• 09.01.2009 11:14

  • von Dieter Rencken

Exklusiv: Warum Richards Honda nicht will

'Prodrive'-Chef David Richards im Exklusiv-Interview über die Rückzüge japanischer Hersteller, die Arbeit der FOTA und seine Absage an Honda

(Motorsport-Total.com) - Als Honda den plötzlichen Rückzug aus der Formel 1 verkündete und nur wenige Stunden später Gerüchte über die Weiterführung des Rennstalls die Runde machten, war David Richards einer der erstgenannten Kandidaten für einen möglichen Kauf des Teams. Der 'Prodrive'-Chef war bereits als Teamchef für BAR-Honda und Jaguar in der Formel 1 aktiv und scheiterte zuletzt mit seinem Versuch, mit McLaren-Kundenautos in die Königsklasse einzusteigen.

Titel-Bild zur News: David Richards

David Richards will unter den aktuellen Umständen nicht in die Formel 1

Nachdem sich der von 'Prodrive' betreute Hersteller Subaru aus der Rallye-Weltmeisterschaft zurückzog, gab es offenbar wirklich konkrete Übernahmepläne für Honda. Doch gestern erteilte Richards der Mannschaft um Geschäftsführer Nick Fry und Teamchef Ross Brawn eine Abfuhr. Unter den gegebenen Umständen sei an einen Einstieg mit dem bisherigen Honda-Team nicht zu denken, hieß es. Im Exklusiv-Interview mit 'Motorsport-Total.com' im Rahmen der "Autosport International Show" in Birmingham erklärte Richards seine Gründe.#w1#

Rückzüge typisch japanisch?

"Die Befürchtung war immer da: Wenn einer geht, werden die anderen auch wieder folgen." David Richards

Frage: "David, in den vergangenen Monaten ist viel im hochklassigen Motorsport passiert. Es gab die Rückzüge von Honda, Subaru, Suzuki und Kawasaki. Ist das gewissermaßen symptomatisch für das Engagement japanischer Hersteller?"
Richards: "Ja, ich denke schon, dass es ein bisschen symptomatisch ist. Es liegt vielleicht ein wenig in der japanischen Kultur. Sie denken immer sehr langfristig und gehen die Dinge mit großer Entschlossenheit ab. Man kann daher gut mit den Leuten zusammenarbeiten, denn sie sind über viele Jahre verlässliche Partner."

"Aber als der erste in den Motorsport ging, zogen alle hinterher. Das war der Trend, man musste dabei sein. Die japanischen Hersteller haben den Motorsport in den vergangenen Jahrzehnten geprägt. Aber eine Befürchtung war immer da: Wenn einer geht, werden die anderen auch wieder folgen."

Frage: "Und das ist typisch japanisch?"
Richards: "Ja, vielleicht ist das Teil der Wirtschaftskultur dort. Wenn etwas nicht mehr im Trend liegt oder in der Öffentlichkeit nicht mehr so gut ankommt, dann zieht man eben Konsequenzen."

Frage: "Ist das Teil eines Kreislaufs?"
Richards: "Ja, ich kann mir das schon wie einen Kreislauf vorstellen. Ich denke, dass wir einige von den Herstellern in absehbarer Zeit wiedersehen werden.

Wie 'prodrive' weiter Geld verdienen will

"Wenn ich mir das Jahr 2008 anschaue, dann haben wir mit Subaru vielleicht 20 Prozent unseres Umsatzes gemacht." David Richards

Frage: "Wenn wir uns die aktuellen Rückzüge anschauen, dann erkennen wir doch, dass sie alle in den vergangenen vier oder fünf Jahren nicht sonderlich erfolgreich waren. Kann das auch ein Grund gewesen sein?"
Richards: "Ja klar. Solche Aktionen haben immer mehr als einen Grund. Dahinter stecken immer komplexe Probleme. Ein Rückzug fällt natürlich immer deutlich schwerer, wenn du erfolgreich bist. Wenn man die selbst gesteckten Ziele nicht erreicht, geht das immer leichter von der Hand."

Frage: "Mit zwei dieser vier Kandidaten warst du selbst eng verbunden. Mit Honda aus deiner Zeit bei BAR-Honda in der Formel 1 und natürlich mit Subaru. Wie wirken sich die Rückzüge ganz konkret auf dein Unternehmen 'Prodrive' aus?"
Richards: "Auch emotionaler Sicht ist das natürlich extrem traurig. Wir haben mit denen (Subaru; Anm. d. Red.) 20 Jahre lang zusammengearbeitet. Wir hatten eine tolle Partnerschaft und waren auch sehr erfolgreich. Sie haben aber einige wirklich hartnäckige wirtschaftliche Probleme. Wenn ich mir das Jahr 2008 anschaue, dann haben wir mit Subaru vielleicht 20 Prozent unseres Umsatzes gemacht."

Frage: "Umfasst das nur den reinen Rennsport, oder ist auch der Kundenmarkt mit darin enthalten?"
Richards: "Das umfasst die komplette Zusammenarbeit mit Subaru. Was unsere Mitarbeiterzahl anbelangt, da waren sogar weniger als 20 Prozent meiner Leute mit den Subaru-Aufträgen beschäftigt. Wir müssen uns natürlich an die neuen wirtschaftlichen Umstände anpassen."

