Formel-1-Fahrermarkt: Warum die neuen Motoren für 2026 ein Schlüssel sind

Bislang haben sich erst zwei aktuelle Formel-1-Fahrer über 2025 hinaus an ein Team gebunden - Welche Rolle die Motoren beim Schachspiel auf dem Fahrermarkt spielen

(Motorsport-Total.com) - Die jüngste Verlängerung des Vertrags von McLaren-Formel-1-Pilot Oscar Piastri bis zum Jahr 2026 erregte aufgrund des Zeitpunkts des letzten Vertragsjahres Aufmerksamkeit. Der Australier ist nach Formel-1-Weltmeister Max Verstappen, dessen Vertrag mit Red Bull bis 2028 läuft, erst der zweite Fahrer, der sich über 2025 hinaus an ein Team bindet.

Titel-Bild zur News: Esteban Ocon, Kevin Magnussen, Valtteri Bottas, Lance Stroll, Lewis Hamilton, George Russell, Lando Norris, Charles Leclerc, Fernando Alonso

Die meisten Formel-1-Fahrer haben noch keinen Vertrag für 2026 unterschrieben Zoom

Für alle anderen Fahrer im aktuellen Feld enden die Verträge 2024 oder 2025, sodass ihnen für 2026 alle Möglichkeiten offenstehen.

Wichtig ist dabei, dass in der Saison 2026 eine größere Regeländerung beim Chassis stattfindet wird und, was noch wichtiger ist, eine neue Formel für die Antriebseinheit eingeführt wird. Das weckt unweigerlich Erinnerungen an 2014, als es das letzte Mal eine große Änderung gab.

Damals verschaffte sich Mercedes beim Motor einen enormen Vorsprung vor den Konkurrenten Ferrari und Renault, der dem Werksteam einen Vorteil brachte, der mehrere Saisons anhielt.

Und als Neueinsteiger Honda 2015 mit einem Jahr Verspätung an den Start ging und ein Formel-1-Programm von Grund auf neu aufsetzen musste, zeigte die miserable Leistung zu Beginn, wie schwierig es war, alles richtig hinzubekommen.

Dieses Mal ist der Wechsel vielleicht nicht so groß wie damals der vom V8 zum V6-Hybrid. Aber er ist auch nicht unbedeutend.

Theoretisch haben Honda, Ferrari, Mercedes und Renault dank des Wissens, das sie in den vergangenen zehn Jahren gesammelt haben, einen Vorsprung, während die Aufgabe für die Neulinge Audi und Red Bull beziehungsweise Ford schwieriger ist.

Zum jetzigen Zeitpunkt hat niemand eine Vorstellung davon, wie die sechs Triebwerke im Vergleich zueinander performen werden, wenn sie beim ersten Rennen nach der Regeländerung im März 2026 in der Startaufstellung stehen.

Jeder Hersteller weiß nur, wo er sich auf seiner eigenen Entwicklungskurve befindet, und hört gelegentlich im Fahrerlager den Klatsch und Tratsch, dass der eine oder andere auf seiner Kurve weit zurück oder voraus liegt.

Lewis Hamiltons Wechsel als großes Vorbild?

Die Fahrer und ihre Manager wissen also nicht, wie ihre aktuellen Teams im Jahr 2026 abschneiden werden, und noch weniger wissen sie, wo ihre Konkurrenten stehen werden.

Und alle haben das Ziel, den genialen Schachzug von Lewis Hamilton im September 2012 wiederholen.

Damals schockierte der Brite das Fahrerlager, als er McLaren verließ und beim Mercedes-Werksteam unterschrieb - einem Rennstall, der in den beiden vorangegangenen Saisons jeweils den vierten Platz in der Meisterschaft belegt hatte und in jenem Jahr sogar nur Fünfter wurde.

Doch die neuen Hybridregeln für 2014 standen vor der Tür, und die Silberpfeil-Bosse Ross Brawn und Niki Lauda überzeugten Hamilton, dass Mercedes mit seinem Projekt schon weit fortgeschritten war und der richtige Ort für ihn sein würde.


