• 16.11.2015 19:32

  • von Dominik Sharaf

Ecclestone droht: "Wir lassen uns nicht an den Eiern packen"

Im Kampf gegen die Macht der Hersteller will der Formel-1-Boss die EU-Kommission einschalten und sich mit Red Bull verbünden: "Sind auch nicht dumm"

(Motorsport-Total.com) - Auf dem Weg heraus aus ihrer Finanz- und Spannungskrise könnte der Formel 1 neues Ungemach drohen: Die Einführung eines Alternativmotors, die die FIA und Bernie Ecclestone propagieren, stößt bei den in der Königsklasse engagierten Automobilkonzernen auf Missfallen. Doch wie weit werden Mercedes, Ferrari, Renault und Honda gehen, um die Novelle zu verhindern? Red-Bull-Teamchef Christian Horner, ein ausgesprochener Verfechter des Plans, befürchtet: "Geschichte wiederholt sich." Er meint den so genannten FISA-FOCA-Krieg (das History-Feature zum Thema nachlesen!), an dem die Beletage des Motorsports in den Achtzigerjahren beinahe zerbrochen wäre.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestone fährt im Kampf gegen die Hersteller schwere Geschütze auf Zoom

Dass die Pläne bei den Herstellern auf Skepsis stoßen, ist logisch. Sie haben Unsummen in die Hybridformel investiert und könnten ihre Kundenteams verlieren, die Teil ihres Geschäftsmodells sind. Geht das Balance-of-Performance-Konzept (BoP) nicht auf, fahren ihnen wohlmöglich Autos mit viel simpleren Motoren um die Ohren. Mercedes-Sportchef Toto Wolff hat kein Verständnis dafür, dass mit dem Technischen Reglement Konzerne erst angelockt werden sollen, wenig später aber wieder vergrault: "Das ist ein bizarrer Mechanismus. So funktioniert kein Unternehmen."

Drohungen spricht Wolff nicht aus, denn Mercedes hat ein Interesse an einer spannenden Formel 1 mit vielen Teilnehmern. Das steigert den Marketingwert. Er macht aber deutlich, dass die Sache ein Grund zum Nachdenken ist: "Wir müssten uns überlegen, was das für uns bedeutet." Zunächst muss die Regeländerung aber Zustimmung in den entsprechenden Gremien finden. Ecclestone zeigt sich optimistisch: "Es wird nicht schwierig sein, es durch die Formel-1-Kommission zu bekommen", sagt der 85-Jährige, der sich seine Mehrheit noch suchen muss, gegenüber 'Motorsport.com'.

Doch möglicherweise hat Ecclestone gleich zwei Joker auf der Hand: Erstens könnte er die oberste Instanz der Königsklasse überspringen und die Angelegenheit direkt in den Motorsport-Weltrat der FIA bringen, wenn das Problem als existenzbedrohend angesehen wird. So wäre das Veto-Recht Ferraris, mit dem die Scuderia eine Kostenobergrenze für Kundenantriebe blockierte, außer Kraft gesetzt. Zweitens ist die EU-Kommission ein Druckmittel. Auf dem Wege, auf dem Sauber und Force India die Einnahmenverteilung kippen wollen, könnten die Hersteller angegangen werden.

Ecclestone sagt: "Die EU-Kommission könnte es in Ordnung bringen. Es dreht sich um alles, gegen das sie ist: Wettbewerbshemmung und Kartelle. Wer sagt, dass wir es nicht bereits in die Wege geleitet hätten?" Horner unterstreicht, wie die Vorherrschaft von Mercedes und Ferrari sich nicht nur auf der Strecke, sondern auch hinter den Kulissen und auf der politischen Ebene der Formel 1 auswirkt: "Es ist ein Machtspiel. Zwei Hersteller stellen die Antriebe für die Mehrheit des Feldes und kontrollieren dadurch ihre Stimmrechte und die Fahrer dieser Teams."


Fotostrecke: Legendäre Formel-1-Teams a. D.

Mit der Zusage für 2016 und der Planung mit dem Alternativmotor im Jahr darauf wird Red Bull so zum wichtigen Verbündeten. Der gemeinsame Feind sind die Hersteller. "Wir wollen nicht in eine Situation kommen, in der sie uns an den Eiern packen", wird Ecclestone deutlich und fährt schwere Geschütze auf: "Da halten sich einige für superschlau. Aber wir sind auch nicht dumm. Wir haben uns genau überlegt, was wir tun. Wir lassen uns die Formel 1 nicht von Leuten zerstören, die glauben, den Sport in Geiselhaft nehmen zu können", rasselt der Zampano mit dem Säbel.