FIA-Präsident Mosley zieht sich mit Reformen zurück
Am Ende seiner Laufbahn als Präsident des Automobil-Weltverbandes will Max Mosley die Formel-1-Reform durchbringen
(Motorsport-Total.com) - Mit einer ausführlichen Pressekonferenz gestern in Magny-Cours leitete FIA-Präsident Max Mosley seinen Abschied aus dem Geschäft ein, nachdem er ja diese Woche bekannt gegeben hatte, noch dieses Jahr - also vor dem offiziellen Ablaufen seiner Amtszeit - zurücktreten zu wollen.

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Max Mosley besprach gestern mit der Weltpresse eine Vielzahl an Themen
Vor der versammelten Weltpresse verabschiedete sich der Mitt-60er gestern mit einer gewohnt detaillierten und sachlichen Ansprache von der Formel 1, obwohl er ja noch einige Monate im Amt sein wird. Mosley rechnete bei dieser Gelegenheit mit den Teamchefs gnadenlos ab und teilte mit, dass ihm sein Job zuletzt nicht mehr so viel Freude gemacht hat wie zu Beginn der 90er-Jahre. Dennoch fiel seine Bilanz insgesamt positiv aus.#w1#
"Habe das Gefühl, dass meine Mission erfüllt ist"
"Ich habe das Gefühl, dass meine Mission erfüllt ist, verspüre ein Gefühl der Zufriedenheit", gab er am Ende seiner Rede im Pressezentrum von Magny-Cours zu Protokoll. "Meine Zeit ist gekommen. Es ist eben so, dass es mir keinen Spaß mehr macht, den ganzen Tag in Meetings zu sitzen - speziell mit den Formel-1-Teamchefs - und dann festzustellen, dass alle getroffenen Entscheidungen im Nachhinein wieder umgestoßen wurden. Die Arbeit eines ganzen Tages wird dadurch zunichte gemacht."
Viele Diskussionen mit den Formel-1-Bossen seien außerdem "ermüdend", erklärte der FIA-Präsident weiter. Er nannte im Besonderen einen Teamchef, dessen Namen er nicht verraten wollte, der immer seinen Manager dabei hat: "Mit ihm geht es stundenlang um irgendwelche unbedeutenden Einzelheiten, wenn man sich eigentlich weit bedeutenderen Dingen widmen sollte. Manchmal wäre es einfach schöner, einfach am Strand zu sitzen und ein schönes Buch zu lesen", so Mosley.
"Ich habe in meiner Zeit als Präsident der FIA alles erreicht, was ich mir vorgenommen habe", fuhr er fort. "Vor mir haben die Leute 55 Jahre versucht, die FIA und die AIT - die AIT war eine zweite Sporthoheit - zu vereinen. Das ist mir gelungen. In Brüssel haben wir jede Menge Anerkennung und wir sind eine politische Institution, die in Bezug auf Straßenautos großen Einfluss hat. Dank Bernie und der Formel 1 stehen 300 Millionen Dollar zur Verfügung. Die Hälfte davon fließt in Straßensicherheit, die andere Hälfte in Sicherheit im Motorsport."
Ermüdungserscheinungen machen sich bemerkbar
Mosley betonte weiter, er halte es nicht für richtig, in den späten 60ern und 70ern noch eine so bedeutende Rolle auszufüllen, weshalb er schon lange entschieden hat, nach Oktober 2005 nicht noch einmal zu kandidieren. Weil aber auch die Zeit bis dahin schon "nur noch ermüdende Routine" gewesen wäre und wegen interner Querelen in der FIA kam ihm vor knapp einem Monat die Idee, das Handtuch schon früher zu werfen.
Vor seinem endgültigen Rückzug will Mosley aber noch die von ihm so forcierte Formel-1-Reform zur Senkung der Kosten, Verbesserung der Sicherheit und des Spektakels durchsetzen. Über das Argument der Sicherheit werden einige Änderungen schon 2005 und 2006 gegen den Willen der Teams durchgesetzt, weitere Auflagen sollen in Absprache mit den Teams folgen. Die Details dieser Reform werden in den nächsten Wochen verhandelt.
