Ein Jahr Pause für Fernando Alonso eine Option?

Die Spekulationen um die Zukunft von Fernando Alonso beschäftigen die Experten während der "Sommerpause" der Formel 1 nach wie vor

(Motorsport-Total.com) - Wenn man derzeit die Formel-1-Experten zu Wort kommen lässt und zur Zukunft der beiden McLaren-Mercedes-Piloten befragt, dann erhält man recht unterschiedliche Antworten - von "beide bleiben im Team" bis hin zu "beide verlassen das Team". Genauso vielfältig sind die Spekulationen über eine Zukunft der beiden Piloten bei einem möglichen vorzeitigen Teamwechsel.

Titel-Bild zur News: Ron Dennis und Fernando Alonso

Die Spekulationen um Fernando Alonsos Zukunft reißen nicht ab

Besonders in Spanien überschlagen sich die Medien mit der Berichterstattung über "ihren" Fernando Alonso, der die Medien in seiner Heimat gezielt dazu zu verwenden scheint, Druck auf seinen Arbeitgeber auszuüben, während er sich gegenüber britischen Medien geradezu Hand-zahm zeigt.#w1#

So soll der amtierende Weltmeister ein Ultimatum ausgesprochen haben ("Entweder Hamilton oder ich", laut 'Marca') oder gar davon gesprochen haben, dass er entschlossen ist, das Team zu verlassen, weil er sich nicht so behandelt fühlt, wie er das erwartet hatte.

Kann sich McLaren-Mercedes eine solche Fahrerpaarung leisten?

Der ehemalige Formel-1-Pilot und heutige Formel-1-Experte von 'Premiere' und 'Motorsport-Total.com' Marc Surer ist einer jener Insider, die sich nicht vorstellen können, dass die Fahrerpaarung auch im kommenden Jahr bei McLaren-Mercedes Fernando Alonso und Lewis Hamilton heißen wird: "Im Moment bin ich mir ziemlich sicher, dass dies nicht der Fall sein wird. Warum sollte man sich das antun?"

Fernando Alonso und Lewis Hamilton

Die Stimmung zwischen Alonso und Hamilton ist angespannt Zoom

Die Frage ist jedoch, wer in diesem Fall seinen Helm nehmen wird: "Im Moment ist es sicherlich Alonso", meint der Schweizer im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Wobei, wenn man (als möglicher neuer Arbeitgeber; Anm. d. Red.) für die Zukunft abgesichert sein möchte, dann ist sicherlich der Hamilton der heißeste Kandidat."

Aus Verträgen kommt man raus, aber ist das sinnvoll?

"Wenn er also eine Klausel im Vertrag hat, dann wird die Möglichkeit sicherlich erwogen werden", so Surer weiter. "Es gibt natürlich immer diese Geschichte, die damals bei Kimi Räikkönen und Sauber funktioniert hat, indem er einfach sagt, dass er nicht mehr für das Team fahren möchte. Aber aus meiner Sicht wäre es von Hamilton falsch, so etwas zu machen. Er sitzt in einem guten Auto, er kann damit Weltmeister werden, wieso soll also er weggehen?"

Lewis Hamilton

Lewis Hamilton weiß, dass er bei McLaren-Mercedes gute Siegchancen hat Zoom

Surer bleibt dabei, dass Alonso die logischere Wahl ist: "Er ist unzufrieden, er hat ja von Anfang an gesagt, dass er in einem englischen Team mit einem englischen Fahrer zusammen ein Problem hat, mit dem er nicht gerechnet hat. Also wird es logischerweise der Alonso sein, wer weggeht. Dass sich die Teams bereits um Hamilton reißen, ist eine andere Geschichte."

Wenn Verträge zum Theorie-Werk verkommen

Teamchef Ron Dennis und Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug erwarten, dass beide Piloten ihre Verträge mit dem Team erfüllen werden. Die Frage ist nur, ob sie das tun müssen. Denn beide Parteien verpflichten sich per Vertrag üblicherweise, reglementkonform zu handeln.

Norbert Haug, Fernando Alonso und Ron Dennis

Kostet der "Spionage-Skandal" Haug und Dennis einen oder beide Piloten? Zoom

Der Weltmotorsportrat hat im Juli befunden, dass das Team gegen Paragraf 155c des internationalen Sportgesetztes verstoßen hat, da man sich im Besitz geheimer Ferrari-Informationen befunden hat. Auch wenn es meist das Recht zur Nachbesserung gibt, sind beide Fahrer ab diesem Moment im Prinzip "frei".

Beide Fahrer könnten diese Situation jedoch auch dazu benutzen, bei Teamchef Ron Dennis vorstellig zu werden. Alonso, um sich den Nummer-1-Status zusichern zu lassen - der offiziell nicht existiert -, Hamilton, um angesichts seiner Leistungen und Anfragen anderer Teams eine ordentliche Gehaltserhöhung rauszuschlagen.

Hamilton wird bereits "angebaggert"

Es ist gewiss kein Zufall, dass Nicolas Todt, Sohn von Ferrari-Rennleiter Jean Todt und Freund sowie ehemaliger GP2-Arbeitgeber von Lewis Hamilton geschickt fallen lässt, dass sich Ferrari für die Dienste Hamiltons interessiert. Es ist sogar die Rede von einer Absichtserklärung, die Vater Anthony Hamilton vorliegt. Im Vertragspoker ein Triumph.

