• 28.07.2001 10:34

  • von Marcus Kollmann

Eddie Jordan im ausführlichen Interview

Der Teamchef spricht über den Fall Frentzen, die Gründe, die Zukunft und Jarno Trulli sowie Ricardo Zonta

(Motorsport-Total.com/Haymarket) - In der Formel 1 gilt Eddie Jordan als einer der gerissensten und kontroversesten Figuren im Paddock. Seine Entscheidung, fortan auf die Dienste von Heinz-Harald Frentzen zu verzichten, überraschte aber so ziemlich jeden. In einem ausführlichen und aufschlussreichen Interview hat der Ire sich nun über die Situation, welche zur Kündigung Frentzens führte, sowie darüber hinaus zur Situation mit Jarno Trulli und Ricardo Zonta geäußert.

Titel-Bild zur News: Eddie Jordan (Teamchef)

Eddie Jordan hofft, dass sich bald wieder alles normalisiert

Frage: "Was hat den Ausschlag für Heinz-Harald Frentzens Rauswurf gegeben?"
Eddie Jordan: "Es war keine großartige Saison für uns und es gab jede Menge an Hochs und Tiefs. Wir haben sehr oft darüber gesprochen und wir haben nach Silverstone geredet. Es gab eine Vielzahl an Dingen, mit denen ich unzufrieden war und ich wollte verschiedene Sachen machen, über welche wir uns letztendlich nicht verständigen konnten. Es wirkt vielleicht alles gekünstelt aber es war letzten Endes einfach so wie eben beschrieben."

Frage: "Aber es ist doch eine drastische Entscheidung oder?"
Jordan: "Heinz ist einer der nettesten Leute, welche einen Formel-1-Boliden fahren können, daran gibt es keinen Zweifel. Ich glaube, dass jeder weiß was für ein fantastischer Mann er ist. Aber das bedeutet nicht, dass wenn gewisse Anzeichen dafür da sind, wenn man nicht sieht wie es weitergehen soll, dass man dann nicht erklären kann sich zu trennen oder nicht übereinzustimmen."

Frage: "Haben Sie dabei mehr an die Zukunft des Teams gedacht?"
Jordan: "Die Zukunft des Teams bedeutet mir alles. Ich glaube, dass wir Leistungen für unsere Sponsoren, unsere Partner, unsere Fahrer und unser Personal, mich inbegriffen, bringen müssen. Egal ob ich richtig oder falsch liege, ich muss die Gewissheit haben, dass wir auf dem Weg den wir gehen die bestmöglichen Resultate erzielen. Wie ich schon gesagt habe, ich war über einige vorgefallene Sachen sehr unzufrieden und daraus ist die Entscheidung entstanden."

Frage: "Gab es zwischen Ihnen und Heinz-Harald Frentzen einen Streit, einen Bruch?"
Jordan: "Ich denke nicht, dass es einen Streit oder Bruch gegeben hat. Es gab eine Diskussion. Fakt ist, dass es in den zwei Jahren niemals einen Streit gegeben hat. Ganz einfach weil ich ihn nie diesbezüglich seine Stimme heben erlebt habe und ich glaube, dass ich selbst auch nie ihm gegenüber laut geworden bin. Es gab nie einen Streit, das steht außer Frage."

Frage: "Sind Sie enttäuscht, dass es so weit gekommen ist und endet?"
Jordan: "Absolut. Man wird nie einen einfacheren und netteren Fahrer finden, aus diesem Blickwinkel ist es sehr sehr enttäuschend. Es ist auch sehr schade einen Freund unter diesen Umständen zu verlieren. Hoffentlich wird die Zeit die Wunden heilen, aber sehr oft sehen die Leute es aus einer anderen Perspektive, und es mag jetzt nicht der richtige Zeitpunkt sein dies zu versuchen und zu tun."

Frage: "Hat Heinz-Harald irgendeine Entschuldigung für seine schwache Performance vorgebracht?"
Jordan: "Ich werde mich diesbezüglich nicht äußern. Sie nehmen an, dass eine Sache der anderen gefolgt ist - dass er der böse Junge ist oder ich es bin. Es war eine von vielen Sachen die ich zu tun hatte, um das Team voran zu bringen. Wir hatten in vielerlei Belangen andere Ansichten, wie und warum einige Dinge passiert sind und was in der Zukunft passieren wird."

Frage: "Klingt ganz so, als ob die Situation noch lange nicht vorbei ist, denn Heinz-Harald will rechtliche Schritte einleiten..."
Jordan: "Ehrlich gesagt habe ich das Gleiche gelesen wie Sie. Das ist nicht unüblich. Er muss sich selbst schützen und ich habe das erwartet. Genauso wie wir uns schützen müssen. Das ist eine Aufgabe des Managements. Sein Management hat sich dazu entschieden, wir nicht. Lassen Sie uns hoffen, dass das, was vorgefallen ist, sich später als das Beste was Jordan und Heinz hat passieren können herausstellt. Ich möchte hoffen, dass Heinz eine lange Rennfahrerkarriere vor sich hat. Es liegt an ihm."

Frage: "Es ist keine Entscheidung gewesen, welche Sie leicht getroffen haben, hat doch ihr Team in der Deutschen Post einen großen, bekannten deutschen Sponsor und geschah dies doch vor deren Heim-Grand Prix, oder?"
Jordan: "Ich glaube, dass die Leute sagen, dass wir zum Anfang zu sanftmütig waren. Ich denke jedoch nicht, dass wir uns in Bezug auf unsere Einstellung geändert haben. Wenn Änderungen anstehen kann ein kurzzeitiger Schmerz langfristig positive Auswirkungen haben. Irgendjemand hat Ähnlichkeiten zwischen der jetzigen Situation und der mit Damon Hill gesehen. Das hat überhaupt nichts mit Damon Hill zu tun. Es ist eine ganz andere Situation in der Heinz und ich einfach keinen gemeinsamen Nenner gefunden haben. Wir sind beide enttäuscht über die Performance Ende des letzten Jahres und in diesem Jahr."

Frage: "Und wie sieht es mit Jarno und seinem Verbleib über diese Saison hinaus aus?"
Jordan: "Das ist etwas was ich schon sehr bald klären werde."

Frage: "Ist Ricardo jetzt für lange Zeit mit dabei?"
Jordan: "Ja. Ich will da niemanden in die Irre führen. Wir werden ihn sehr genau, wirklich sehr genau bobachten. Wir schätzen ihn als Testfahrer ungemein. Er ist absolut brillant. Er verdient seine Chance, um uns zu zeigen, dass er alles hat, was man benötigt, um einen guten Job zu machen."

Frage: "Letztes Jahr haben Sie die Weihnachtsfeier ausfallen lassen, weil das Team nicht wie von Ihnen erwartet gearbeitet hat. Wird es dieses Jahr eine geben?"
Jordan: "Wenn ich dazu etwas sagen darf, dann, dass es ja noch sieben Rennen gibt. Jarno überzeugt mich dahingehend, dass er kurz vor seinem Durchbruch steht. Er ist sehr optimistisch was die Zukunft anbelangt. Aber wer weiß denn schon was passieren wird. Wir könnten in den noch ausstehenden Rennen ein totales Desaster erleben oder wir könnten auch eines davon gewinnen."