Fotostrecke: Die Vertragslaufzeiten der aktuellen Formel-1-Fahrer

Nachdem er überredet worden war, musste sich Hamilton im letzten Jahr der V8-Motoren 2013 in Geduld üben. Die Saison wurde von Red Bull dominiert, aber vielleicht sogar zu seiner Überraschung machte das Team aus Brackley auch mit dem alten Motor gute Fortschritte und wurde Zweiter in der Weltmeisterschaft.

Bei seiner Entscheidung, zu Mercedes zu wechseln, ging es vor allem um den Hybridantrieb und die Langfristigkeit - und das zahlte sich spektakulär aus, als das Team die Saison 2014 komplett dominierte. Er gewann die erste von seinen insgesamt sechs Weltmeisterschaften mit dem V6 aus Brixworth.

Hamiltons Wechsel zu Mercedes ist ein ideales Beispiel dafür, dass alle Fahrer darüber nachdenken, ob sie dort bleiben wollen, wo sie sind, oder ob sie auf die Suche nach einer grüneren Wiese gehen wollen.

Warum sich Verstappen bereits entschieden hat

Der faszinierendste Aspekt ist, dass der derzeitige Weltmeister Verstappen seinem Team bereits eine Zusage gegeben hat, als das Red-Bull-Motorenprojekt noch nicht viel mehr als eine Idee war. War es eine schwierige Entscheidung?

"Nein, zu diesem Zeitpunkt nicht", antwortet der Niederländer und erklärt: "Ich fühle mich hier wohl. Und natürlich hat man 2026 wieder andere Motoren, aber ich mache mir auch nicht allzu viele Gedanken darüber. Das werden wir zu gegebener Zeit herausfinden."

"Ich habe schon nach 2021 gesagt, dass es keinen Grund gibt, zu gehen. Ich glaube wirklich an alle im Team. Ich mag es nicht, wenn man im letzten Jahr seines Vertrages ist und sich wirklich lange Zeit lässt, denn dann entsteht ein ungutes Gefühl innerhalb des Teams, weil sie vielleicht denken: 'Oh, vielleicht geht er weg .'"

"An diesen Punkt möchte ich gar nicht erst kommen. Und wenn man glücklich ist und sich im Team wohlfühlt, gibt es keinen Grund, zu gehen. Natürlich ist es eine lange Verlängerung, aber ich sehe keinen Grund, woanders hinzugehen", so Verstappen.


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Der Weltmeister hat seine Entscheidung getroffen, aber er ist sich bewusst, dass seine Rivalen die Motorensituation genau im Auge behalten müssen. "Ja, ich denke, das ist auch ein Teil der Formel 1", sagt er.

"Manchmal ist es ein bisschen schwieriger, sich zu entscheiden. Ich habe das Glück, in der Red-Bull-Familie aufgewachsen zu sein. Ich glaube, wir sind wieder zusammengewachsen, denn als ich dazukam, war das die Zeit des Wiederaufbaus nach den großen Meisterschaftsjahren."

"Und dann haben wir die Meisterschaft wieder gewonnen. Und in gewisser Weise hatte ich natürlich Glück, ein Teil davon zu sein", so Verstappen.

Doch hat der Weltmeister womöglich leistungsbezogene Optionen in seinem Vertrag, die es ihm erlauben würden, das Team vor 2028 zu verlassen, wenn das Projekt nicht den Anforderungen entspricht? Man muss davon ausgehen.

Wie steht es um das Motorenprojekt von Red Bull?

Sein Teamchef Christian Horner räumt derweil ein, dass auch das Team selbst keine Ahnung hat, wo man in Zukunft stehen wird. "Es gibt keine Kristallkugel für 2026", sagt er.

