• 13.06.2010 15:08

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Entschieden: KERS, Heckflügel, Mindestgewicht

Die TWG hat Vorschläge für die Rückkehr von KERS, einen verstellbaren Heckflügel und eine Erhöhung des Mindestgewichts verabschiedet

(Motorsport-Total.com) - Beim Meeting der Technischen Arbeitsgruppe (TWG) am Donnerstag in Montréal wurde neuerlich intensiv über das Reglement für 2011, aber auch für die Jahre danach diskutiert. Die Technischen Direktoren der Teams einigten sich dabei unter dem Vorsitz des Technischen Delegierten der FIA, Charlie Whiting, auf eine Reihe von Maßnahmen.

Titel-Bild zur News: Charlie Whiting und Stefano Domenicali

FIA-Cheftechniker Charlie Whiting im Gespräch mit Stefano Domenicali

Wie berichtet soll bereits ab kommender Saison anstelle des verstellbaren Frontflügels ein verstellbarer Heckflügel eingeführt werden, um Überholmanöver zu erleichtern. Der Clou daran: Das System darf nur im direkten Zweikampf und auch dann nur vom Hintermann eingesetzt werden, um zu verhindern, dass wie zu KERS-Zeiten beide Fahrer gleichzeitig den Knopf im Cockpit drücken und die Wirkung letztendlich verpufft.#w1#

Heckflügel: Details noch zu klären

HRT-Technikchef Geoff Willis erklärt gegenüber 'Motorsport-Total.com': "Wir messen über das GPS den Abstand zwischen zwei Autos. Wenn der Hintermann innerhalb eines bestimmten Abstands zum Vordermann ist - das könnte zum Beispiel eine Sekunde sein, aber das müssen wir noch genau festlegen -, darf er den verstellbaren Heckflügel einsetzen, und zwar aus Sicherheitsgründen nur so lange, bis er zum nächsten Mal bremst."

Noch keine Entscheidung wurde dahingehend getroffen, wie oft ein Fahrer pro Runde oder Rennen den Heckflügel kurzzeitig flacher stellen darf, um auf diese Weise mehr Höchstgeschwindigkeit zu generieren: "Ob einmal pro Runde, zweimal oder fünfmal, das muss alles erst entschieden werden. Im Moment finden wir aber, dass das System vom Start bis zum Ende der zweiten Runde nicht eingesetzt werden sollte", sagt Willis.

"Einige Teams haben schon Simulationen angestellt, aber uns ist noch nicht hundertprozentig klar, wie viel der Heckflügel bringen wird - sieben km/h, zehn, zwölf? Wird er das Überholen ganz leicht machen oder nur ein bisschen leichter? Davon werden wir abhängig machen, wie oft man den Knopf pro Rennen drücken darf", führt er aus. Zuvor hatte Robert Kubica Bedenken angemeldet, dass ein verstellbarer Heckflügel das Überholen sogar zu einfach machen könnte.

¿pbvin|512|1419||0|1pb¿Neben dem verstellbaren Heckflügel wurde seitens der TWG auch eine Erhöhung des Mindestgewichts von derzeit 620 auf 640 Kilogramm abgesegnet. Hintergrund: "Wir wollen das Chassis noch sicherer gestalten - und KERS kommt auch zurück", so Willis. Alleine das Energierückgewinnungssystem wiegt geschätzte 30 Kilogramm; dazu kommen noch kleinere Modifikationen am Chassisreglement.

Die Teams reagieren damit auf den Unfall von Timo Glock in Suzuka vor einem Jahr, als der Deutsche an den Beinen verletzt wurde. Die Chassisunterseite soll nun mit einer zusätzlichen Kevlarplatte verstärkt werden. Außerdem wird die Anzahl der Kevlarseile zur Absicherung der Räder von vier auf acht verdoppelt, was insgesamt weitere zwei Kilogramm kostet. "Es geht ja nicht nur um die Seile selbst, sondern auch um die Befestigungen", erläutert Sam Michael.

KERS-Comeback steht fest

In Sachen KERS ist die Entscheidung endlich gefallen: "Die FOTA-Teams haben sich darauf verständigt, KERS 2010 freiwillig nicht einzusetzen, aber es wird 2011 Teams geben, die das System einsetzen", bestätigt Willis. "Eine Abstimmung ist dafür gar nicht erforderlich, weil es laut Reglement ohnehin zugelassen ist. Ich glaube aber nicht, dass alle Teams mit KERS fahren werden. Welche das sein werden, ist noch nicht hundertprozentig klar."

Um die KERS-Kosten zu entschärfen, wurde eine Ausgabengrenze definiert. So darf der Einsatz des Systems pro Team und Saison maximal eine Million Euro kosten. Entwickelt jemand sein eigenes KERS, so ist zusätzlich ein Budget von weiteren fünf Millionen Euro freigestellt. Das ist deutlich geldbeutelschonender als 2009, als Firmen wie BMW und Mercedes teilweise weit jenseits der 20 Millionen Euro investiert haben.

Am FIA-Reglement wird hinsichtlich KERS nichts geändert, was bedeutet, dass es zunächst bei den gleichen Leistungsdaten bleibt (82 PS zusätzlich für 6,7 Sekunden pro Runde). Außerdem bleibt der Einsatz freiwillig. Eingeschränkt werden soll dafür die Art und Weise der Technologie: "Entweder Batterie oder Schwungrad", präzisiert Williams-Technikchef Michael, dessen Arbeitgeber ein fertiges Schwungrad-KERS in Grove stehen hat.


Fotos: Großer Preis von Kanada


Bei den Entscheidungen der TWG handelt es sich freilich nur um Vorschläge, die nun an die Formel-1-Kommission weitergeleitet werden. In dieser sitzen Vertreter der Teams, der FIA, des Inhabers der kommerziellen Rechte, von Zulieferern und Sponsoren. Die Kommission wird die Vorschläge dann formalisieren und an den Motorsport-Weltrat der FIA übergeben, der entweder ratifizieren oder ablehnen, aber nicht einzelne Punkte modifizieren kann.

Gesprochen wurde am Donnerstag aber nicht nur über 2011, sondern auch über die kommenden Jahre: "Es wurde schon über vieles diskutiert, aber noch nicht im Detail. Beim nächsten Meeting der Technischen Arbeitsgruppe müssen wir einige grundlegende Dinge für 2012 klären", sagt Willis und kündigt die große Reform für 2013 an. Aber: "Für 2013 erwarte ich erst noch einige Vorschläge von der FIA-Motorengruppe um Gilles Simon."