• 24.08.2003 20:04

  • von Kollmann / Hust / Nimmervoll

Ferrari droht der WM-Zug zu entgleisen

Während Barrichello mit einem gefährlichen Aufhängungsbruch ausschied, fuhr Michael Schumacher der Konkurrenz hinterher

(Motorsport-Total.com) - Der WM-Zug ist für Ferrari noch nicht abgefahren, aber er droht dem Weltmeisterteam zu entgleisen. In Budapest erlebten die Roten nicht nur die schlechteste Qualifyingleistung seit Jahren sondern auch eine blamable Vorstellung im Rennen ? nur ein Jahr nach dem triumphalen Showlaufen in der letzten Saison, als man sich nach dem Fahrer- auch den Konstrukteurstitel vorzeitig sicherte.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Schreckmoment für Barrichello: Im "Dreirad" über die Strecke

In diesem Jahr stand das Rennen aber ganz im Zeichen der Michelin-bereiften Teams, Schumacher fuhr der Konkurrenz nur hinterher, hatte in seiner schnellsten Rennrunde rund eine Sekunde Rückstand auf seine WM-Widersacher Juan-Pablo Montoya und Kimi Räikkönen: "Das war offensichtlich kein großartiges Rennen für mich", so der Weltmeister. "Ich steckte lange hinter einem langsameren Fahrzeug fest und konnte meine maximale Pace nicht ausschöpfen."

Schumacher ging in der Box der Sprit aus

Hinzu kamen Probleme beim Boxenstopp, die ihn auf den achten Rang zurückwarfen: "Wir hatten ein Problem beim zweiten Boxenstopp, als mir das Benzin ausgegangen ist. Es sind einfach viele Dinge nicht so gelaufen, wie wir gewünscht hätten. Die Weltmeisterschaft ist jetzt wirklich eng und zumindest führe ich noch." Zwei Punkte hat der Kerpener Vorsprung auf Räikkönen, auf Montoya ist es nur ein Zähler.

Damit sich Schumacher mit einem sechsten WM-Titel "unsterblich" machen kann, wird man in den kommenden Wochen intensiv an der Verbesserung des Gesamtpaketes arbeiten, vor allem der Rückstand auf dem Reifensektor ist eklatant: "Vor uns liegt ein wichtiger Test in Monza und ich bin zuversichtlich, dass wir dort unser Paket verbessern können. Wir können jetzt nur noch hart arbeiten, aber ich kenne dieses Team als eines, das genau dazu in der Lage ist, freue mich daher auf die drei noch zu fahrenden Rennen."

Horrorunfall von Barrichello

Zu allem Überfluss verunglückte Rubens Barrichello schwer, als ihm die komplette linke Hinterradaufhängung am Ende der Start- und Zielgeraden abbrach: "Ich lag gut im Rennen, als ich, aus Gründen die ich nicht kenne, das linke Hinterrad verlor und in die Streckenbegrenzung krachte. Zum Glück habe ich mich dabei nicht verletzt und körperlich bin ich in Ordnung", gab Rubens Barrichello, der ohne fremde Hilfe seinem demolierten Boliden hatte entsteigen können, nach dem Rennen Entwarnung.

"Ich bin aber absolut nicht zufrieden mit dem Umstand, dass sich die Mediziner nach meinem Unfall und meiner Rückkehr an die Box nicht im Geringsten für meinen Zustand interessiert haben", kritisierte der Brasilianer die unübliche Behandlung, denn normalerweise werden alle Fahrer nach einem solch schweren Unfall, selbst wenn es ihnen offensichtlich gut zu gehen scheint, sicherheitshalber im medizinischen Zentrum durchgecheckt.

Enttäuschung aller Orten

"Für Michael war es einfach unglücklich, dass er immer hinter langsameren Autos fest hing. Wie dem auch sei, wir waren heute einfach nicht wirklich konkurrenzfähig, wenngleich ich auch denke, dass wir ein gutes Ergebnis erzielen hätte können", bestätigte Barrichello die allgemein nicht gute Wettbewerbsfähigkeit der Roten im Rennen.

"Gestern habe ich gesagt, dass das Ergebnis in der Qualifikation enttäuschend gewesen ist und das Rennresultat ist das noch umso mehr", war Ferrari-Teamchef Jean Todt über den katastrophalen Ausgang des Ungarn-Grand Prix aus Sicht der Roten entsetzt und dürfte wenige Minuten nach dem Rennen die erste Krisensitzung einberufen haben.

Einfach nicht konkurrenzfähig

"Wir müssen herausfinden was an Rubens Auto vorgefallen ist bevor der Unfall passierte. Michael konnte zwar nur einen einzigen Punkt holen, jedoch ist das zumindest genug gewesen, sodass er in der Fahrerwertung, in der es nun ein sehr enger Kampf zwischen drei Fahrern innerhalb von zwei Punkten ist, noch führt. Wir haben aber die Führung in der Konstrukteurswertung verloren und liegen nun acht Punkte hinter dem neuen Führenden. Heute waren wir einfach nicht konkurrenzfähig."

"In einem Rennen, in dem die Boxenstopp-Strategie eine Hauptrolle spielte, konnte Michael nie das Beste herausholen als er auf neuen Reifen unterwegs war und befand sich immer hinter einem langsameren Auto", nannte der Franzose die für den achten Platz von Schumacher verantwortlichen Gründe.

Appell an die technischen Partner

Obwohl der Grand Prix für das Team aus Maranello ernüchternd verlief und derzeit alles darauf hindeutet, dass es schwierig werden wird, die beiden Meisterschaftstitel erfolgreich zu verteidigen, gibt man sich jedoch noch nicht geschlagen: "Der Kampf um die beiden WM-Titel wird in den letzten drei Rennen entschieden werden. Wir müssen nun mit unseren technischen Partnern versuchen, die in dieser Phase der Saison vorherrschende Situation wieder zu unseren Gunsten zu verändern. Heute ist es sehr enttäuschend gelaufen, doch wir wissen, dass wir in der Lage sind zu reagieren und zur Konkurrenzfähigkeit auf dem höchsten Niveau zurückkehren können."

Barrichello-Unfall gibt Rätsel auf

"Wir wissen den Grund der zu Rubens Unfall geführt hat noch nicht. In der Telemetrie und von den Sensoren her konnten wir jedenfalls nichts Ungewöhnliches erkennen. Das ist etwas womit wir noch nie zuvor konfrontiert worden sind, weshalb wir warten müssen, bis uns das Auto zurückgebracht wurde, um mit einer gründlichen Analyse beginnen zu können", ging der Technische Direktor von Ferrari kurz auf das spektakuläre Ausscheiden von Barrichello ein.

Zu allem Überfluss Pech im Rennen

Brawn weiter: "Das Rennen begann für uns ziemlich schlecht, denn wir schienen einfach zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Was Michael angeht, so hatte er kein Benzin mehr als er zum zweiten Boxenstopp kam, wodurch er die Gelegenheit verpasste Trulli zu überholen, der jedes Mal wenn wir aus der Box herauskamen vor ihm sehr langsam unterwegs war. Meiner Meinung nach waren drei Stopps die richtige Strategie. Für uns war es aber trotzdem ein enttäuschendes Rennen. Ich bin aber sicher, dass wir über alles verfügen was notwendig ist um wieder zurückzuschlagen."