Ferrari macht die Regeln für die Krise verantwortlich
Dass Ferrari 2005 bisher nicht konkurrenzfähig war, führen die Verantwortlichen des Rennstalls auf das neue Reglement zurück
(Motorsport-Total.com) - Ein zweiter Platz von Rubens Barrichello in Australien und ein siebenter von Michael Schumacher waren bisher die magere Ausbeute des Ferrari-Teams in der laufenden Saison. Dem stehen drei Ausfälle und eine Zielankunft außerhalb der Punkte gegenüber. Rechtzeitig zum Heimrennen in Imola soll nun die große Wende herbeigeführt werden.

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Die Vormachtstellung Ferraris wurde auch durch die neuen Regeln gebrochen
Doch wie konnte ein Traditionsrennstall innerhalb eines halben Jahres von einer einzigartigen Dominanz in ein so tiefes Tal schlittern? Gewiss, die Bridgestone-Reifen konnten die Erwartungen in den ersten drei Rennen nicht erfüllen, während das Vorjahresauto sicher nicht mehr den Speed hatte, um mit der Renault-Konkurrenz mitzuhalten; trotzdem ist es schwer zu erklären, dass man in so kurzer Zeit so abstürzen kann.#w1#
Neues Reifenreglement tut Ferrari am meisten weh
Ross Brawn, Technischer Direktor bei den Roten, glaubt, die Antwort zu kennen: "Es ist das neue Reglement", sagte er der 'Welt am Sonntag'. "Das Hauptproblem für Ferrari ist, dass für die Qualifikation und das Rennen nur ein Satz Reifen zugelassen sind. Wir haben diesen Punkt über den Winter bei den Tests nicht so gut in den Griff bekommen wie unsere Konkurrenten. Es widerlegt übrigens die abstruse These, dass die FIA bei jedem Wechsel der technischen Regeln Ferrari bevorzugt. Wenn man wie Ferrari in einer dominanten Position war, will man nicht die geringste Veränderung."
"Möglicherweise sind wir auf Anhieb nicht so effektiv wie die Konkurrenz, wenn es um neue Parameter geht", führte er den Gedanken weiter. "Vielleicht liegt es auch an einer anderen Ausgangsposition, die wir im Vergleich zur Konkurrenz haben. Wir mussten uns 2004 bis zum Ende der Saison auf den Gewinn der WM konzentrieren, egal wie dominant wir nun waren. Deshalb haben wir auch erst gegen Ende der Saison unsere Prioritäten auf das neue Auto legen können. Bei anderen Teams hat man sich schon sehr viel früher auf die nächste Saison vorbereitet."
Abgesehen davon wurde über den Winter die gesamte Philosophie der Formel 1 auf den Kopf gestellt: Zählte bisher in erster Linie der schiere Speed eines Rennautos, so kommt es nun viel mehr darauf an, strategisch zu fahren und mit dem Material hauszuhalten. Das veränderte Reifen- und Motorenreglement ist dafür verantwortlich zu machen. Auf die veränderte Situation haben sich andere Teams offenbar besser eingestellt als Ferrari.
Brawns strategische Spielchen sind nicht mehr möglich
"Rubens und vor allem Michael konnten früher aufgrund ihrer fahrerischen Möglichkeiten quasi drei oder vier Qualifikationen unter Sprintbedingungen fahren, ohne dabei auf die Reifen Rücksicht zu nehmen. Auf dieser Basis konnten wir auch eine wesentlich variablere Strategie anwenden. Diese Möglichkeiten existieren seit 2005 nicht mehr. Unsere ganze Philosophie, Rennen zu fahren, ist weggefallen", trauert Meisterstratege Brawn den taktischen Spielereien vergangener Tage nach.
Motorenchef Paolo Martinelli sieht diese Problematik ähnlich: "Die Leistung des Autos vom Start weg in jeder Runde zu maximieren", sei das Ziel von Ferrari, sagte er. "So hat das ganze Team jahrelang gearbeitet und gedacht. Ferrari wollte und wird immer ein Auto bauen, das von Beginn des Rennens Vollgas fahren kann und dafür die entsprechenden Fahrer haben. Diese Philosophie hat man uns durch das neue Reglement genommen. Ferrari muss sich ändern, will aber nach wie vor die alte Melodie spielen - nur mit anderen Instrumenten."
Nur Teamchef Jean Todt vermied es dezidiert, sich auf die veränderten Regeln auszureden, wenngleich er gegenüber der 'Bild am Sonntag' ebenfalls folgendes einräumen musste: "Hätte die FIA die Regeln nicht geändert, würde Ferrari jetzt besser dastehen." Aber: "Schuld an unserer Misere sind nur wir. Es ist uns nicht gelungen, die erfolgreiche Arbeit der letzten Jahre fortzusetzen. Aber das ändern wir wieder. Wir kommen zurück", kündigte der Franzose an.