Die Technische Arbeitsgruppe der Formel 1 hat seit vergangenem Montag zwei Monate Zeit, um selbst Vorschläge einzubringen, wie man die Autos langsamer machen könnte. Stimmen diesem Vorschlag nicht zumindest acht von zehn Teams zu, stellt die FIA drei Reglementsvarianten in Aussicht, von denen dann eine angenommen werden muss. Dafür gibt es eine Frist von weiteren 45 Tagen nach Ablauf er ersten zwei Monate.
Nur noch drei Reifensätze pro Rennwochenende?
Auch in Sachen Reifen schlug Mosley Änderungen vor: "Wir werden zur Sprache bringen, je einen Satz Reifen für Freitag und Samstag zu verwenden plus einen weiteren für Qualifying und Rennen." Falls jemand einen Reifenschaden erleidet, soll ein weiterer Satz als Reserve zur Verfügung stehen. Weiterhin sollen die Reifenhersteller laut dem FIA-Präsidenten zwei verschiedene Gummimischungen für jedes Wochenende zur Verfügung stellen können.
"Darüber hinaus streben wir ab 2005 Motoren an, die zwei Wochenenden halten müssen. Weiter können wir in einem Jahr nicht gehen", so Mosley weiter. "2006 wollen wir einen Schritt weiter gehen und einen V8-Motor mit 2,4 Liter Hubraum vorschreiben. Die Einschränkungen werden tiefgreifender sein als von den sieben Motorenherstellern vorgeschlagen." Es werde Vorschriften hinsichtlich der Dimensionen geben und strengere Auflagen bezüglich der verwendeten Materialien.
Jene Teams, die für 2006 kein großes Werk als Partner haben, werden in den Genuss einer Ausnahmeregelung kommen: "Solchen Teams zwingen wir für ihre alten V10-Motoren einen Drehzahlbegrenzer auf, der sicherstellt, dass der V10-Motor weniger leistungsstark ist als die V8-Motoren der Konkurrenz - nicht viel leistungsschwächer, aber eben leistungsschwächer. Das Handicap der kleineren Teams im Vergleich zur Spitze wäre dann vielleicht sogar kleiner, weil wir das Leistungsdefizit regulieren könnten."
Standard-ECU soll zu Leistungskontrolle und Bio-Benzin führen
Weitere große Reformpläne betreffen die Aerodynamik - hier soll es schon kommende Saison "signifikante Veränderungen" geben, so Mosley - und die elektronische Steuereinheit. Nach jahrelangem Kampf um eine standardisierte Elektronik könnte diese Vision endlich Realität werden, was den endlosen Spekulationen um Schummeleien, illegale Traktionshilfen und andere verbotene Fahrhilfen ein Ende bereiten könnte.
"Die standardisierte Steuereinheit ist ein Projekt für die Zukunft", so Mosley, "und wird nicht mit den anderen Sicherheitsmaßnahmen verabschiedet. Damit wollen wir bis 2006 die Leistung der Motoren besser im Griff haben, auf Bio-Benzin umstellen." Ein weiterer Vorteil einer standardisierten Elektronik, den der Brite nicht konkret ansprach: Man kann die Traktionskontrolle wieder verbieten, da die Grauzonen in der Technik wegfallen würden.
Mosley, der nun politisch nichts mehr zu verlieren hat und auf niemanden mehr Rücksicht nehmen muss, da er sich im Herbst ohnehin zurückzieht, ist felsenfest davon überzeugt, seine Vorschläge durchsetzen zu können. Fraglich ist nur, wie viele Änderungen sich schon für kommende Saison umsetzen lassen, denn wenn alle Fristen eingehalten werden, würde das komplette Reglement erst Mitte Oktober stehen, was den Teams sicher viel zu spät wäre.