"Wer weiß, wer wettbewerbsfähig sein wird? Es wird ein komplett neues Chassis-Reglement geben, eine komplett neue Aerodynamik-Philosophie, also wird das Chassis eine Schlüsselrolle spielen", so Horner.

"Der Motor wird mit der [neuen] Aufteilung zwischen Elektrifizierung und Verbrenner eine Schlüsselrolle spielen, und auch der Kraftstoff wird dabei eine Schlüsselrolle spielen. Wenn wir also bei Null anfangen, ist das unser größtes Risiko, aber auch unsere größte Chance."

"Es wird also eine interessante Reise werden, und ich bin sicher, dass alle Motorenhersteller unglaublich hart arbeiten", sagt Horner und erinnert: "Es kommen neue Hersteller hinzu, und auch Audi. Aber es ist eine ganz andere Herausforderung als das aktuelle Motorenreglement."

Helmut Marko ist deutlich angriffslustiger und sagte zuletzt gegenüber ServusTV zum Motorenprojekt 2026: "Da sind wir schon sehr weit und [es ist] auch von der Leistung her zufriedenstellend."

"Wenn die Spionagezahlen stimmen, sind wir noch nicht ganz an der Spitze, aber wir sind an zweiter Stelle", verrät der Österreicher.

Fahrerfrage für die Teams nicht ganz oben auf der Liste

Eines der faszinierendsten Pakete für 2026 ist das von Aston Martin, wo man Honda als Werkspartner haben wird. Wird der japanische Hersteller seine Form als aktuelle Messlatte auch unter dem neuen Reglement beibehalten, oder wird man erneut einen langsamen Start hinlegen?

Aston-Martin-Teamchef Mike Krack räumt ein, dass Honda bereits in Gesprächen mit potenziellen Fahrern ist, während das Team seine Optionen prüft.

"Ich denke, heutzutage ist es kein Argument mehr, einfach nur eine Geldbörse zu öffnen", sagt er und erklärt: "Es ist definitiv ein Argument, aber die Fahrer und insbesondere ihr Management stellen heutzutage viel mehr Fragen als das."

"Ich denke, dass die Powerunit eine wesentliche Rolle spielt, aber ich denke auch, dass die Erfolgsbilanz und der aktuelle Status immer eine Rolle spielen und mit einbezogen werden."


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"Ich glaube daher, dass die ganze Überzeugungsarbeit viel schwieriger ist, weil es nur einige wenige Top-Fahrer gibt, oder die Fahrer, die jeder haben will, und man muss eine Reihe von Präsentationen und Argumenten parat haben, um sie zu überzeugen."

Der Interims-Teamchef von Alpine, Bruno Famin, beharrt darauf, dass der Motor 2026 Vorrang vor der Teilnahme am Schachspiel auf dem Fahrermarkt hat.

"Ich denke, wir sind sehr zufrieden mit unseren Fahrern, und das ist nicht unsere größte Sorge", sagt der Franzose und erklärt: "Unsere größte Sorge ist es, das Bestmögliche aus dem Team herauszuholen, die bestmögliche Leistung zu erzielen und die bestmögliche Powerunit zu entwickeln."

"Ich spreche über die Antriebseinheit für 2026. Das Ziel ist es, den bestmöglichen Antrieb zu entwickeln. Eins nach dem anderen. Wir sind glücklich mit den Fahrern, die wir jetzt haben, und wir wollen ein gutes Paket bauen", so Famin.

Wird 2025 zu einem Übergangsjahr?

Die Fahrer konzentrieren sich in der Regel auf das nächste Rennen, aber diejenigen, deren Verträge am Ende der nächsten Saison auslaufen, denken bereits darüber nach, wo sie 2025 sein wollen, bevor das neue Reglement in Kraft tritt.

"Ich denke, als Fahrer ist es sehr schwierig, genau zu wissen, wo jedes Team steht", sagt Ferrari-Pilot Charles Leclerc, der einer der Hauptakteure auf dem Markt sein wird.

