• 28.03.2014 12:26

  • von Dieter Rencken & Stefan Ziegler

Formel Vorsicht: Eine Schlagzeile, wo keine ist

Ist es den Teamchefs der Formel 1 anzulasten, wenn die Rennfahrer meist nur Belangloses sagen und Lappalien zu Schlagzeilen aufgebauscht werden?

(Motorsport-Total.com) - Das Auto war gut zu fahren. Eine tolle Strecke. Die Reifen stellen uns vor eine schwierige Aufgabe. Das Team hat prima gearbeitet. Vier kurze Aussagen, wie sie jeder Formel-1-Pilot im Laufe eines Rennwochenendes tätigen könnte - und meist auch tatsächlich tätigt. Denn Schlagzeilen-trächtig sind die meisten Mediengespräche im Formel-1-Fahrerlager schon lange nicht mehr. Und das hat Gründe.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button: "Sag, was du willst, aber eine Schlagzeile sollte es hergeben..." Zoom

Zum Beispiel politische: Wenn ein Team nicht möchte, dass die Piloten über den aktuellen Stand der Dinge bei Sponsoren-Verhandlungen Auskunft geben oder zu viel über das wahre Leistungsvermögen des Autos preisgeben. Oder praktische: Denn wo kein Rauch ist, da ist meistens auch kein Feuer. Daher vermeiden es die Beteiligten oft aus strategischer Überlegung, gewisse Themen anzuschneiden.

Daraus machen die Verantwortlichen gar keinen Hehl. Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn erklärt ganz offen: "Manchmal muss man den Fahrern vielleicht sagen, dass sie vorsichtig sein sollen, was sie sagen. Aber das ist dann auch schon alles." Das Aufnahmegerät der Pressesprecher eines Teams liegt trotzdem immer auf dem Tisch. Um im Zweifelsfall belegen zu können: So wurde es nie gesagt!

Konstruierte Zusammenhänge helfen nicht...

Ein aktuelles Beispiel gefällig? Sebastian Vettel kritisierte den neuen Formel-1-Sound unlängst heftig und bezeichnete den V6-Turbo-Klang als "scheiße". Kurz darauf soll Jenson Button, scheinbar als Echo auf Vettels Äußerungen, sinngemäß gesagt haben: "Dann fahr' halt woanders." Das hat er aber so nicht gesagt und auch nicht direkt auf Vettel gemünzt. Die dicke Schlagzeile dazu gab es trotzdem.

Die Zurückhaltung der Protagonisten, sie ist zum Teil also ein hausgemachtes Problem der Medien, die zwar auf eine Story aus sind, sie im Zweifelsfall - vielleicht mangels verwertbaren Materials? - halt kurzerhand selbst konstruieren. Kein Wunder, dass die Gesprächspartner dann besser gar nicht sagen, als hinterher falsch zitiert zu werden. Was dann zu kurzen Standardantworten führt - siehe oben.


Fotostrecke: Fünf Gründe pro und contra Vettel

Von einem den Fahrern auferlegten "Maulkorb" will Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost aber nichts wissen. "Unsere Piloten sagen, was sie wollen. Wir geben ihnen nicht vor, was sie der Presse sagen sollen", erklärt er auf Nachfrage. Das Ergebnis: "Wir haben eine gute und positive Partnerschaft mit unseren Sponsoren, die Fahrer leisten da gute Arbeit. Das ist die Rückmeldung unserer Partner."

Mögliche Wege zum "Idealzustand"

Ein "Idealzustand", den längst nicht jedes Team im Fahrerlager mit seinem Fahrpersonal erreicht - vor allem nicht die Rennställe an der Spitze des Feldes, wo die Worte der Piloten noch viel mehr auf die Goldwaage gelegt werden. Doch laut Sauber-Teamchefin Kaltenborn wäre es erstrebenswert, die scheinbar ausgetrampelten Pfade zu verlassen und gemeinsam nach neuen Möglichkeiten zu suchen.

"Wichtig ist doch, dass wir mehr Ideen auftun, um unsere Partner dafür zu begeistern, wie sie einen Rennfahrer und dessen Persönlichkeit nutzen können", meint sie. "Ich denke, die Zeiten sind vorbei, in denen man einen Fahrer einfach zum Abendessen oder einer Veranstaltung eingeladen hat. Die Leute wollen einfach mehr. Da müssen wir als Rennställe kreativer werden." Nur die Rennställe?

Auch die Medien sind in diesem Punkt sicherlich gefragt: Nur weil ein Fahrer zu einem Thema nichts sagt, muss das schließlich noch lange nicht bedeuten, dass er etwas dazu sagen könnte, aber nicht will oder nicht darf. Vielleicht ist auf eine Schlagzeile ohne den entsprechenden Kontext auch mal zu verzichten. Die Beteiligten könnten es den Medien danken - und im Gegenzug wieder mehr Offenheit pflegen.