• 12.11.2013 14:04

  • von Christian Sylt and Caroline Reid

Ecclestone fixiert Deal: Marokko als Ersatz für New Jersey?

Vor Gericht enthüllte Bernie Ecclestone, dass er am Abu-Dhabi-Wochenende einen 600-Millionen-Dollar-Deal unterschrieben hat - Fährt die Formel 1 in Marokko?

(Motorsport-Total.com) - Formel-1-Boss Bernie Ecclestone hat enthüllt, dass er einen 600-Millionen-Dollar-Vertrag abgeschlossen hat, der wahrscheinlich einen neuen Grand Prix in den gut gefüllten Kalender bringen wird. Dazu kam es, als er bei der Gerichtsverhandlung in England, die die deutsche Rechteverwertungs-Firma Constantin Medien gegen ihn führt, in den Zeugenstand gerufen wurde und aussagen musste. Constantin wirft Ecclestone vor, 2006 einen Teil von 44 Millionen Dollar Schmiergeld gezahlt zu haben, um den Formel-1-Verkauf an die Private-Equity-Firma CVC zu steuern, weil diese ihm zugesichert habe, ihn als Formel-1-Boss zu behalten.

Titel-Bild zur News: Die Atlas-Berge im Hintergrund der Strecke

In Marrakesch gastiert seit einigen Jahren die WTCC

Constantin wurden vertraglich zehn Prozent des Verkaufspreises zugesichert - nun verlangt man Schadenersatz, weil andere Käufer angeblich viel mehr gezahlt hätten als CVC. Während Ecclestones Zeugenaussage war die Rede von einer Besprechung des Formel-1-Vorstandes 2004, bei der Ecclestone angeblich um eine Pressemitteilung bat, wo die Haupteigentümer des Sports - ein Bankenkonsortium - bestätigen, dass sie ihn nicht kündigen würden.

Rätselraten um 600-Millionen-Dollar-Deal

Als Erklärung nannte Ecclestone: "Ich reise um die Welt und mache Geschäfte auf Handschlag-Basis. Und plötzlich bin ich nicht mehr berechtigt, irgendwas zu tun? Wer würde dann noch meine Unterschrift auf einem Vertrag akzeptieren? Ich habe gerade am Wochenende einen Vertrag über ungefähr 600 Millionen mit jemandem abgeschlossen. Ich könnte das nicht tun, wenn die Leute glauben würden, dass ich am nächsten Morgen gefeuert werde."

Der Deal ist zu groß für einen Formel-1-Sponsorenvertrag, aber deutet das Preisniveau an, wenn neue Märkte in den Sport eintreten wollen. Sie müssen normalerweise rund 40 Millionen Dollar pro Jahr zahlen und laufen über ein Jahrzehnt - mit einer jährlichen Steigerung von zehn Prozent. Dadurch beläuft sich der Geldbetrag im Zeitraum von zehn Jahren auf über 600 Millionen Dollar.

"Ich habe gerade am Wochenende einen Vertrag über ungefähr 600 Millionen mit jemandem abgeschlossen." Bernie Ecclestone

Marokko möglicher Kandidat

Es ist unbekannt, welches Land als nächstes ein Formel-1-Rennen austragen wird, aber eine Möglichkeit wäre ein Grand Prix im nordafrikanischen Land Marokko. Ecclestone wurde an besagtem Wochenende in Abu Dhabi mit dem König von Marokko gesehen, und im Vorjahr bestätigte er, dass Gespräche über die Austragung eines Rennens in Marokko stattgefunden haben.

"Ich habe den König von Marokko vor ein paar Jahren getroffen und mit ihm über die Formel 1 gesprochen", sagte er. Er fügte allerdings hinzu: "Was würde es uns bringen? Die Hersteller verkaufen dort nichts. Wie viele Besucher würden kommen?"

Der letzte Grand Prix von Marokko wurde 1958 nahe Casablanca ausgetragen und war Schauplatz des Unfalls, bei dem der britische Pilot Stuart Lewis-Evans getötet wurde. Der Motor seines Vanwalls hatte sich festgefressen, wodurch der Bolide in die Begrenzung einschlug und sein Auto in Flammen aufging. Lewis-Evans wurde von Ecclestone gemanagt, und die beiden waren gute Freunde, es wäre also nachvollziehbar, wenn der Formel-1-Boss von einer Rückkehr nach Marokko absehen würde. Dennoch hat sich das Land seit damals deutlich verändert.

Marokkanischer Botschaft weiß von nichts

2009 fand in Marokko mit den Läufen der Tourenwagen-WM WTCC auf dem Stadtkurs in Marrakesch das erste internationale Autorennen seit 1958 statt. Es handelt sich um eine der fortschrittlichsten Städte Marokkos, und 2011 wurde dort eines der größten Einkaufszentren der Welt eröffnet - darin befindet sich ein eine Million Liter fassendes Aquarium.

"Ich habe den König von Marokko vor ein paar Jahren getroffen und mit ihm über die Formel 1 gesprochen." Bernie Ecclestone

Larbi Bouattaf, wirtschaftlicher Konsulent der Marokkanischen Botschaft in London, sagt: "Mir ist nichts über ein Formel-1-Rennen in Marokko bekannt. Soweit ich weiß, findet das WTCC-Rennen in Marokko statt." Formel-1-Rennen sind in Thailand und in Südafrika Thema, aber es gibt keine Beweise, dass sich Ecclestone mit Repräsentanten dieser Länder im Laufe des Abu-Dhabi-Wochenendes getroffen hat.

Marokko als Ersatz für New Jersey?

Der Formel-1-Kalender soll kommenden Monat bekanntgegeben werden - es wird damit gerechnet, dass er zusätzliche Rennen in Russland und Österreich aufweist, während Indien wegfällt. Dadurch würde die Anzahl der Rennen von 19 auf 20 steigen. Grands Prix in Mexiko und New Jersey sind geplant, aber die Austragung des zweiten USA-Rennen ist wegen der mangelnden Finanzierung unwahrscheinlich. Ein Vertrag mit einem anderen Austragungsort könnte das kompensieren und die Wachstumspläne der Formel 1 vorantreiben.

Ecclestone gab vor Gericht Einblicke in seinen Terminkalender bei den Rennen, als er sagte: "Ich habe am Wochenende acht Verträge zwischen dem Staatschef von Abu Dhabi und unserer Firma unterschrieben. Ich habe keinen einzigen gelesen, denn ich vertraue den Anwälten, dass alles vorbereitet ist. Und ich bin sicher, dass auch der Staatschef von Abu Dhabi keinen der Verträge gelesen hat. Und er hat unterschrieben. Wir haben beide rund 15 Minuten, bevor die Startvorbereitungen begannen, unterschrieben - ich vertraue also meinen Anwälten und Steuerberatern, wenn es um Verträge geht, denn ich habe aus Zeitgründen keine andere Wahl."