauen. Das Thema Räikkönen/Ferrari ist noch nicht vom Tisch, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob es noch akut ist. Es ist schwierig, Ferrari nach 2006 einzuschätzen, weil sie möglicherweise Schlüsselpersonen verlieren werden", so der 'F1Total.com'-Experte.

Räikkönen hat ein Angebot von McLaren-Mercedes vorliegen

"Ein Räikkönen", fuhr er fort, "muss sicher nicht gehen, wenn er nicht will, aber ein Montoya muss gehen, wenn ein Räikkönen bleibt und ein Alonso kommt. Wenn ich als Teamchef die Wahl hätte, würde ich Räikkönen und Alonso nehmen. Das ist genau wie damals bei Prost und Senna: Die beiden würden das Maximale aus sich herausholen." Mercedes-Sportchef Haug bestätigte dies: "Es liegt an Kimi. Wenn er bei uns verlängern möchte, dann kann er das tun", sagte er gegenüber der 'Bild'-Zeitung.

Fernando Alonso, Flavio Briatore und Kimi Räikkönen

Ab 2007 Teamkollegen? Fernando Alonso und Kimi Räikkönen beim Shakehands... Zoom

Die frühzeitige Bekanntgabe des Alonso-Deals bringt die "Silberpfeile" natürlich auch in den Verhandlungen mit dem "Iceman" in eine bessere Position, denn nun kann man mit dem Argument, dass man ohnehin eine sinnvolle Alternative parat hat, den Preis drücken. Bisher stellte Räikkönens Management in den Gesprächen mit McLaren-Mercedes ja teilweise überzogene Forderungen, weil man mit einem Wechsel zu Ferrari drohen konnte.

Ex-Formel-1-Pilot Martin Brundle beleuchtete gegenüber 'ITV' auch noch einen anderen Aspekt: "Ich weiß, dass Ron Dennis die Dinge schnell aussortiert haben möchte, weil es gut für das Image des Teams, die Sponsorenpakete und so weiter ist. Es ist ein großer Coup. Sie werden Renault damit destabilisieren. Auch zur Saisonmitte wird es sich auswirken, denn Renault muss es sich künftig zweimal überlegen, Fernando in die Weiterentwicklung und in Testfahrten einzubinden", so der Brite.

Schnappen die "Silberpfeile" Ferrari alle Wunschpiloten weg?

"Ein Weltmeister ist eine sehr gute Verstärkung für das Team." Norbert Haug

Für Ferrari bedeuten die gestrigen Ereignisse in erster Linie, dass ein Kandidat weniger für die Nachfolge von Schumacher in Frage kommt, denn Alonso zählte immer zu den Wunschfahrern von Teamchef Jean Todt. Sollte McLaren-Mercedes nun auch Räikkönen langfristig binden, so würde man sich in Maranello endgültig einen neuen Masterplan zurechtlegen müssen - denn eines ist klar: Eine Kombination aus Felipe Massa und Valentino Rossi für 2007 wäre eher eine Not- als eine Ideallösung.

Auch für Ferraris Superstar Schumacher ändert sich durch Alonsos frühe Unterschrift etwas, denn der 36-jährige Deutsche wurde in den vergangenen Monaten immer mal wieder mit einem millionenschweren Wechsel zu den "Silberpfeilen" in Verbindung gebracht - eine Option, die nun wohl endgültig vom Tisch sein dürfte. Ob er seinen Ende 2006 auslaufenden Ferrari-Vertrag noch einmal verlängern wird, steht ungeachtet dessen weiterhin in den Sternen.