Warum der Weltmeister seinen Titel (nicht) verteidigt
Sebastian Vettel hat die Formel 1 in den letzten Jahren dominiert und viermal in Folge den WM-Titel gewonnen. Nach den umfangreichen Regeländerungen ist der 26-Jährige mit seinem Red-Bull-Rennstall vor der am Sonntag in Melbourne beginnenden Saison überraschend ins Hintertreffen geraten. Fünf Gründe, warum der Heppenheimer 2014 trotzdem erneut Champion wird - oder eben nicht. (Text: SID)
Pro: Der Auftakt ist nicht entscheidend. Selbst wenn Vettel mit Red Bull ohne Siege oder Top-Resultate in die Saison startet, hat das noch nicht viel zu bedeuten. Im Vorjahr gewann der Hesse beispielsweise die letzten neun der insgesamt 19 Rennen, ein ähnlicher Lauf würde ihm wohl auch 2014 die WM-Krone sichern - einem möglichen schlechten Start zum Trotz.
Pro: Fahrerisches Können. Oft wird unterschätzt, dass Vettel in den vergangenen Jahren nicht nur ein extrem schnelles Auto hatte, sondern auch fahrerisch die Nummer eins auf den Strecken dieser Welt war. Er kann Rennen lesen wie kaum ein Zweiter und sich diese mit seinen Möglichkeiten perfekt einteilen. In dieser Saison wird es neben den Motoren mehr denn je auch auf die Qualitäten der Fahrer ankommen - ein Vorteil für den viermaligen Champion.
Pro: Erfahrung. Obwohl Vettel erst 26 Jahre alt ist, ist er mit allen Wassern gewaschen und hat fast alle Situationen schon erlebt. Auf Spielchen der Konkurrenz lässt er sich auch in enormen Drucksituationen nicht ein, konzentriert sich stattdessen immer auf das Wesentliche. Schon oft haben Gegner wie Fernando Alonso versucht, ihn in Psycho-Spielchen zu verwickeln - sie gingen immer als Verlierer aus den Duellen hervor.
Pro: Adrian Newey. Das Genie im Hintergrund tüftelt unentwegt an Verbesserungen am neuen Boliden, der derzeit noch schwächelt. Die Schwierigkeiten zum Saisonbeginn dürfte das Superhirn von Red Bull nicht lange auf sich sitzen lassen. Früher oder später wird Vettel wieder das perfekte Auto bekommen - genau wie in den Jahren zuvor.
Pro: Ehrgeiz. Die Rückschläge in der Vorbereitung stacheln Vettel nur noch mehr an. Er ist vom Erfolg besessen und wird auch in diesem Jahr alles dafür tun, um erneut Champion zu werden. Sein enormer Wille gepaart mit dem großen Talent unterscheidet ihn von vielen anderen Piloten.
Contra: Der Rückstand ist zu groß. Red Bull hatte während der Testfahrten in Jerez und Bahrain fast durchgehend Probleme, der Wissensvorsprung den die Konkurrenz in dieser Zeit aufbauen konnte, ist enorm - und bis zum ersten Rennen nicht aufzuholen. Vettel und sein Team müssen während des laufenden Wettbewerbs tüfteln und könnten Mercedes und Ferrari so die ganze Saison über hinterherlaufen. Zudem könnte der Mercedes-Vorsprung sogar größer sein als angenommen: Während der titellosen vergangenen Jahre steckten die Silberpfeile bereits große Ressourcen in die Entwicklung für 2014, Red Bull musste im WM-Kampf stets auch aktuell denken.
Contra: Hauptproblem Renault. Red Bull hatte in der Vorbereitung vielfältige Schwierigkeiten. Doch der Motor von Renault lieferte die großen und anhaltenden Probleme, diese liegen damit außerhalb des direkten Kontrollbereichs von Red Bull. Anders als bei Mercedes und Ferrari müssen daher stets Lösungen mit einem externen Partner gefunden werden. Das ist komplizierter - und es kostet Zeit.
Contra: Der Faktor Weitsicht. Fallen die ersten Monate der Saison enttäuschend aus, wird sich Red Bull irgendwann entscheiden müssen: Will man das Hauptaugenmerk weiter auf ein Comeback im Titelkampf legen oder widmet man sich frühzeitig verstärkt der Entwicklung für 2015. Denn dann wird es nicht leichter. Honda kehrt in die Königsklasse zurück, die Japaner wollen mit McLaren gleich um die WM kämpfen - und sie werden ihre Zeit genutzt haben.
Contra: Adrian Newey. Auch der Top-Designer der vergangenen Jahre ist kein Magier, zudem spielt ihm das neue Reglement nicht in die Karten. Die Aerodynamik-Konzepte des Briten waren in den vergangenen Jahren der Trumpf auf dem Weg zu den Red-Bull-Titeln, obwohl Mercedes schon im vergangenen Jahr den wohl stärksten Antrieb hatte. Doch die Leistungsfähigkeit der neuen Turbomotoren und des gesamten Antriebsstrangs dürfte 2014 eine größere Bedeutung haben - Neweys Einfluss könnte damit sinken.
Contra: Pulverfass Red Bull? Niederlagen kennt man nicht mehr bei Red Bull, auch gegen Widerstände eilte das Team seit 2010 von Erfolg zu Erfolg. Wie sich eine wirklich verpatzte erste Saisonhälfte auf die Stimmung im Team auswirkt, ist ungewiss. Klar ist dagegen: Für seine Millioneninvestitionen will Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz Erfolge sehen.
Warum der Weltmeister seinen Titel (nicht) verteidigt