"Aber mit den neuen Regeln in der Rallye-Weltmeisterschaft ab 2010 ergibt sich auch die Chance für uns, mit einigen neuen Leuten in der WRC zusammenzuarbeiten. Wir können das völlig anders angehen als in der Vergangenheit. Wir werden andere Kostenstrukturen haben, andere Wege der Zusammenarbeit und wir können vielleicht nicht-exklusive Dinge anbieten für Hersteller, die uns bisher verschlossen waren."

Was hält Richards von Honda fern?

Jacques Villeneuve und David Richards

David Richards arbeitete als Teamchef bereits mit Jacques Villeneuve zusammen Zoom

Frage: "Nun aber zur Formel 1. 'Prodrive' hat mit der Formel 1 noch eine Rechnung offen. Nun gibt es die aktuelle Gelegenheit, das bisherige Honda-Team zu übernehmen. Bist du dort noch am Ball?"
Richards: "Also erst einmal würde ich nicht sagen, dass wir noch eine Rechnung offen haben. 'Prodrive' ist ein Teil der Motorsportszene und die Formel 1 ist die Spitze des Motorsportbusiness. Die Situation mit Honda kommt leider zu einem für alle Beteiligten schwierigen Zeitpunkt."

"Wir kennen die Auswirkungen des Sparpakets in der Formel 1 noch nicht. Die wirtschaftlichen Umstände sind - vorsichtig gesagt - herausfordernd. Außerdem erfordert ein Unternehmen der Größe Hondas eine Umorganisation. Ich frage mich daher ernsthaft, ob das wirklich das ist, was wir zu diesem Zeitpunkt tun sollten."

Frage: "War dein Interesse ernsthaft?"
Richards: "Ja."

Frage: "Ich sagte, ihr habt eine offene Rechnung, weil euer 'Prodrive'-Projekt in der Formel 1 nie zustande gekommen ist. Kommt der Formel-1-Einstieg generell noch in Frage?"
Richards: "Wir haben die Infrastruktur, um sofort loslegen zu können. Wir haben die Ausstattung im Werk, wir haben auch das Personal. Ich bleibe bei meiner ursprünglichen Aussage, aber es müssen eben zwei wichtige Bedingungen erfüllt sein."

"Erstens: Es muss sich finanziell tragen können. Natürlich ist jedem klar, dass man zu Beginn etwas investieren muss, doch will man auf absehbare Zeit auch etwas davon zurückbekommen können. Zweitens muss man konkurrenzfähig sein können. Ich habe nicht vor, mich am Ende des Starterfeldes mit anzustellen."

Frage: "Du hast den Aufbau der Teamvereinigung FOTA sehr interessiert verfolgt. Welchen Einfluss wird die FOTA in Zukunft auf das Regelwerk in der Formel 1 haben?"
Richards: "Eine solche Organisation hat viele Jahre lang gefehlt. Luca di Montezemolo (Vorsitzender der FOTA; Anm. d. Red.) ist ein angesehener Formel-1-Kenner. Er kennt die Szene vielleicht besser als jeder andere. Das alles bietet eine gute Basis für Verhandlungen im Sinne der Teams."

Retten Kundenautos die Formel 1?

"Manchmal ändern sich die Umstände. Man sollte für alles offen sein..." David Richards

Frage: "Kannst du dir vorstellen, dass die FOTA Kundenautos zulassen wird?"
Richards: "Man muss sich daran erinnern, dass ein FOTA-Mitglied dies beim letzten Mal geblockt hat. Da gibt es unterschiedliche Interessen. Es gibt immer noch einige Leute, die ein Kundenauto als Gegenteil des Grundgedankens der Formel 1 betrachten. Ich muss die Meinung dieser Leute respektieren, auch wenn ich nicht mit ihnen übereinstimme. Ich denke, dass Kundenautos die Serie eher stärken und ihr ganz und gar nichts nehmen würden. Aber man ist ja gerade sowieso auf dem Weg dorthin. Durch die geplanten Einheitsteile wird man zwar kein zwillingsgleiches Auto haben aber irgendwann zu 60 oder 70 Prozent das gleiche Auto wie alle anderen."

Frage: "Abschließend erkläre uns bitte, ob die Übernahme vom Honda ganz vom Tisch ist oder nicht. Gibt es noch eine Chance?"
Richards: "Ich habe im Motorsportbusiness gelernt, dass man nie nie sagen sollte. Kurz vor Weihnachten haben wir entschieden, dass es zurzeit nicht die richtige Richtung für uns ist. Wir haben uns hingesetzt und uns das ganz nüchtern angeschaut. Auf dieser Grundlage muss ich sagen, dass es zum aktuellen Zeitpunkt nicht das Richtige für uns ist. Aber manchmal ändern sich die Umstände. Man sollte für alles offen sein..."

Frage: "Also gibt es noch eine Möglichkeit?"
Richards: "Möglichkeiten gibt es immer."