Lewis und Anthony Hamilton

Lewis und Anthony Hamilton nutzen die Gunst der Stunde Zoom

Wie die 'motorsport aktuell' berichtet, gehen die politischen Machtkämpfe mittlerweile so weit, dass Anthony Hamilton bei der Rennleitung in Ungarn im Namen seines Sohnes Protest gegen die Benachteiligung im Qualifying durch Fernando Alonso einlegte. Die FIA soll sich daraufhin gezwungen gesehen haben, den Vorfall näher unter die Lupe zu nehmen - worauf nicht nur Alonso sondern auch das Team bestraft wurde.

Was macht Alonso?

Alonso wurde in den vergangenen Tagen von den Medien zu einigen Teams geschrieben. Es war die Rede von einer Rückkehr zu Renault und einem Wechsel zum BMW Sauber F1 Team. Dass Alonso-Manager Luiz Garcia Abada im Hospitality-Bereich des BMW Sauber F1 Teams auf einen Cappuccino vorbeigeschaut haben soll und sich mit Flavio Briatore unterhalten hat, mag nur geschickt auffällig gemacht worden sein, um den Druck auf McLaren-Mercedes zu erhöhen.

Fernando Alonso

Was geht Fernando Alonso derzeit durch den Kopf? Zoom

Vielleicht ist aber auch etwas mehr dahinter. Dass sich das BMW Sauber F1 Team bereits öffentlich zu beiden aktuellen Fahrern bekannt hat, muss in der Formel 1 nicht alles heißen. Angeblich hat Heidfelds Management - in Ungarn noch ohne Vertrag für 2008 - McLaren-Mercedes an die Vertragslosigkeit seines Schützlings erinnert.

Die Formel 1 ist immer wieder für Überraschungen gut

Die derzeit abenteuerlustigste Spekulation: Renault erhält den "verlorenen Weltmeister-Sohn" Fernando Alonso zurück, Lewis Hamilton wechselt zu Ferrari, wo er Felipe Massa ablöst, den Ferrari mit einer Mitgift zu Renault abschiebt. Dort hat Flavio Briatore derzeit "keine Eile", seine Fahrer für 2008 bekannt zu geben. Der gewiefte Italiener weiß, warum er derzeit noch abwartet.

Legt Alonso ein Jahr Pause ein?

Marc Surer bringt gegenüber 'Motorsport-Total.com' noch eine völlig neue Variante ins Spiel: "Fernando Alonso wird ein Jahr Urlaub machen. Egal, ob er die Weltmeisterschaft nun ein drittes Mal gewinnt oder nicht, er kann nicht mit Hamilton in einem Team bleiben. Wenn er nicht die Möglichkeit hat, gleich wieder Weltmeister zu werden, wieso soll er dann nicht ein Jahr Urlaub machen?"

Marc Surer

Marc Surer kann sich vorstellen, dass Alonso ein Jahr Pause macht Zoom

"Er hat ja schon ein paar Jahre Druck gehabt. Die Meisterschaften, die er gewinnen konnte, waren nicht einfach. Einmal war der Kimi Räikkönen mit einem schnelleren Auto unterwegs, dann der Michael Schumacher. Er hat jeweils gegen ein schnelleres Auto gewonnen, das zehrt, auch an einem jungen Fahrer. Ich kann mir schon vorstellen, dass er eine Pause machen wird, vor allem, da ihm auch die Presse-Arbeit zum Hals raus hängt."

Was hat Briatore mit dem Fall zu tun?

Die spanischen Medien bleiben unterdessen dabei, dass Flavio Briatore längst mit 'Téléfonica' zusammen gespannt hat, um eine doppelte Rückkehr zu Renault zu realisieren. 'Telefónica' könnte so McLaren-Hauptsponsor 'Vodafone' ein Schnippchen schlagen und Briatore seinem Erzrivalen Ron Dennis, an den er Alonso verloren hatte, ärgern, der trotz seiner Management-Vereinbarung mit Briatore den Teamwechsel eigenmächtig durchgezogen hatte. Das geschätzte notwendige Budget von 30 Millionen Euro würde der Sponsor aufbringen.

Flavio Briatore

Briatore verfolgt die "Spionage-Affäre" sicherlich nicht ganz uneigennützig Zoom

Alonso hatte das Team in erster Linie verlassen, weil er sich nicht sicher war, wie es mit Renault weiter ging, machte das Gerücht die Runde, dass sich die Franzosen aufgrund eines Wechsels im Management aus der Formel 1 zurückziehen könnten. Mittlerweile ist dieser Plan vom Tisch, im Gegenteil, man investiert kräftig in ein langfristiges Technologie-Projekt.

Kommen alle wieder zur Vernunft?

Vielleicht kommt am Ende aber auch alles anders als spekuliert und beide Piloten bleiben McLaren-Mercedes treu. Dann müsste Ron Dennis wie einst bei Mika Häkkinen Fernando Alonso zur Nummer 1 erklären und Lewis Hamilton etwas ausbremsen. Gegen das entsprechende Schmerzensgeld natürlich. Die Frage, die sich Alonso und Hamilton derzeit sicherlich auch stellen: Wer kann ihnen im Moment ein besseres technisches Paket zur Verfügung stellen als McLaren-Merdedes?