"Da ich mich auf mich selbst und Ferrari konzentriere, hatte ich natürlich noch keine Gelegenheit, [das neue Auto für 2026] im Simulator zu fahren, und sobald das der Fall sein wird, kann ich wahrscheinlich mehr sagen. Aber im Moment ist es sehr schwierig, ein klares Bild davon zu bekommen, wer in der Entwicklung voraus ist."

"Wir halten natürlich die Augen offen, aber es ist so schwer vorherzusagen, was passieren wird", sagt auch Sergio Perez, der sich inzwischen womöglich damit abgefunden hat, sich für 2025 und darüber hinaus auch außerhalb von Red Bull umsehen zu müssen.

"Ich denke, wir versuchen alle, den bestmöglichen nächsten Vertrag zu bekommen, von dem wir glauben, dass wir am wettbewerbsfähigsten sein werden. In meinem Fall habe ich noch ein Jahr Vertrag, also habe ich in dieser Hinsicht keine Eile", betont Perez.

Für diejenigen, die weiter hinten in der Startaufstellung stehen, wie Nico Hülkenberg, scheint das Jahr 2026 noch weit entfernt zu sein. "Ich glaube, es liegt noch so viel zwischen jetzt und dann", sagt der Deutsche.

"Es klingt nach einer ziemlich großen Veränderung. Und ich denke, Anfang nächsten Jahres fängt man an, sich darüber Gedanken zu machen", so Hülkenberg, der ergänzt: "Ich denke, dass es im nächsten Jahr eine ziemliche 'Reise nach Jerusalem' geben wird."

"Und ich denke, dass sich die Dinge für die Leute regeln werden. Es hängt davon ab, was passiert, wie man abschneidet und wie stark der eigene Wert ist", erklärt der Haas-Pilot.

Kommen noch mehr neue Hersteller?

Eines der größten Fragezeichen umgibt Audi. Für einen großen Hersteller zu fahren, hat einen offensichtlichen Reiz, selbst für die größten Namen des Sports. Aber auf welchem Niveau wird der erste Versuch einer Formel-1-Powerunit im Jahr 2026 sein? Und kann das Sauber-Team sich insgesamt verbessern?

"Ich habe das Gerücht gehört, dass Audi in der Saison 2026 ziemlich stark sein wird", grinst Valtteri Bottas. "Aber natürlich gibt es, wie bei allen, viele Fragezeichen. Ich habe auch noch keine Simulatortests mit den neuesten Zahlen gemacht, also ist es noch ein bisschen weit weg."

"Aber am Ende wird es schnell gehen, und zumindest bei Sauber gibt es einen klaren Plan, was passiert, und es wurde bereits viel Arbeit geleistet", betont der Finne.

Der vielleicht interessanteste Aspekt von Piastris Vertragsverlängerung bis 2026 ist, dass er sich an McLaren gebunden hat, obwohl wir noch nicht einmal wissen, welchen Motor das Team dann einsetzen wird. Oder zumindest wurde es nicht öffentlich bestätigt.

Wie bei Williams ist Mercedes natürlich die naheliegendste Option. Theoretisch können sich beide Kundenteams auch anderweitig umsehen und sind daher in gewisser Weise in einer ähnlichen Situation wie die Fahrer, die versuchen, ihre Optionen zu bewerten.

McLarens freundschaftliche Beziehung zu Toyota hat zum Beispiel auch die faszinierende Aussicht auf eine Rückkehr des japanischen Herstellers in den Sport irgendwann nach 2026 geweckt.

Und was ist mit Hamilton, dem Mann, der 2012 die großartige Entscheidung getroffen hat, und der sich gerade für die beiden "Zwischensaisons" mit der aktuellen Powerunit weiterhin an Mercedes gebunden hat?

"Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht wirklich viel darüber", sagt er selbst über 2026 und grinst: "Aber natürlich werde ich mir in nicht allzu ferner Zukunft meinen Vertrag bis 2030 ansehen ..."

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