Flatter-Frontflügel: McLaren und Mercedes in Problemen
Durch neue Testmethoden prüft die FIA die Legalität der Frontflügel von Red Bull und Ferrari - McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh wittert falsches Spiel
(Motorsport-Total.com) - Die Diskussion um die offenbar biegsamen Frontflügel von Red Bull und Ferrari ist in den vergangenen Wochen zwar etwas ruhiger geworden, aber doch keinesfalls beendet. Vor allem in Silverstone und am Hockenheimring standen die aerodynamischen Elemente der beiden Teams im Fokus, weil Fotos belegten, dass die Frontflügel in einigen Bremszonen nahezu den Boden berühren - was keinesfalls im Sinne des Reglements ist.

© xpb.cc
Red Bull profitiert offenbar immer noch vom flexiblen Frontflügel
Die FIA reagierte mit härteren Prüfmethoden. Seither werden die Flügel bei der technischen Abnahme mit dem doppelten Gewicht belastet. Red Bull und Ferrari stellte das neue Prüfverfahren jedoch vor keine Probleme. Eigenen Angaben zufolge musste man die Bauteile nicht einmal verändern, um die Belastungen bei der Abnahme wegzustecken. Die Idee hinter den flexiblen Flügeln bleibt das große Geheimnis der beiden Technikabteilungen.#w1#
Laut McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh erschleichen sich Red Bull und Ferrari auf ominösem Wege einen enormen Vorteil. Ein Formel-1-Fahrzeug gewinne einen Punkt Abtrieb pro Millimeer, den sich der Frontflügel absenkt, so die Whitmarsh-Berechnung. Der Zeitgewinn der beiden Teams liegt aufgrund der Frontflügel schätzungsweise bei etwa einer halben Sekunde pro Runde.
Red-Bull-Designer Adrian Newey kann angesichts solcher Äußerungen immer nur den Kopf schütteln. "Wir fahren diesen Flügeltyp seit einem Jahr. Warum kommt McLaren jetzt erst drauf?", fragt sich der Brite in der 'auto motor und sport'. Newey fügt spöttisch hinzu: "Es war McLaren, die vor einiger Zeit die FIA gebeten haben, die erlaubte Verformung von 50 auf 100 Millimeter zu erhöhen."
Die FIA hatte die neuen Belastungstests nach Druck von McLaren und Mercedes eingeführt. Auch wenn sich an der Hackordnung kaum etwas veränderte, meinte Mercedes-Teamchef Ross Brawn in Spa-Francorchamps keine schleifenden Flügel mehr erkannt zu haben. "Es liegt an der Abstimmung des Autos, dass man in Spa nichts sieht. Das Fahrwerk ist auf hart getrimmt, da bewegt sich der Vorderbau kaum", erwidert ein nicht namentlich genannter Red-Bull-Techniker. Am Konzept habe man jedenfalls nichts verändert.
¿pbvin|512|3099||0|1pb¿Es bleibt also nach wie vor das große Rätsel um die Flexibilität der Flügel. "Nach unserer Theorie verdreht sich der Flügel bei genügend Abtrieb durch den Druck auf die Flaps zunächst um die Horizontalachse nach hinten. Die Faserstrukturen im Hauptelement sind so ausgelegt, dass sie sich erst bei dieser Verdrehung dehnen. Damit klappen die Flügelenden vertikal nach unten", meint Brawn die Lösung gefunden zu haben.
Diese Erkenntnis mag Glück und Pech zugleich sein. Zwar könnte man sich auf Grundlage dieser Theorie für 2011 entsprechend aufstellen, aber für die aktuelle Saison kommt es zu spät. Fraglich ist derzeit ohnehin noch, ob die FIA nicht für das kommende Jahr eine Testmethode erfindet, sodass auch der Red-Bull- und Ferrari-Weg dann ausgeschlossen ist.
"Es so hinzukriegen, dass es funktioniert, ist ziemlich kompliziert. So einen Flügel baut man nicht im Handumdrehen", meint Brawn, der sich aber mit Vorwürfen in Richtung der Flexi-Flügel-Konkurrenz zurückhält. Whitmarsh bekommt angesichts der Technik allerdings nach wie vor die Krise. "Die FIA muss den Fotobeweis zulassen. Autos, bei denen die Flügelenden in den Bremszonen systematisch näher als 65 Millimeter an der Fahrbahn sind, gehören ausgeschlossen", fordert der McLaren-Teamchef.

